Liebe Brüder und Schwestern!
In den Katechesen über den Glauben möchte ich heute über die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott sprechen. Gott ist nicht etwas Widersinniges, das der Vernunft entgegensteht. Er ist ein Geheimnis und in diesem Sinn dunkel – so wie in die Sonne zu schauen zunächst nur Dunkelheit zeigt –, aber ein Geheimnis, das nicht irrational ist, sondern Überfülle an Sinn und Wahrheit, die eigentliche Quelle des Lichts. Das Geheimnis Gottes mag also der Vernunft zunächst dunkel erscheinen. Aber der Glaube gibt uns gleichsam sozusagen die Sehfähigkeit, sein Licht zu ertragen, es gebrochen in der Geschichte Gottes mit uns dann als das wahre Licht zu erkennen. Gott selbst ist dem Menschen nahe geworden und hat sich sozusagen auf ihn eingelassen, sich auf seine Maßstäbe und Maße gleichsam herunterbegeben, damit wir ihn von unseren Maßen her sehen können. Gott erleuchtet mit seiner Gnade die Vernunft, und der Glaube lädt uns ein, uns auf den Weg zu machen, so immer mehr sehend zu werden und aus unseren Maßen auf die Maße Gottes zu kommen. »Glaube, um überhaupt verstehen zu können. – Verstehe, um zu glauben« (vgl. Sermo 43,9), hat der heilige Augustinus aus der Erfahrung seines eigenen kurvenreichen Lebensweges gesagt. Er bezeugt einen Glauben, der die Vernunft öffnet und nicht tötet. Vernunft und Glaube sind beide zusammen Bedingungen für das Verstehen von Gottes Wort und für das Verstehen unserer selbst. Über den Weg der Schöpfung kann die menschliche Vernunft Gott erkennen, hat das Erste Vatikanum im Anschluß an den Römerbrief des heiligen Paulus gesagt und hinzugefügt, daß freilich in der erbsündigen Beschaffenheit des Menschen – damit er zur Gewißheit kommt und damit er wirklich ihn in seiner Wahrheit erkennen kann – die Nachhilfe Gottes nötig ist, die er uns durch den Glauben gibt (vgl. Dei Filius, 2). Jedenfalls stehen so auch Wissenschaft und Glaube nicht im Gegensatz zueinander, sondern sind aufeinander verwiesen. Wissenschaft erweitert die Vernunft, hilft uns, die Welt zu erkennen, zu verstehen. Aber der Glaube gibt uns die Maßstäbe der Menschlichkeit, des Menschseins, die Maßstäbe dafür, was dem Menschen gut ist und was in sich gut ist und so die Pathologien der Wissenschaft überwindet, die ihrerseits die Pathologien der Religion überwinden kann. Beide gehören zusammen als gemeinsamer Weg zum Licht Gottes, das er uns in der Offenbarung aufgetan hat.
Von Herzen grüße ich alle Pilger und Gäste deutscher Sprache. An Gott zu glauben ist, wie gesagt, unserer Vernunft nicht entgegengesetzt, sie wartet darauf. Der Glaube helfe uns, in Christus den Sinn und die Fülle unseres Daseins und den Garant wahrer menschlicher Freiheit zu erkennen. Er ist die Erfüllung unseres Strebens nach dem Wahren und nach dem Guten. Der Herr segne euch alle.
Bild: Sergey Gabdurakhmanov/flickr.com
Heiliger Vater! Wie recht Sie haben. Fides et ratio!
Hat Gott nicht die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? Und damit ihre Vernunft auch. Dieser „Kult der Vernunft“ gefällt mir nicht.
Per Mariam ad Christum.
„Jedenfalls stehen so auch Wissenschaft und Glaube nicht im Gegensatz zueinander, sondern sind aufeinander verwiesen. Wissenschaft erweitert die Vernunft, hilft uns, die Welt zu erkennen, zu verstehen.“
Wichtig ist. „Wer diese Welt liebt kennt den Vater nicht.“
Wichtig ist auch. Luzifers Einfluß auf diese Welt muß sehr groß sein. Schließlich hat er sie in der Wüste dem Herrn angeboten.
Per Mariam ad Christum.
@Shuca: Natürlich hat auch die Ratio ihre Verortung und Vorordnung im Herrn. Ohne Gott keine vernunftgeleitete Erkenntnis und gleichzeitig bedarf es des heiligen katholischen Glaubens. Des wahren, einen heiligen apostolischen und katholischen Glaubens, der ewigen Roma, Lehrmeisterin und Hüterin unserer Kirche.
Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib und führe uns an deiner Hand ins ewige Vaterland. In diesem Sinne, liebe® Shuca, Gottes und Mariens Segen.