Verleumdungstrategie – Die Wühlarbeit vor dem Konklave


Timothy Kardinal Dolan Erzbischof von New York gehört zu den papabili des Konklave 2013(Vati­kan) „Macht, krank­haf­te Sexua­li­tät, Geiz, mora­li­sche Ver­wor­fen­heit: die gro­ßen Medi­en machen sich zum Instru­ment anony­mer Denun­zi­an­ten. Und sie belei­di­gen damit Mil­lio­nen von Lesern, Gläu­bi­gen und Nicht-Gläu­bi­gen.“ Mit die­sen Wor­ten umreißt der bekann­te ita­lie­ni­sche Intel­lek­tu­el­le und Chef­re­dak­teur der Tages­zei­tung Il Foglio, Giu­lia­no Fer­ra­ra, einen Medi­en­ein­topf aus „Sex, Crime and Vati­can“, der rund um das Kon­kla­ve zusam­men­ge­rührt wird. Die Instal­lie­rung eines gewünsch­ten, „welt­of­fe­nen“ Pap­stes ist dabei bloß sekun­dä­res Ziel. In erster Linie geht es um die Beschä­di­gung der kirch­li­chen Auto­ri­tät, durch Unter­gra­bung ihrer Glaub­wür­dig­keit. Sie soll in die Gos­se gezo­gen und dem Gespött preis­ge­ge­ben werden.

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Katho­li­ken und Nicht-Katho­li­ken tun gut dar­an, alles was sie in den näch­sten Tagen über angeb­li­che vati­ka­ni­sche Intri­gen und „Ent­hül­lun­gen“ über „papa­bi­li“, Kar­di­nä­le und Mit­ar­bei­ter der „Römi­schen Kurie“ zu lesen oder zu hören bekom­men, mög­lichst schnell wie­der zu ver­ges­sen. Kaum fünf Pro­zent davon näm­lich wer­den wahr sein. Autoren wie Yal­lop und Dan Brown haben mit phan­ta­sti­scher Bel­le­tri­stik die all­ge­mei­ne Wahr­neh­mung bis zu einem gewis­sen Punkt kor­rum­piert. Eine sach­li­che Prü­fung ist erst wie­der nach dem Kon­kla­ve mög­lich. „Kle­rus und Gläu­bi­ge soll­ten die ent­wür­di­gen­de, säku­la­ri­sti­sche Bela­ge­rung durch­bre­chen“, for­dert daher der – laut Selbst­de­fi­ni­ti­on – „from­me Athe­ist“ Ferrara.

Sex, Crime and Vatican – „Entwürdigende säkularistische Belagerung durchbrechen“

„Die Ver­leum­dungs­stra­te­gie hat schon begon­nen, noch ehe der Hub­schrau­ber Bene­dikt XVI. nach Castel Gan­dol­fo gebracht hat und noch bevor die Glocken ertönt sind, die der Welt die Sedis­va­kanz ver­kün­den, mit einem leben­den Papst als der Welt ver­bor­ge­ner beten­der Zeu­ge. Die Stra­te­gie ist bereits in vol­lem Gan­ge und noch nie­mand begehrt dage­gen auf und empört sich über den Skan­dal. Die gro­ßen Zei­tun­gen über­schla­gen sich mit anony­men Ent­hül­lun­gen, die von Macht­kämp­fen, sexu­el­len Ver­ir­run­gen, von qua­si-kri­mi­nel­len Lob­bys inner­halb des Kle­rus spre­chen. Der Inter­pre­ta­ti­ons­schlüs­sel ist auch gleich zur Hand, um dem Gan­zen den Ein­druck der Glaub­wür­dig­keit zu ver­schaf­fen: Der Ver­zicht des Bischofs von Rom auf den Stuhl Petri sei eine Flucht vor den Intrigen.“

Was nützt es da, daß unver­däch­ti­ge Zeu­gen aus erster Hand das Gegen­teil beteu­ern, wie es der Jour­na­list Peter See­wald gegen­über dem Maga­zin Focus getan hat.

Fer­ra­ra bezieht sich vor­der­grün­dig auf die euro­päi­sche Pres­se links der Mit­te. Der Hei­li­ge Stuhl gab bekannt, daß der Abschluß­be­richt der vom Papst zum Vati­leaks-Skan­dal ein­ge­setz­ten Unter­su­chungs­kom­mis­si­on am 1. März der Gene­ral­kon­gre­ga­ti­on der Kar­di­nä­le zugäng­lich gemacht wird. Die Kon­gre­ga­ti­on unter­liegt der Geheim­hal­tungs­pflicht. Schmut­zi­ge Wäsche inter­ner Riva­li­tä­ten samt Doku­men­ten­klau sind nicht vor einer sen­sa­ti­ons­lü­ster­nen Medi­en­öf­fent­lich­keit aus­zu­brei­ten. Alle Kar­di­nä­le sol­len aber, so der Wunsch des Pap­stes, Ein­blick in die Akte haben, um sich vor der Papst­wahl selbst ein Bild machen zu können.

Die­se Ankün­di­gung nützt eine kir­chen­fer­ne Pres­se, um anonym, ihre eige­nen „Dos­siers“ zu ver­öf­fent­li­chen, die angeb­lich natür­lich Aus­schnit­te aus dem ech­ten Dos­sier sei­en. Aber echt, nicht echt, was spielt das in den Redak­tio­nen schon für eine Rol­le. Da die Ankün­di­gung besagt, daß das offi­zi­el­le Dos­sier auch wei­ter­hin geheim blei­ben wird, haben gewis­se Jour­na­li­sten Hoch­sai­son. Der Vor­wurf gilt dabei nicht der vati­ka­ni­schen Dis­kre­ti­on, son­dern dem media­len Hang zur Indiskretion.

Große und kleinen denunziatorische Aktionen rund um den Erdball: Kardinal Dolan eines der Opfer

Fer­ra­ras Ana­ly­se trifft der­zeit aber auf zahl­rei­che grö­ße­re und klei­ne­re denun­zia­to­ri­sche und per­fi­de Aktio­nen zu, die rund um den Glo­bus mit „geheim“, „ver­trau­lich“, „anonym“ unter der Hand her­um­ge­reich­ten „Dos­siers“, „Infor­ma­tio­nen“, „Ent­hül­lun­gen“ geschieht.

Eine sol­che Akti­on ist der­zeit in den USA zur Dis­kre­di­tie­rung des New Yor­ker Erz­bi­schofs Timo­thy Kar­di­nal Dolan im Gan­ge. Der streit­ba­re Erz­bi­schof wird mit sol­cher „Pünkt­lich­keit“ in Schlag­zei­len mit dem Pädo­phi­lie-Skan­dal der Ver­gan­gen­heit in Zusam­men­hang gebracht, daß zwangs­läu­fig Vor­sicht gebo­ten scheint. Mit Recht. Fak­ten spie­len ohne­hin kei­ne Rol­le, die sind längst bekannt und abge­ar­bei­tet. Gegen Dolan wur­de nie ein Vor­wurf erho­ben, ganz im Gegen­teil. Er ist einer der ent­schie­den­sten Ver­fech­ter der Rei­ni­gungs­ak­ti­on Bene­dikts XVI.  „Pünkt­lich­keit“, weil die Akti­on prompt in dem Augen­blick star­te­te, als der New Yor­ker Ober­hir­te plötz­lich als mög­li­cher näch­ster Papst genannt wur­de. Die Akti­on folgt einem bekann­ten Muster. Was zählt, ist: Dolan mit Pädo­phi­lie in Zusam­men­hang zu brin­gen. Wer liest schon das Klein­ge­druck­te? Der Kar­di­nal soll in die Defen­si­ve gedrängt wer­den, denn schließ­lich lau­tet das Ziel jeder Denun­zia­ti­on: Etwas Dreck wird schon hän­gen­blei­ben. Es konn­te daher nie­mand ande­res als die New York Times sein, die den Auf­takt zur Papst-Dolan-Ver­hin­de­rungs­ak­ti­on mach­te. Jour­na­li­stisch gekonnt, wenn auch ethisch im frei­en Fall, ver­mied es das libe­ra­le Flagg­schiff der USA, eine direk­te Anschul­di­gung zu for­mu­lie­ren. Wie könn­te sie auch. Sie begnügt sich mit Andeu­tun­gen, fein abge­wo­ge­nen Hin­wei­sen, zahl­rei­chen All­ge­mein­plät­zen, die zusam­men­ge­nom­men einen gene­rel­len Ver­dacht erzeu­gen sol­len. Was zählt ist, den Namen Dolans in irgend­ei­ne Nähe zur Pädo­phi­lie zu rücken.

Anlaß bot die Anhö­rung Dolans durch einen Staats­an­walt. Die Sache, zu der er befragt wur­de, liegt neun Jah­re zurück, als Dolan wie Augi­as den Stall ent­mi­ste­te – bereits bevor es Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger als Papst für die Gesamt­kir­che tun konn­te. Der Bischof brach­te Prie­ster sei­ner dama­li­gen Diö­ze­se Mil­wau­kee wegen des kon­kre­ten Ver­dachts auf sexu­el­len Miß­brauch zur Anzei­ge. Recht­lich und mora­lisch sind die Din­ge auf­ge­ar­bei­tet und zwar unter gro­ßen Opfern für die Diö­ze­se, die Dolan als Teil der not­wen­di­gen Kathar­sis auf sich nahm.

Nicht nur liberale Katholiken wollen in den USA Dolan nicht auch noch als Papst in Rom sehen

In der nun­meh­ri­gen Anhö­rung ging es im Zusam­men­hang mit den Fäl­len von damals um einen Ver­däch­ti­gen, der aller­dings nie in irgend­ei­ner Form Ange­stell­ter der Diö­ze­se war. Die Anhö­rung muß­te zwangs­läu­fig erfol­gen. Die Sachen wur­den geklärt. Der für die Per­son des heu­ti­gen Erz­bi­schofs völ­lig harm­lo­se Vor­gang paßt man­chen jedoch per­fekt ins Kon­zept. Libe­ra­le Medi­en wie die New York Times oder das Maga­zin New York, die sich zu einem Dau­er­krieg gegen den „kon­ser­va­ti­ven Dolan“ beru­fen füh­len, der es beim Schutz des Lebens auch vor den Prä­si­dent­schafts­wah­len wag­te, sich gegen die Regie­rung Oba­ma zu stel­len, lie­ßen sich die Gele­gen­heit nicht ent­ge­hen. Und im Hand­um­dre­hen, indem man eini­ge Din­ge ein­fach etwas auf den Kopf stell­te, wur­de aus einem der ent­schie­den­sten Sau­ber­män­ner, der die Kir­che vom „Schmutz“ (Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger kurz vor sei­ner Wahl zum Papst) befrei­te, fast selbst ein „Beschmutz­ter“.

Nicht nur in den USA blieb es nicht unbe­ob­ach­tet, daß ein Bischof aus einer ver­hält­nis­mä­ßig unbe­deu­ten­den Diö­ze­se wie Mil­wau­kee zum Erz­bi­schof des wich­ti­gen New York aus­stieg und inner­halb von nur zwei Jah­ren zum Vor­sit­zen­der der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz und Kar­di­nal avan­cier­te. Ein Mann, dem selbst sei­ne Geg­ner beschei­ni­gen, über Cha­ris­ma zu ver­fü­gen, ein gro­ßer Kom­mu­ni­ka­tor zu sein und trotz sei­ner Ernst­haf­tig­keit einen unge­wöhn­lich herz­haf­ten Humor. Grund genug, daß ihn in den USA nicht nur libe­ra­le katho­li­sche Krei­se nicht auch noch als Papst in Rom sehen wollen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Una Fides

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