(Glarus) Mit einem ungewöhnlichen Fall, der bezeichnend endete, hatte sich das Gericht des Schweizer Kantons Glarus zu befassen. Es ging um das „Ewige Licht“ in der Pfarrkirche St. Hilarius von Näfels. Oder besser gesagt, um die Kosten für das Öl für das Feuer. Ein Streitwert von 70 Franken jährlich. Nun wurde das Urteil bekanntgegeben. Die katholische Pfarrgemeinde Näfels, kaum 40 Kilometer vom bekannten Benediktinerkloster Einsiedeln entfernt, muß als Kläger einem beklagten Landbesitzer 5000 Franken Entschädigung zahlen und 4000 Franken Gerichtsgebühren berappen.
Ungewöhnlicher Rechtsstreit – Gericht urteilt gegen Pfarrgemeinde
Um die Hintergründe zu verstehen, muß man weit in der Geschichte zurückblättern. 1357 scheint erstmals urkundlich eine Ewig-Licht-Stiftung im Jahrzeitenbuch auf. Darin heißt es, daß der Bauer Konrad Müller aus Niederurnen, einem Nachbarort von Näfels, den Heinrich Stucki ermordet hatte. Zur Sühne und für die Seelenruhe des Ermordeten hatte die Familie des Täters für „ewige Zeiten“ den Unterhalt für das Ewige Licht in der Kirche zu entrichten. Konkret bedeutete das, daß sie das nötige Nußöl lieferten, das von den Nußbäumen auf ihrem Grundstück Schneisingen gewonnen wurde. Die Grundeigentümer kamen ihrer eingetragenen Verpflichtung offensichtlich immer pünktlich nach, die sogar die Reformationszeit überdauerte. Weil Niederurnen sich der Reformation anschloß, wurde die Stiftung in das katholische geblieben Näfels übertragen. Da es die Nußbäume nicht mehr gibt, wurde das Servitut, die Dienstbarkeit in den Geldwert von heute 70 Euro umgerechnet.
Neuer Grundbesitzer wollte von Sühne nichs mehr wissen – Und bekam Recht, aber nicht wegen seines Willens
Nach 652 Jahren wollte der neue Grundbesitzer von Sühne nichts mehr wissen. 2009 kaufte er das Grundstück Schneisingen von seiner Mutter und stellte die Zahlung der 70 Franken ein. An die „ewige“ Stiftung von 1357 fühlte er sich nicht mehr gebunden. Da er die Zahlung verweigerte, klagte die Pfarrgemeinde auf Eintragung der Verpflichtung in das Grundbuch von Näfels. Der Churer Bischof Vitus Huonder, zu dessen Diözese auch der Kanton Glarus gehört, bot daraufhin der Pfarrgemeinde an, die 70 Franken für das Ewige Licht zu übernehmen. Antwort erhielt er aus Näfels keine. Dort beharrte die Pfarrgemeinde auf ihrem Recht, denn schließlich gehe es um eine jahrhundertealte Tradition und um den Willen der Stifter und damit um Rechtssicherheit.
Das Glarner Kantonsgericht sah die Sache nicht so. Um zu seinem Urteil zu kommen, mußte es „aufwendige rechtshistorische Nachforschungen“ anstellen, womit das Gericht die hohen Gerichtsgebühren rechtfertigte. Für das Gericht ist die Unterhaltspflicht für das Ewige Licht der Pfarrkirche schon im 19. Jahrhundert erloschen und zwar „spätestens nach der im Kanton Glarus in den Jahren 1842 bis 1849 erfolgten Bereinigung des Hypothekarwesens“. Die Pfarrgemeinde hätte im Zuge der Grundentlastung ihre aus der Stiftung herrührenden Rechte einfordern und in einer neuen Rechtsform verankern müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei die Sache hinfällig.
Rechtstitel durch Grundentlastung im 19. Jahrhundert erloschen
Nicht verständlich erscheint, weshalb die Pfarrgemeinde dem Grundbesitzer, der nun keine 70 Euro mehr entrichten muß, sie ohnehin nie bezahlt hatte, 5000 Franken Entschädigung bezahlen muß. Mit der vom Gericht im Urteil festgelegten Entschädigung und den Gerichtsgebühren in der Summe von insgesamt 9000 Franken hätte das Ewige Licht in der Pfarrkirche für die nächsten 130 Jahre bezahlt werden können. Die Pfarrgemeinde teilte bereits mit, das Urteil anzunehmen.
Sühne-Stiftung wird freiwillig fortgesetzt
Doch für das Ewige Licht, das in jeder katholischen Kirche die reale Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Sakrament des Altares anzeigt, ist auch weiterhin gesorgt. Mehrere Menschen haben sich gemeldet, die die 1357 errichtete Stiftung freiwillig fortführen und den Unterhalt des Ewigen Lichtes in der Pfarrkirche zum Heiligen Hilarius von Näfels übernehmen wollen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons