Streit um Ewiges Licht – Sühne-Stiftung für Mord nach 655 Jahren aufgehoben


Pfarrkirche St. Hilarius Näfels Ewiges Licht Sühne Stiftung von Gericht für erloschen erklärt Bauer zahlt nicht mehr Sühne(Gla­rus) Mit einem unge­wöhn­li­chen Fall, der bezeich­nend ende­te, hat­te sich das Gericht des Schwei­zer Kan­tons Gla­rus zu befas­sen. Es ging um das „Ewi­ge Licht“ in der Pfarr­kir­che St. Hila­ri­us von Näfels. Oder bes­ser gesagt, um die Kosten für das Öl für das Feu­er. Ein Streit­wert von 70 Fran­ken jähr­lich. Nun wur­de das Urteil bekannt­ge­ge­ben. Die katho­li­sche Pfarr­ge­mein­de Näfels, kaum 40 Kilo­me­ter vom bekann­ten Bene­dik­ti­ner­klo­ster Ein­sie­deln ent­fernt, muß als Klä­ger einem beklag­ten Land­be­sit­zer 5000 Fran­ken Ent­schä­di­gung zah­len und 4000 Fran­ken Gerichts­ge­büh­ren berappen.

Ungewöhnlicher Rechtsstreit – Gericht urteilt gegen Pfarrgemeinde

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Um die Hin­ter­grün­de zu ver­ste­hen, muß man weit in der Geschich­te zurück­blät­tern. 1357 scheint erst­mals urkund­lich eine Ewig-Licht-Stif­tung im Jahr­zei­ten­buch auf. Dar­in heißt es, daß der Bau­er Kon­rad Mül­ler aus Nie­der­ur­nen, einem Nach­bar­ort von Näfels, den Hein­rich Stucki ermor­det hat­te. Zur Süh­ne und für die See­len­ru­he des Ermor­de­ten hat­te die Fami­lie des Täters für „ewi­ge Zei­ten“ den Unter­halt für das Ewi­ge Licht in der Kir­che zu ent­rich­ten. Kon­kret bedeu­te­te das, daß sie das nöti­ge Nuß­öl lie­fer­ten, das von den Nuß­bäu­men auf ihrem Grund­stück Schnei­sin­gen gewon­nen wur­de. Die Grund­ei­gen­tü­mer kamen ihrer ein­ge­tra­ge­nen Ver­pflich­tung offen­sicht­lich immer pünkt­lich nach, die sogar die Refor­ma­ti­ons­zeit über­dau­er­te. Weil Nie­der­ur­nen sich der Refor­ma­ti­on anschloß, wur­de die Stif­tung in das katho­li­sche geblie­ben Näfels über­tra­gen. Da es die Nuß­bäu­me nicht mehr gibt, wur­de das Ser­vi­tut, die Dienst­bar­keit in den Geld­wert von heu­te 70 Euro umgerechnet.

Neuer Grundbesitzer wollte von Sühne nichs mehr wissen – Und bekam Recht, aber nicht wegen seines Willens

Nach 652 Jah­ren woll­te der neue Grund­be­sit­zer von Süh­ne nichts mehr wis­sen. 2009 kauf­te er das Grund­stück Schnei­sin­gen von sei­ner Mut­ter und stell­te die Zah­lung der 70 Fran­ken ein. An die „ewi­ge“ Stif­tung von 1357 fühl­te er sich nicht mehr gebun­den. Da er die Zah­lung ver­wei­ger­te, klag­te die Pfarr­ge­mein­de auf Ein­tra­gung der Ver­pflich­tung in das Grund­buch von Näfels. Der Chu­rer Bischof Vitus Huon­der, zu des­sen Diö­ze­se auch der Kan­ton Gla­rus gehört, bot dar­auf­hin der Pfarr­ge­mein­de an, die 70 Fran­ken für das Ewi­ge Licht zu über­neh­men. Ant­wort erhielt er aus Näfels kei­ne. Dort beharr­te die Pfarr­ge­mein­de auf ihrem Recht, denn schließ­lich gehe es um eine jahr­hun­der­te­al­te Tra­di­ti­on und um den Wil­len der Stif­ter und damit um Rechtssicherheit.

Das Glar­ner Kan­tons­ge­richt sah die Sache nicht so. Um zu sei­nem Urteil zu kom­men, muß­te es „auf­wen­di­ge rechts­hi­sto­ri­sche Nach­for­schun­gen“ anstel­len, womit das Gericht die hohen Gerichts­ge­büh­ren recht­fer­tig­te. Für das Gericht ist die Unter­halts­pflicht für das Ewi­ge Licht der Pfarr­kir­che schon im 19. Jahr­hun­dert erlo­schen und zwar „spä­te­stens nach der im Kan­ton Gla­rus in den Jah­ren 1842 bis 1849 erfolg­ten Berei­ni­gung des Hypo­the­kar­we­sens“. Die Pfarr­ge­mein­de hät­te im Zuge der Grund­ent­la­stung ihre aus der Stif­tung her­rüh­ren­den Rech­te ein­for­dern und in einer neu­en Rechts­form ver­an­kern müs­sen. Da dies nicht gesche­hen sei, sei die Sache hinfällig.

Rechtstitel durch Grundentlastung im 19. Jahrhundert erloschen

Nicht ver­ständ­lich erscheint, wes­halb die Pfarr­ge­mein­de dem Grund­be­sit­zer, der nun kei­ne 70 Euro mehr ent­rich­ten muß, sie ohne­hin nie bezahlt hat­te, 5000 Fran­ken Ent­schä­di­gung bezah­len muß. Mit der vom Gericht im Urteil fest­ge­leg­ten Ent­schä­di­gung und den Gerichts­ge­büh­ren in der Sum­me von ins­ge­samt 9000 Fran­ken hät­te das Ewi­ge Licht in der Pfarr­kir­che für die näch­sten 130 Jah­re bezahlt wer­den kön­nen. Die Pfarr­ge­mein­de teil­te bereits mit, das Urteil anzunehmen.

Sühne-Stiftung wird freiwillig fortgesetzt

Doch für das Ewi­ge Licht, das in jeder katho­li­schen Kir­che die rea­le Gegen­wart Jesu Chri­sti im Aller­hei­lig­sten Sakra­ment des Alta­res anzeigt, ist auch wei­ter­hin gesorgt. Meh­re­re Men­schen haben sich gemel­det, die die 1357 errich­te­te Stif­tung frei­wil­lig fort­füh­ren und den Unter­halt des Ewi­gen Lich­tes in der Pfarr­kir­che zum Hei­li­gen Hila­ri­us von Näfels über­neh­men wollen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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