Vatikan genervt über ungefragt erteilte „Ratschläge“ zu Reform von Kurie und Vatikanbank


Vatikan genervt über ungefragt erteilte Ratschläge zur Reform der Kurie und der Vatikanbank (Vati­kan) Im Vati­kan ist man eini­ger­ma­ßen genervt über die unge­fragt von allen mög­li­chen Sei­ten ein­ge­hen­den „Rat­schlä­ge“ zur Reform der Römi­schen Kurie und der Vatik­an­bank. „Der Papst hat noch nicht die Bera­ter­grup­pe getrof­fen, die er sich aus­ge­sucht hat und schon reg­net es Rat­schlä­ge“, sag­te Kuri­en­erz­bi­schof Ange­lo Becciu, Sub­sti­tut des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs in einem Inter­view dem Osser­va­to­re Roma­no. Bei dem Inter­view Becci­us han­delt es sich kaum um eine pri­va­te Initia­ti­ve der Num­mer Zwei des Staats­se­kre­ta­ri­ats, wes­halb eine Abspra­che mit Papst Fran­zis­kus ange­nom­men wer­den darf.

Distanzierung von Spekulationen der vergangenen Wochen

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Mit dem Osser­va­to­re Roma­no-Inter­view erfolgt eine Distan­zie­rung von den zahl­rei­chen Spe­ku­la­tio­nen über die Reform der Römi­schen Kurie und der Vatik­an­bank IOR, die in den ver­gan­ge­nen Wochen eine Rei­he von Kar­di­nä­len, Bischö­fen, Prä­la­ten, Lai­en­funk­tio­nä­ren, Vati­ka­ni­sten und katho­li­schen Blogs umtrieb, seit Bekannt­ga­be der Ernen­nung der acht Bera­ter aus dem Kardinalskollegium.

Obwohl man­che Medi­en ein­zel­nen Vor­schlä­gen brei­ten Raum gaben, han­delt es sich nur um pri­va­te Mei­nungs­äu­ße­run­gen. Der­zeit gibt es kei­ne Vor­schlä­ge, die offi­zi­ell geprüft oder deren Umsetz­bar­keit unter­sucht wird, wie Kuri­en­erz­bi­schof Becciu beton­te. Der­zeit beschrän­ke sich der Papst dar­auf, vie­le Men­schen zu tref­fen, ihre Anlie­gen anzu­hö­ren und sich damit ein Bild zu machen. Die Vor­schlä­ge, die nach den Tref­fen mit dem Papst von ver­schie­de­nen Sei­ten in den Medi­en auf­tau­chen, geben in Wirk­lich­keit nur das eige­ne Den­ken der Gesprächs­part­ner des Pap­stes wie­der, nicht aber die Mei­nung des Papstes.

„In der Tat ist es schon ein wenig selt­sam“, so Becciu, daß es unge­fragt Vor­schlä­ge und Rat­schlä­ge hagelt, wäh­rend der Papst selbst noch nicht ein­mal die von ihm selbst ernann­ten Bera­ter im Kar­di­nals­rang getrof­fen hat. Kuri­en­erz­bi­schof Becciu wur­de 2011 von Papst Bene­dikt XVI. zum Sub­sti­tut an das Staats­se­kre­ta­ri­at beru­fen. Der aus dem Diplo­ma­ti­schen Corps des Vati­kans stam­men­de Sar­de war zuvor Apo­sto­li­scher Nun­ti­us für Kuba.

Papst „erstaunt“, daß ihm Sätze zur Vatikanbank in den Mund gelegt werden

In den ver­gan­ge­nen Tagen wur­de mit gro­ßen Schlag­zei­len welt­weit über „radi­ka­le Ein­grif­fe“ bei der Vatik­an­bank IOR geti­telt, ja sogar deren völ­li­ge Auf­lö­sung durch Papst Fran­zis­kus ange­kün­digt. Der Papst habe bis­her jedoch nichts der­glei­chen gesagt, in kei­nem Zusam­men­hang, so die Num­mer Zwei des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats: „Der Papst ist erstaunt über Sät­ze, die ihm zuge­schrie­ben wer­den, die er aber nie gesagt hat und die ver­dre­hen, was er denkt. Die ein­zi­ge Anspie­lung, die er dazu gemacht hat, war in einer kur­zen, impro­vi­sier­ten Pre­digt in San­ta Mar­ta, indem er auf lei­den­schaft­li­che Wei­se dar­an erin­nert hat, daß das Wesen der Kir­che in einer Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen Gott und den Men­schen besteht, und wie die ver­schie­de­nen mensch­li­chen Ein­rich­tun­gen, dar­un­ter das IOR, weni­ger wich­tig sei­en. Der Hin­weis war spon­tan, weil eini­ge Ange­stell­te des Bank­in­sti­tuts an der Mes­se teil­nah­men, aber immer im all­ge­mei­nen Kon­text einer ern­sten Ein­la­dung, nie das Essen­ti­el­le der Kir­che aus den Augen zu verlieren.“

Was eine Neu­or­ga­ni­sa­ti­on der Römi­schen Dik­aste­ri­en anbe­langt, mein­te Kuri­en­erz­bi­schof Becciu: „Ich kann kei­ne Zei­ten vor­her­sa­gen. Der Papst hat uns Ver­ant­wort­li­che der Dik­aste­ri­en alle gebe­ten, unse­re Arbeit fort­zu­set­zen, ohne vor­erst irgend­ei­ne Bestä­ti­gung in den Ämtern vor­zu­neh­men. Das­sel­be gilt für die Mit­glie­der der Kon­gre­ga­tio­nen und der Päpst­li­chen Räte. Der nor­ma­le Zyklus der Bestä­ti­gun­gen oder Ernen­nun­gen, die alle fünf Jah­re not­wen­dig wer­den, ist für den Augen­blick sus­pen­diert, und alle set­zen ihre Arbeit donec ali­ter pro­vi­de­atur fort. Der Papst will sich die nöti­ge Zeit für Über­le­gun­gen neh­men – und für das Gebet, das soll­ten wir nicht ver­ges­sen – , um ein umfas­sen­des Bild der Lage zu gewinnen.“

Acht Kardinäle bilden beratendes, nicht beschließendes Gremium

Kuri­en­erz­bi­schof Becciu wider­sprach vor allem der Behaup­tung, durch die Ernen­nung des acht­köp­fi­gen Kar­di­nals­rats wer­de der päpst­li­che Pri­mat in Fra­ge gestellt oder geschwächt. „Es han­delt sich um ein bera­ten­des, kein beschlie­ßen­des Gre­mi­um. Ich wüß­te wirk­lich nicht, wie die Ent­schei­dung von Papst Fran­zis­kus den Pri­mat in Fra­ge stel­len könn­te. Wahr ist hin­ge­gen, daß es sich um eine Geste von gro­ßer Bedeu­tung han­delt, die ein prä­zi­ses Signal sen­den will bezüg­lich der Art, wie der Hei­li­ge Vater sein Amt aus­zu­üben gedenkt. Wir dür­fen nicht ver­ges­sen, wel­ches die erste Auf­ga­be ist, mit der sich die Grup­pe der acht Kar­di­nä­le beschäf­ti­gen soll: den Papst bei der Lei­tung der Welt­kir­che unter­stüt­zen. Ich hof­fe nicht, daß die Neu­gier­de für die Römi­sche Kurie den zen­tra­len Sinn der von Papst Fran­zis­kus gesetz­ten Geste aus dem Blick­punkt verdrängt.

Weni­ger ein­deu­tig war Becci­us, wenn er im Inter­view die Rol­le des acht­köp­fi­gen Kar­di­nals­gre­mi­ums „theo­lo­gisch“ defi­nier­te. Ein Bera­ter­gre­mi­um, das kei­ne Ent­schei­dungs­ge­walt habe, sei – welt­lich gese­hen – bedeu­tungs­los. Ein sol­ches Den­ken auf die Kir­che zu über­tra­gen, hie­ße, so Becciu, die­se mit einem Unter­neh­men zu ver­glei­chen. Was welt­lich bedeu­tungs­los sei, habe theo­lo­gisch eine „her­aus­ra­gen­de Bedeu­tung“. Der Kuri­en­erz­bi­schof zog dann einen Ver­gleich mit Bera­tungs­gre­mi­en, die es auf allen Ebe­nen der Kir­che gebe, für Bischö­fe, Pfar­rer, Haus‑, Pro­vinz- und Gene­ral­obe­re der Ordensgemeinschaften.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: La vigna del Signore

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4 Kommentare

  1. Beten wir für den Hei­li­gen Vater, dass er zusam­men mit den Kar­di­nä­len ener­gisch eine Reform der Kir­che an Haupt und Glie­dern vor­wärts­brin­ge und die Fro­he Bot­schaft der Welt von heu­te auf moder­ne Wei­se verkünde!

  2. oK, wenn [ist’n Kon­di­tio­nal­satz!] das jetzt hip gewor­den ist, stets im mah­nen­den Adhorta­tiv zu schwät­zen, kann ich das ja auch mal … ver­su­chen (auch wenn ich kein Prie­ster bin, ich kei­ner­lei Man­dat dazu habe und es mir eigent­lich nicht zusteht, ande­re zum Gebet ‚nach mei­ner Inten­ti­on‘ auf­zu­for­dern … – aber steht ja jedem frei …)^^ – also, mögen wir uns wei­ter­hin unbe­irrt und unver­wirrt eige­ne, scharf­sin­ni­ge oder weni­ger scharf­sin­ni­ge (oder, wie ich selbst, manch­mal auch recht dus­se­li­ge^^), auf jeden Fall aber freie und unzen­sier­te Gedan­ken über alles machen und – immer die guten Sit­ten wah­rend – eben­so unzen­siert, unge­maß­re­gelt und unbe­irrt, sei es irgend­ei­nem nun gele­gen oder unge­le­gen, frei dar­über aus­tau­schen – und bit­ten wir viel­leicht auch dar­um, daß in der einen Kir­che Chri­sti, unse­rer hl. Mut­ter und Lehr­mei­ste­rin, wie­der – und für alle Zei­ten – die eine, gan­ze, also unver­kürz­te & unver­fälsch­te Wahr­heit Chri­sti, wie sie die hl. Kir­che aller Zei­ten nicht müde wur­de – sei sie gele­gen oder unge­le­gen – zu beken­nen und zu ver­kün­den, bei allen ihren Glie­dern obsie­gen & tri­um­phie­ren und daß alle Gläu­bi­gen, nicht nur die Geweih­ten, stets recht, in guter, echt-katho­li­scher Gesin­nung und in die­ser einen Wahr­heit gelei­tet sein mögen [oder klingt das jetz zu dick auf­ge­tra­gen, gar „tri­um­pha­li­stisch“???].

    • Ich weiß nicht, wo Sie sehen, dass die Wahr­heit ver­fälscht wor­den ist. Das römi­sche Lehr­amt hat sie doch zusam­men mit dem Kol­le­gi­um der Bischö­fe durch die Zei­ten rein und unver­dor­ben getragen.

    • Fere liben­ter homi­nes, id quod volunt, credunt.
      [Cae­sar, Com­men­ta­rii rer­um gesta­rum bel­li Gal­li­ci 3,18,6]

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