Die Kutte macht noch keinen Mönch. Keine Kutte noch weniger… Rom schärft Kleiderordnung ein


(Vati­kan) Die Kut­te macht noch kei­nen Mönch, sagt der Volks­mund. Kei­ne Kut­te aber noch weni­ger. Die talar- und kut­ten­lo­se Zeit der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te nahm die Volks­weis­heit etwas zu wört­lich. Am 15. Okto­ber unter­zeich­ne­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­ciso Ber­to­ne ein Rund­schrei­ben an alle Dik­aste­ri­en und Ämter der Römi­schen Kurie. Dar­in schärft er ein, daß sich Prie­ster und Ordens­leu­te an der Römi­schen Kurie ver­pflich­tend in ihrem Prie­ster- oder Ordens­ge­wand zum Dienst zu prä­sen­tie­ren haben. Bei offi­zi­el­len Anlä­ßen, beson­ders in Anwe­sen­heit des Pap­stes, dür­fen die Mon­signo­ri ihre Sou­ta­ne nicht mehr zu Hau­se  im Klei­der­schrank hän­gen lassen.

Neue Richtlinien des Staatssekretariats

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Die Erin­ne­rung an die gel­ten­den kir­chen­recht­li­chen Bestim­mun­gen ist ein deut­li­ches, wenn auch indi­rek­tes Signal, das – anders als der Ein­druck ver­mit­telt – nicht in erster Linie an die Römi­sche Kurie gerich­tet ist, son­dern an die Welt­kir­che. In den vati­ka­ni­schen Palä­sten sind Prie­ster in Zivil näm­lich nur sel­ten anzu­tref­fen. Rom soll in Sachen Klei­der­ord­nung Vor­bild für Bischö­fe und Prie­ster sein, die von aus­wärts kom­men in der Hoff­nung, daß sie dann auch zu Hau­se die­sem Vor­bild folgen.

Das Kir­chen­recht legt im Kanon 284 fest, daß Kle­ri­ker wür­di­ge kirch­li­che Klei­dung, gemäß den von den jewei­li­gen Bischofs­kon­fe­ren­zen erlas­se­nen Bestim­mun­gen, zu tra­gen haben. Die mei­sten west­eu­ro­päi­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen ver­lan­gen, daß „der Kle­rus in der Öffent­lich­keit den Talar oder den Cler­gy­man trägt“, das heißt einen schwar­zen oder grau­en Anzug mit römi­schem Kol­lar oder Ora­to­ria­ner­kra­gen. Der eng­li­sche Name erin­nert an die Her­kunft die­ser Klei­dungs­form, die anfangs nur katho­li­schen Prie­stern gewährt wur­de, die rei­sen muß­ten. In Gebirgs­ge­gen­den erwies sich bei Haus­be­su­chen in stei­lem Gelän­de und bei oft lan­gen Wegen die Sou­ta­ne als wenig geeig­net, vor allem wenn auf Pfer­den oder Maul­tie­ren gerit­ten wurde.

Priesterkleidung: geduldete Praxis gegen kirchenrechtliche Bestimmungen

Die im deut­schen Sprach­raum nicht sel­ten anzu­tref­fen­de Zivil­klei­dung mit einem klei­nen, ange­steck­ten Kreuz ent­spricht kei­nes­wegs den kirch­li­chen Vor­schrif­ten. Sie ist eine Form des Unge­hor­sams, die mög­lich wur­de, weil die Bischö­fe sie still­schwei­gend duldeten.

Die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on nann­te 1994 in ihrem Direk­to­ri­um über Dienst und Leben der Prie­ster die Grün­de, auch sozio­lo­gi­scher Natur, wes­halb es ange­mes­sen, wür­dig und not­wen­dig sei, daß Kle­ri­ker durch ihre Klei­dung als sol­che in der Öffent­lich­keit sofort erkenn­bar sind.

„In einer säku­la­ri­sier­ten und ten­den­zi­ell mate­ria­li­sti­schen Gesell­schaft, wo auch äuße­re Zei­chen sakra­ler und über­na­tür­li­cher Wirk­lich­kei­ten im Schwin­den begrif­fen sind, wird beson­ders die Not­wen­dig­keit emp­fun­den, dass der Prie­ster – als Mann Got­tes und als Aus­spen­der sei­ner Geheim­nis­se – den Augen der Gemein­de auch durch sei­ne Klei­dung als unmiss­ver­ständ­li­ches Zei­chen sei­ner Hin­ga­be und sei­ner Iden­ti­tät als Trä­ger eines öffent­li­chen Amtes zu erken­nen sei. Der Prie­ster muss vor allem durch sein Ver­hal­ten erkenn­bar sein, aber auch durch sei­ne Beklei­dung, so dass jedem Gläu­bi­gen und über­haupt jedem Men­schen sei­ne Iden­ti­tät und sei­ne Zuge­hö­rig­keit zu Gott und zur Kir­che unmit­tel­bar erkennt­lich sind. „

Identität eines Priesters durch Haltung und Bekleidung jedem erkennbar machen

Und wei­ter: „Dies bedeu­tet, dass die­se Beklei­dung, falls sie nicht der Talar [Sou­ta­ne bzw. Sou­ta­nel­le] ist, ver­schie­den von der Art der Klei­dung der Lai­en zu sein hat und kon­form der Wür­de und Sakra­li­tät des Amtes. Schnitt und Far­be müs­sen von der Bischofs­kon­fe­renz fest­ge­legt wer­den, immer in Har­mo­nie mit den Dis­po­si­tio­nen des all­ge­mei­nen Rechts.“

Das Rund­schrei­ben von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Ber­to­ne ver­langt von den Mon­signo­ri, daß sie bei „Anwe­sen­heit des Hei­li­gen Vaters“ und ande­ren offi­zi­el­len Anlä­ßen die Sou­ta­ne mit den roten Knöp­fen und dem roten Zin­gu­lum tra­gen. Die Auf­for­de­rung rich­tet sich auch an die Bischö­fe, die vom Papst in Audi­enz emp­fan­gen wer­den. Der gesam­te Kle­ri­ker­stand soll künf­tig mehr als bis­her auf die Eti­ket­te achten.

Aus erzwungener Sonderpraxis wurde ungezwungene bürgerliche, dann antibürgerliche Bequemlichkeit

Das Tra­gen von Zivil­klei­dung für Prie­ster war offi­zi­ell in der Ver­gan­gen­heit an bestimm­te Situa­tio­nen gebun­den, so etwa in den 1940er Jah­ren in der säku­la­ri­sier­ten Tür­kei, oder bis vor noch nicht all­zu lan­ger Zeit im anti­kle­ri­ka­len Mexi­ko. Dort war es auf­grund poli­ti­scher Zwän­ge not­wen­dig, daß die Bischö­fe, wenn sie ihren Amts­sitz ver­lie­ßen, wie Mana­ger geklei­det waren.

In den 60er Jah­ren brei­te­te sich eine bür­ger­li­che Klei­der­ord­nung unter Prie­stern und Theo­lo­gen auch in Euro­pa aus, aller­dings ohne Zwang. Man den­ke an die heu­te kaum mehr vor­stell­ba­ren Bil­der des jun­gen Joseph Ratz­in­ger als Kon­zil­s­pe­ri­tus in Rom in dunk­lem Anzug, wei­ßem Hemd und schwar­zer Kra­wat­te, wie es Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren erlaubt war. Der Ver­bür­ger­li­chung des Erschei­nungs­bil­des folg­te nach 1968 die Ent­bür­ger­li­chung als Able­gung von Kon­ven­tio­nen auf den Fuß. Es war vor allem nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil, daß Sou­ta­ne und Kol­lar als Aus­druck einer selbst­be­wußt vor­ge­brach­ten, teils rebel­li­schen „Moder­ni­sie­rungs­wel­le“ abge­legt, auf den Dach­bo­den oder in die Schub­la­de ver­bannt wur­den. Es wuchs eine Gene­ra­ti­on von Diö­ze­san­prie­stern und Ordens­prie­stern her­an, die heu­te in deut­lich vor­ge­rück­tem Alter sind, aber teils nie in ihrem Leben eine Sou­ta­ne oder ein Ordens­kleid getra­gen haben.

Produkt der Nachkonzilszeit: der „unsichtbare“ Priester

Eine Schlag­sei­te des „all­ge­mei­nen Prie­ster­tums“ woll­te Prie­ster und Ordens­leu­te unsicht­bar in der Mas­se auf­ge­hen las­sen. Das Auf­ge­hen bedeu­te­te jedoch ein „Ver­schwin­den“. Die „Unsicht­bar­keit“ för­der­te oder erleich­ter­te weder die Evan­ge­li­sie­rung noch den Prie­ster- und Ordens­nach­wuchs. Wer in den 80er Jah­ren in man­chen Gegen­den Euro­pas im Kol­lar auf­trat, war umge­hend als eine Art „über­hol­tes Fos­sil“ iden­ti­fi­ziert: ein „Kon­ser­va­ti­ver“, wie es als Schimpf­wort gedacht auch in man­chen Kle­ri­ker­krei­sen hieß. „Räu­ber­zi­vil“, wie die Zivil­klei­dung hin­ge­gen in kon­ser­va­ti­ven Krei­sen bezeich­net wur­de, erleich­ter­te das sich gleich­zei­tig in man­chen Diö­ze­sen aus­brei­ten­de Kon­ku­bi­nat, man den­ke nur an die öster­rei­chi­sche Diö­ze­se Linz.

Deutliche Gegentendenz durch junge Priester erkennbar

Seit eini­gen Jah­ren läßt sich jedoch eine immer deut­li­che­re Gegen­ten­denz erken­nen, die vor allem von jun­gen Prie­stern aus­geht, auch dabei ist wie­der an die Diö­ze­se Linz zu den­ken, um beim genann­ten Bei­spiel zu blei­ben. Die „kle­ri­ka­le“ Wen­de wur­de nun schwarz auf weiß vom Staats­se­kre­ta­ri­at mit einem Rund­schrei­ben bestätigt.

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild: Pon­ti­fi­ci­um Col­le­gi­um Urbanum/​Riposte Catholique

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2 Kommentare

  1. Die Kut­te macht noch kei­nen Mönch. Kei­ne Kut­te noch weni­ger… Rom schärft Klei­der­ord­nung ein

    Herz­li­chen Dank für die­sen Arti­kel. Er spricht mir aus der See­le. Jedoch soll­ten Sie die sog. Par­ti­ku­lar­norm der dt. Bischofs­kon­fe­renz mal hier­zu lesen. Ca. 1999 in Kraft gesetzt von Kar­di­nal Leh­mann bzw. reko­gno­sti­ziert!!! von der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Re: in Aus­nah­me­fäl­len ist Anzug und Kreuz­chen erlaubt…Diese Norm ist schwer zu fin­den auf der web­Sei­te der DBK. Der Kir­chen­recht­ler Pater Rho­de aus Sankt Geor­gen hat die­se Nor­men auf sei­ner Home­page gesam­melt. Der Aus­nah­me­fall ist hier zur Norm gewor­den. Rom müss­te drin­gend die­se Par­ti­ku­lar­norm zurück­neh­men. Das gute Bei­spiel in Rom…ist gut, aber hier­zu­lan­de kann man sich auf ein (noch) gel­ten­des Gesetz berufen…so auch in Fra­gen der Hand- oder Mundkommunion.

    Mit freund­li­chen Grüßen

  2. So sehr die neue Anwei­sung zu begrü­ßen ist, sie macht jedoch gleich­zei­tig deut­lich, wo die Wur­zel es Übels liegt: in den Zwei­deu­tig­kei­ten kir­chen­recht­li­cher Rege­lun­gen. Wenn jewei­li­ge Bischofs­kon­fe­ren­zen fest­zu­le­gen haben, wie wür­di­ge kle­ri­ka­le Klei­dung aus­zu­se­hen hat, dann ist dem Wild­wuchs und dem Lais­sez-fai­re bereits Tür und Tor geöffnet!

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