(Bologna) Jährlich wird in der norditalienischen Stadt Bologna das Gnadenbild der Gottesmutter von der über der Stadt weithin sichtbaren Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau des heiligen Lukas hinunter in die Kathedrale der Stadt hinuntergebracht. Das Gnadenbild wird in die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert. Seit jener Zeit ist auch seine Verehrung auf dem Colle della Guardia belegt, auf dem sich heute die große Wallfahrtskirche befindet.
Die örtliche Tradition schreibt das Gnadenbild dem Evangelisten Lukas zu, dessen sterbliche Überreste sich zum Teil in der nahegelegenen Stadt Padua befinden. Der Überlieferung nach hatte ein Pilger namens Theokles die Ikone in Konstantinopel von den Mönchen der Hagia Sophia erhalten, um sie auf den Colle della Guardia zu bringen. In Italien erfuhr er, daß dieser Hügel bei Bologna liegt. Er übergab die Ikone dem dortigen Bischof, der sie zwei Schwestern anvertraute, die in einem kleinen Kloster auf dem Hügel lebten. 1732 entstand auf dem Hügel eine imposante Wallfahrtskirche.
Das Gnadenbild entspricht der Mariendarstellung der Hodegetria, die Gottesmutter mit Jesukind wird als Wegweiserin gezeigt. Das byzantinische Original wurde dem Evangelisten Lukas zugeschrieben, ging jedoch 1453 bei der Eroberung der Stadt durch die Türken verloren. Dem Original sind zahlreiche andere Marienbilder nachempfunden, so das römische Gnadenbild Salus Populi Romani in der Päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore, vor dem Papst Franziskus bereits zwei Mal betete, ebenso die Schwarze Madonna von Tschenstochau und die nicht minder bekannte Gottesmutter von Kasan, aber auch das Gnadenbild von Bologna.
Die Verehrung des Bildes verstärkte sich ab 1433. Als lang anhaltende Regenfälle die Ernte gefährdeten, entschlossen sich die Menschen, das Gnadenbild in die Stadt zu bringen. Noch am Tag der Überführung hörte der Regen auf. Seither erfolgt die Überführung jährlich. Im 17./18. Jahrhundert entstand ein 3,7 Kilometer langer Arkadengang, um die Überführung trockenen Fußes zu ermöglichen.
Der Aufenthalt in der Peterskathedrale des Erzbistums dauert jeweils vom Vorabend des Sechsten Sonntags nach Ostern (dem 5. Sonntag nach dem alten liturgischen Kalender) bis zum Hochfest Christi Himmelfahrt, das in Italien am folgenden Sonntag gefeiert wird.
Die Woche, in der sich das Gnadenbild in der Kathedrale befindet, ist immer reich an liturgischen Ereignissen. Seit 2011 gehört auch die Zelebration eines heiligen Meßopfers in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus dazu. Sie wird von den Priestern zelebriert, die Erzbischof Carlo Kardinal Caffarra mit der Betreuung des Meßortes nach Summorum Pontificum beauftragte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Erzdiözese Bologna