Lutherisches Personalordinariat bringt Reformationsjubiläum 2017 durcheinander


Martin Luther 1517-2017 Reformationsjubiläum 500 Jahre Reformation Vorschlag ein lutherisches Personalordinariat in der katholischen Kirche zu errichten, bringt Planungen in Verlegenheit und Durcheinander. (Genf/​Rom) Kri­tik am Vor­schlag des Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Erz­bi­schof Ger­hard Lud­wig Mül­ler, in der katho­li­schen Kir­che ein Per­so­nal­or­di­na­ri­at für Luthe­ra­ner zu errich­ten, die in die vol­le Ein­heit mit Rom zurück­keh­ren wol­len, übte der Gene­ral­se­kre­tär des Luthe­ri­schen Welt­bun­des in Genf. Der katho­li­sche Vor­stoß bringt die Vor­be­rei­tun­gen zu den 500-Jahr-Fei­ern des Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­ums im Jahr 2017 durcheinander.

Anzei­ge

Auch einen Teil der Luthe­ra­ner zieht es zurück in die Ein­heit der Kir­che und die Wie­der­ver­ei­ni­gung mit Rom. Die Grün­de dafür sind jenen ver­gleich­bar, die eine sol­che Rück­kehr­be­we­gung in der angli­ka­ni­schen Gemein­schaft in Gang gesetzt haben. Sowohl bei Angli­ka­nern als auch Luthe­ra­nern zeigt das christ­li­che Pro­fil durch libe­ra­le Ten­den­zen Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen. Eine fort­schrei­ten­de Anpas­sung an den der­zeit domi­nan­ten Rela­ti­vis­mus drängt glau­bens­treue Chri­sten aus ande­ren christ­li­chen Kon­fes­sio­nen in die Ein­heit mit Rom.

Nach Anglikanern wollen auch Lutheraner in die Einheit der Kirche zurück

Kar­di­nal Koch, der  Vor­sit­zen­de des Päpst­li­chen Rats für die Ein­heit der Chri­sten, hat­te als erster am 30. Okto­ber 2012 die Errich­tung eines luthe­ri­schen Per­so­nal­or­di­na­ri­ats in der katho­li­schen Kir­che ange­regt. Glau­bens­prä­fekt Mül­ler griff nun die­se Idee auf. Die Reak­tio­nen blie­ben nicht aus. Pastor Mar­tin Jun­ge, der Gene­ral­se­kre­tär des Luthe­ri­schen Welt­bun­des kri­ti­sier­te einen sol­chen Schritt. Eine sol­cher Schritt wür­de nicht nur zahl­rei­che „theo­lo­gi­sche Pro­ble­me“ auf­wer­fen. Er hät­te auch „schwer­wie­gen­de Aus­wir­kun­gen für die Öku­me­ne“. Im Welt­bund sind die welt­weit etwa 70 Mil­lio­nen Luthe­ra­ner zusammengeschlossen.

In der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft war man eben­so wenig glück­lich über die „feind­li­che Über­nah­me“ durch die katho­li­sche Kir­che. Es fehl­ten aber auch nicht Stim­men, die der Abwan­de­rung „kon­ser­va­ti­ver“ Angli­ka­ner Rich­tung Rom Posi­ti­ves abge­win­nen kön­nen. Ein Schritt, der den libe­ra­len Umbau der angli­ka­ni­schen Gemein­schaf­ten beschleu­ni­gen dürf­te, so die Überlegung.

Nach Kardinal Koch spricht auch Erzbischof Müller über Ordinariats-Lösung

Als Kar­di­nal Koch die Per­so­nal­or­di­na­ri­ats-Lösung für Luthe­ra­ner ins Gespräch brach­te, beton­te er, daß es die Angli­ka­ner waren, die sich mit der Bit­te an den Papst gewandt hat­ten, in die Ein­heit mit Rom zurück­keh­ren zu dür­fen. Wenn eine sol­che Anfra­ge von Luthe­ra­nern kom­men soll­te, wer­de Rom auch die­se prü­fen. Die Prä­zi­sie­rung ziel­te auf die Öku­me­ne hin. Von angli­ka­ni­scher Sei­te war Rom vor­ge­wor­fen wor­den, eine Rück­kehr-Öku­me­ne zu betrei­ben. Der Hei­li­ge Stuhl ant­wor­te­te, ledig­lich auf einen Wunsch ande­rer Chri­sten reagiert zu haben.

Die Situa­ti­on der Luthe­ra­ner ist aller­dings nicht mit jener der Angli­ka­ner deckungs­gleich. Es han­delt sich um zwei getrenn­te Strö­mun­gen der Refor­ma­ti­on, mit einem völ­lig unter­schied­li­chen histo­ri­schen, geo­gra­phi­schen und kul­tu­rel­len Kon­text. Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler beton­te daher, daß es in der angli­ka­ni­schen Gemein­schaft immer eine star­ke Strö­mung gab, die dem katho­li­schen Glau­ben nahestand.

Verblassende christliche Identität bei Anglikanern und Lutheranern läßt nach Rom drängen

Eine sol­che Strö­mung gebe es so bei den Luthe­ra­nern nicht. Das hin­de­re aber nicht dar­an, daß Grup­pen von Luthe­ra­nern zum katho­li­schen Glau­ben kon­ver­tie­ren, so Mül­ler. Die kano­ni­sche Lösung von Per­so­nal­or­di­na­ria­ten wür­de es auch ihnen wie bereits den Angli­ka­nern erlau­ben, eini­ge, im Lauf der Jahr­hun­der­te ent­stan­de­ne legi­ti­me Tra­di­tio­nen zu bewahren.

Der Glau­bens­prä­fekt bestä­tig­te, daß es in sei­ner Hei­mat Deutsch­land in einem Teil der Luthe­ra­ner den Wunsch gebe, in die Ein­heit mit Rom zurück­zu­keh­ren. Sie wür­den die von Luther gefor­der­ten Refor­men durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil in der Kir­che ver­wirk­licht sehen, wes­halb die Spal­tung über­wun­den wer­den könn­te. Gedrängt wer­den sie dazu, weil sie sich in den luthe­ri­schen Lan­des­kir­chen immer hei­mat­lo­ser füh­len. Ein katho­li­sches Per­so­nal­or­di­na­ri­at wür­de zudem Span­nun­gen in gemischt­kon­fes­sio­nel­len Fami­li­en beseitigen.

Reformationsjubiläum sollte katholische Kirche unter Druck setzen – Es kam anders

Der katho­li­sche Vor­stoß irri­tiert den Luthe­ri­schen Welt­bund und die luthe­ri­schen Lan­des­kir­chen vor allem in Deutsch­land, dem Kern­land der luthe­ri­schen Refor­ma­ti­on, da sich die Luthe­ra­ner auf die 500-Jahr-Fei­er der Refor­ma­ti­on im Jahr 2017 vor­be­rei­ten. Von luthe­ri­scher Sei­te, zuletzt am lau­te­sten von der ehe­ma­li­gen EKD-Vor­sit­zen­den Mar­got Käß­mann wird seit län­ge­rem ver­sucht, Druck auf die katho­li­sche Kir­che aus­zu­üben, mit Blick auf die­ses Datum eine beson­de­re Geste zu set­zen. Gewünscht wäre eine Reha­bi­li­tie­rung Mar­tin Luthers durch die katho­li­sche Kirche.

Die katho­li­sche Ant­wort sieht jedoch ganz anders aus und bringt die luthe­ri­sche Sei­te in Ver­le­gen­heit und unter Zug­zwang. Andern­falls lie­ße sich nicht erklä­ren, wes­halb Welt­bund-Gene­ral­se­kre­tär Jun­ge so in „gro­ßer Sor­ge“ ist wegen Erz­bi­schof Mül­lers Anre­gung, wenn es angeb­lich nur eine win­zi­ge Grup­pe von Luthe­ra­nern gäbe, die viel­leicht zu Rom zurückwollten.

Text: Giu­sep­pe Nardi

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!