Liturgie kann nicht arm sein – Sie ist Ausdruck Gottes


Liturgie kann, ja darf nicht arm sein, denn sie ist Ausdruck Gottes, lehrt der heilige Franz von AssisiDer hei­li­ge Franz von Assi­si, der in abso­lu­ter evan­ge­li­scher Armut leb­te, lehr­te, daß die Hei­li­ge Lit­ur­gie gera­de nicht arm sein kann, ja nicht arm sein darf.  Die Fra­ge nach dem Ver­hält­nis von Armut und Lit­ur­gie wur­de neu­er­dings wie­der auf­ge­wor­fen. Mat­tia Ros­si befaß­te sich damit im Il Foglio vom 3. April.

Achtung, die Liturgie kann nicht arm sein – Ihr Reichtum ist Symbol des Anderssein und der Göttlichkeit

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von Mat­tia Rossi*

Der elf­te Band der Gesam­mel­ten Schrif­ten von Joseph Ratz­in­ger, der über die „Theo­lo­gie der Lit­ur­gie“, ent­hält auf der Buch­deckel-Rück­sei­te eine gar nicht beson­ders ver­hüll­te Erklä­rung: „Im Ver­hält­nis zur Lit­ur­gie ent­schei­det sich das Schick­sal des Glau­bens und der Kirche“.
Die­se ersten Tage des Pon­ti­fi­kats (bes­ser gesagt, des Epi­sko­pats?) von Papst Fran­zis­kus machen sie ent­setz­lich aktu­ell und zwin­gen uns unwei­ger­lich eine Refle­xi­on über das Ver­hält­nis zwi­schen Armut (nicht Pau­pe­ris­mus) und Lit­ur­gie auf. Eine Refle­xi­on, die nicht zu unter­schät­zen ist, zwi­schen einer mensch­li­chen Dimen­si­on, der Armut, und einer gött­li­chen, der Lit­ur­gie. Genau das, denn in den krampf­an­fäl­li­gen Nach-Kon­zils­jah­ren ist die zutiefst gött­li­che Natur der Lit­ur­gie aus dem Bewußt­sein vie­ler ent­schwun­den: die­ses Sicht­bar­wer­den des Him­mels auf Erden, die irdi­sche Vor­weg­nah­me des himm­li­schen Jeru­sa­lem, wes­halb sie des­sen Maje­stät und Herr­lich­keit zumin­dest andeu­tungs­wei­se ver­ge­gen­wär­ti­gen muß.
In der Lit­ur­gie, der unblu­ti­gen Ver­ge­gen­wär­ti­gung des Kreu­zes­op­fers Chri­sti, ist es Gott, der dem Men­schen begeg­net: sie ist nicht vom Men­schen gemacht – dann wäre sie näm­lich Göt­zen­dienst – son­dern von Gott, wie auch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil in Erin­ne­rung ruft.

In die­sem Kon­text kommt, offen­sicht­lich, auch der Fra­ge der Gewän­der eine beacht­li­che Bedeu­tung zu. Dar­auf hat schon Anna­le­na Beni­ni mei­ster­haft am 23. März mit ihren „Bene­dik­t­i­ni­schen Nost­al­gi­en“ (Il Foglio) hin­ge­wie­sen: „Bene­dikt XVI. zeig­te allen, indem er sich mit Sym­bo­len und Tra­di­ti­on umklei­de­te, daß er nicht mehr sich selbst gehör­te und noch weni­ger der Welt“. Er gehör­te Chri­stus, er war der Alter Chri­stus, das ist die Rol­le des Prie­sters in der Lit­ur­gie. Durch die Para­men­te, die Gewän­der ist er nicht mehr eine Pri­vat­per­son, son­dern „berei­tet“ (para­re) den Platz für einen ande­ren: und die­ser ande­re ist der König des Uni­ver­sums. Die Maje­stät der Gewän­der ver­ar­men, bedeu­tet unwei­ger­lich Chri­stus verarmen.

Es war aber gera­de Jesus selbst, der die Idee der per­sön­li­chen Armut von jener der Kir­che getrennt hat. Er tut dies im Johan­nes­evan­ge­li­um, indem er die Sal­bung durch die Frau von Betha­ni­en akzeptierte:
„Da nahm Maria ein Pfund ech­tes, kost­ba­res Nar­den­öl, salb­te Jesus die Füße und trock­ne­te sie mit ihrem Haar. Das Haus wur­de vom Duft des Öls erfüllt. Doch einer von sei­nen Jün­gern, Judas Iska­ri­ot, der ihn spä­ter ver­riet, sag­te: War­um hat man die­ses Öl nicht für drei­hun­dert Dena­re ver­kauft und den Erlös den Armen gegeben?

Das sag­te er aber nicht, weil er ein Herz für die Armen gehabt hät­te, son­dern weil er ein Dieb war; er hat­te näm­lich die Kas­se und ver­un­treu­te die Ein­künf­te. Jesus erwi­der­te: Lass sie, damit sie es für den Tag mei­nes Begräb­nis­ses tue. Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch“ (Joh 12,3–8). „Amen, ich sage euch: Über­all auf der Welt, wo die­ses Evan­ge­li­um ver­kün­det wird, wird man sich an sie erin­nern und erzäh­len, was sie getan hat“ (Mt 26,13).

Damit recht­fer­tigt Er zual­ler­erst die Lit­ur­gie mit kost­ba­ren Ölen (und, sie­he da, Johan­nes erin­nert dar­an, daß es Judas ist, der sich über die Ver­schwen­dung des Gel­des beklagt, das statt des­sen den Armen gege­ben wer­den hät­te kön­nen) und vor allem erfah­ren wir, daß es eine gemein­sa­me Kas­se der Zwölf gibt.

Keh­ren wir zu den Ursprün­gen zurück?
Dann müs­sen wir zu den gol­de­nen und pur­pur­nen Tüchern zurück­keh­ren, die im Grab des Petrus gefun­den wur­den. Es ist damit klar, da der Pau­pe­ris­mus nicht ein Wesens­merk­mal des kul­tu­rel­len Lebens der Kir­che ist, daß sie uns „über­lie­fert, was auch ich emp­fan­gen habe“, um eine Fest­stel­lung des Apo­stels Pau­lus zu gebrau­chen (1 Kor 15,3).

Von Pius XII., dem kol­lek­ti­ven Inbe­griff lit­ur­gi­scher Opu­lenz, sagt man, daß er auf blo­ßen Holz­bret­tern schlief und beschei­den­ste Mahl­zei­ten zu sich nahm. Das betraf ihn pri­vat, als Per­son, abseits aller Sicht­bar­keit. Die lit­ur­gi­sche Ver­an­ke­rung an einer Tra­di­ti­on aus Mozet­ten, Kaseln und Fano­nen ist hin­ge­gen antei­lig Aus­druck des himm­li­schen Jeru­sa­lems, der Lit­ur­gie der Engel, wie der hei­li­ge Gre­gor sagt. Eine Tra­di­ti­on, die aus gre­go­ria­ni­schem Gesang besteht, der die musi­ka­li­sche Inkar­na­ti­on des Wor­tes Got­tes ist, ist Garan­tie für eine kor­rek­te Ant­wort auf das Wort selbst. Eine Tra­di­ti­on, die aus einer hei­li­gen, unver­än­der­li­chen Spra­che, dem Latein, besteht, in der jedes Wort bereits für sich Theo­lo­gie ist.

Bene­dikt XVI. hat uns in der Schu­le der Lit­ur­gie sei­ner Papst­mes­sen wun­der­bar fol­gen­des gelehrt: Wie­der­her­stel­lung des Pri­mats der Lit­ur­gie, Quel­le und Höhe­punkt des kirch­li­chen Lebens, und des Pri­mats Chri­sti. „Nicht mehr ich lebe, son­dern Chri­stus lebt in mir“ (Gal 2,20), stellt der hei­li­ge Pau­lus fest. Der Prie­ster hat mit den Para­men­ten „Chri­stus als Gewand ange­legt“ (Gal 3, 27), er „zieht den neu­en Men­schen an, der nach dem Bild Got­tes geschaf­fen“ (Eph 4, 24), um durch Chri­stus, mit Chri­stus und in Chri­stus zu werden.

Der barm­her­zi­ge Vater, nach­dem er den ver­lo­re­nen Sohn umarmt, was einer geist­li­chen Auf­er­ste­hung gleich­kommt, wie uns Joseph Ratz­in­ger lehr­te, gibt Befehl, „das beste Gewand“ zu holen (Lk 15,22).
Und das ist nichts ande­res als die Umset­zung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, auf das sich vie­le beru­fen, um die end­gül­ti­ge Über­win­dung der tra­di­tio­nel­len Sakral­kunst zu bewei­sen: „Sorg­fäl­tig sol­len die Ordi­na­ri­en dar­über wachen, daß nicht etwa hei­li­ges Gerät und Para­men­te oder kost­ba­re Kunst­wer­ke ver­äu­ßert wer­den oder ver­kom­men, sind sie doch Zier­de des Hau­ses Got­tes.“ (Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um Nr. 126), eben­so heißt es in den Rubri­cae Gene­ra­les Mis­sa­lis, daß an den grö­ße­ren Fest­ta­gen kost­ba­re­re Fest­ge­wän­der ver­wen­det werden
können.

* Mat­tia Ros­si, Pro­fes­sor am Diö­ze­sa­nen Lit­ur­gisch-musi­ka­li­schen Insti­tut von Asti, Redak­teur der lit­ur­gi­schen Fach­zeit­schrit Lit­ur­gia cul­men et fons.

 

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: New Lit­ur­gi­cal Movement

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