Böhmisches Zisterzienserkloster feiert im Alten Ritus – Vyšší Brod/​Hohenfurth

Wechselvolle Geschichte einer Oase des Friedens


Das 1259 gegründete, 1941/1950 aufgehobene und 1990 wiederbelebte Zisterzienserkloster Hohenfurth in Südböhmen
Das 1259 gegründete, 1941/1950 aufgehobene und 1990 wiederbelebte Zisterzienserkloster Hohenfurth in Südböhmen

(Prag) Die tsche­chi­sche Zister­zi­en­ser­ab­tei Vyšší Brod – Hohen­furth ist zu einer altir­tu­el­len Gemein­schaft gewor­den. Die Hei­li­ge Mes­se wird für die Gläu­bi­gen sowohl in der ordent­li­chen wie in der außer­or­dent­li­chen Form des Römi­schen Ritus zele­briert. Die Klo­ster­ge­mein­schaft selbst kehr­te im Herbst 2011 zum tra­di­tio­nel­len Chor- und Stun­den­ge­bet der Zister­zi­en­ser zurück und fei­ert in der klas­si­schen Form des Römi­schen Ritus. Bei der Wie­der­be­le­bung des über­lie­fer­ten Offi­zi­ums wur­de sie von der bun­des­deut­schen Trap­pi­sten­ab­tei Maria­wald unter­stützt. Das Leben der Mönchs­ge­mein­schaft beginnt um 4.15 Uhr mit dem Auf­ste­hen und endet um 19.15 Uhr (im Som­mer 19.45) mit dem Vor­le­sen der Bene­dikts­re­gel, den Col­la­tio­nes, der Kom­plet und dem Sal­ve Regi­na. Danach herrscht „Stren­ges Nachtschweigen“.

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Tei­le des pracht­voll reno­vier­ten Klo­sters kön­nen besich­tigt wer­den, neben der Stifts­kir­che gilt dies vor allem für die beein­drucken­de Biblio­thek und das Refek­to­ri­um. „Für die Teil­nah­me an der Füh­rung ist eine dezen­te, dem Ort ent­spre­chen­de Klei­dung nötig“, heißt es auf der Inter­net­sei­te des Klosters.

750 Jahre zisterzienisches Ora et Labora im südböhmischen Hohenfurt

Die Zister­zi­en­ser­ab­tei Hohen­furth wur­de 1259 im damals schon deutsch­be­sie­del­ten Süd­böh­men gestif­tet. Der Stif­ter war Wok von Rosen­berg aus dem Haus der mäch­ti­gen Witi­go­nen, denen Adal­bert Stif­ter, der aus dem nahen, eben­falls deutsch­böh­mi­schen Ober­plan stamm­te, ein lite­ra­ri­sches Denk­mal setz­te. Besie­delt wur­de das neue Klo­ster mit Mön­chen aus dem Stift Wil­he­ring bei Linz an der Donau.

Das Zen­trum der errich­te­ten Klo­ster­herr­schaft bil­de­te die Markt­ge­mein­de Hohen­furt zusam­men mit rund 100 Höfen des Umlan­des. Wäh­rend der Hus­si­ten­krie­ge und des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges wur­de die Abtei in Mit­lei­den­schaft gezo­gen, über­nahm jedoch im Rah­men der gegen­re­for­ma­to­ri­schen, katho­li­schen Erneue­rung die Seel­sor­ge in zahl­rei­chen Pfar­rei­en der Umge­bung. Durch Betei­li­gung am Bil­dungs­we­sen ent­ging das Klo­ster sogar dem Jose­phi­ni­schen Klo­ster­sturm am Ende des 18. Jahrhunderts.

„Feindseligkeiten“ des 20. Jahrhunderts

Anfang des 20. Jahr­hun­derts zähl­te der Markt­flecken Hohen­furt 1.599 deut­sche und elf tsche­chi­sche Ein­woh­ner (Volks­zäh­lung von 1910). Den­noch wur­de die Gegend von Hohen­furt samt dem gleich­na­mi­gen Klo­ster (zur Unter­schei­dung aber mit einem Schluß‑H geschrie­ben) nach dem Ersten Welt­krieg von den Sie­ger­mäch­ten der im Herbst 1918 aus­ge­ru­fe­nen tsche­cho­slo­wa­ki­schen Repu­blik zuge­spro­chen. Der neue Staat stand den Zister­zi­en­sern mit „einer feind­se­li­gen Gesin­nung“ gegen­über, wie es in der Klo­ster­chro­nik heißt. Die Feind­se­lig­keit war sowohl ideo­lo­gisch als auch eth­nisch moti­viert. Im Zuge der Boden­re­form wur­de fast der gesam­te Klo­ster­be­sitz von mehr als 5.500 Hekt­ar Wald- und Acker­land ent­eig­ne­te. Der Abtei blie­ben nur mehr 250 Hektar.

Die Wahl des 43. und vor­erst letz­ten Abtes gestal­te­te sich 1925 schwie­rig. Die tsche­chi­schen Behör­den teil­ten mit, einen ihnen nicht geneh­men, sprich „zu deut­schen“ Kan­di­da­ten nicht anzu­er­ken­nen. Dabei hat­te die eth­ni­sche Fra­ge im Klo­ster nie eine Rol­le gespielt. Der Kon­vent von Hohen­furth war seit sei­ner Grün­dung deutsch gewe­sen. Dar­an hat­te sich auch jetzt nichts geän­dert. Geän­dert hat­te sich jedoch der Staat, der nun natio­naltsche­chisch bestimmt war.

Abt Tezelin Jaksch (1885–1954)

Die Mön­che such­ten daher einen tüch­ti­gen Kan­di­da­ten, der das Klo­ster einer­seits füh­ren konn­te und ande­rer­seits den Behör­den nicht „nega­tiv auf­ge­fal­len“ war. Die Wahl fiel auf den aus Hackel­höf bei Bud­weis (tsche­chisch Hak­lo­vy Dvo­ry) stam­men­den Pater Teze­lin Jaksch (18851954), der damals Pfar­rer in Payer­schau (Boršov nad Vlta­vou) war. Hackel­höf war Teil der damals schon stark geschrumpf­ten deut­schen Bud­wei­ser Sprach­in­sel. Gewählt wur­de er „wegen sei­nes vor­neh­men Wesens und sei­ner voll­kom­me­nen Beherr­schung der tsche­chi­schen Spra­che“, wie die Klo­ster­chro­nik berichtet.

Abt Teze­lin gelang es nach län­ge­ren Ver­hand­lun­gen drei Vier­tel des ursprüng­li­chen Klo­ster­be­sit­zes zurück­zu­er­lan­gen, zumin­dest zu pach­ten, weil der Staat kei­nen Käu­fer dafür gefun­den hat­te. Damit konn­te die wirt­schaft­li­che Grund­la­ge des Klo­sters, wenn auch mit Abstri­chen, erhal­ten blei­ben. Das war auch not­wen­dig, denn die Abtei erleb­te trotz der poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen eine gro­ße Blü­te mit zahl­rei­chen Berufungen.

1938 kam die Abtei, die mit 70 Mön­chen gera­de den Höchst­stand ihrer Geschich­te erreicht hat­te, gemein­sam mit dem Sude­ten­land zum natio­nal­so­zia­li­stisch beherrsch­ten Deut­schen Reich. Die tsche­chi­schen Mön­che muß­ten das Stift ver­las­sen, Abt Teze­lin wur­de unter einem Vor­wand ver­haf­tet und 1939 in das Pro­tek­to­rat Böh­men und Mäh­ren abge­scho­ben, zu dem sein Geburts­ort nun gehörte.

1941 Aufhebung durch die Nationalsozialisten, 1950 durch die Kommunisten

Mit Pater Domi­nik Kaindl wähl­te der Kon­vent in die­ser Situa­ti­on einen Abt­ko­ad­ju­tor. 1941 wur­de das Klo­ster schließ­lich von den Natio­nal­so­zia­li­sten nach fast 700jährigem Bestehen auf­ge­ho­ben. Pater Engel­bert Blochl starb im KZ Dach­au, 21 Mön­che wur­den zum Kriegs­dienst in der Wehr­macht ein­ge­zo­gen, von denen zehn an der Front fie­len und ein wei­te­rer in der Kriegs­ge­fan­gen­schaft starb. Wäh­rend des Krie­ges hat­te die Wehr­macht im Klo­ster ein Laza­rett ein­ge­rich­tet. Die ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen, die bei Kriegs­en­de bis Süd­böh­men gelangt waren, mach­ten dar­aus ein Militärlager.

Nach dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges bemüh­te sich Abt Teze­lin Jaksch um die Wie­der­errich­tung des Klo­sters, was for­mal­recht­lich zwar gelang, jedoch von der tsche­chi­schen Regie­rung ad absur­dum geführt wur­de. Die deut­schen Mön­che, und damit fast der gesam­te Kon­vent, wur­den im Zuge der von den Tsche­chen durch­ge­führ­ten eth­ni­schen Säu­be­rung mit der übri­gen deut­schen Bevöl­ke­rung ver­trie­ben. Die Behör­den beschlag­nahm­ten den gesam­ten Besitz und erklär­ten, daß „die Zister­zi­en­ser von Hohen­furth Ver­rä­ter und Fein­de der Tsche­cho­slo­wa­ki­schen Repu­blik“ sei­en. Zurück­blei­ben durf­ten nur die weni­gen tsche­chi­schen Mön­che und mit gro­ßer Mühe der Abt, weil ihn die Natio­nal­so­zia­li­sten ver­bannt hatten.

Mit der kom­mu­ni­sti­schen Macht­über­nah­me 1948 wur­de dann aber naht­los an die natio­nal­so­zia­li­sti­sche Ver­fol­gung ange­knüpft. Abt Jaksch muß­te Klo­ster Hohen­furth noch im sel­ben Jahr ver­las­sen und wur­de als letz­ter deut­scher Mönch ver­trie­ben. Er ging nach Öster­reich. Das abge­würg­te Klo­ster wur­de 1950 erneut auf­ge­ho­ben, dies­mal von den Kom­mu­ni­sten. Die bei­den letz­ten noch anwe­sen­den tsche­chi­schen Mön­che wur­den inter­niert und das Klo­ster in eine Kaser­ne der tsche­cho­slo­wa­ki­schen Armee umgewandelt.

Die ver­trie­be­nen Hohen­fur­ther Mön­che fan­den in öster­rei­chi­schen und baye­ri­schen Zister­zi­en­ser­klö­stern Zuflucht, vor allem im Stift Rein in der Stei­er­mark, das ab 1959 anläß­lich des 700. Stif­tungs­fe­stes von Hohen­furth die Bezeich­nung Stift Rein-Hohen­furth annahm.

Die Rückkehr 1990

Nach dem Zusam­men­bruch der kom­mu­ni­sti­schen Dik­ta­tur kehr­ten 1990 zwei noch in Rein leben­de Hohen­fur­ther Zister­zi­en­ser nach Böh­men zurück und began­nen mit der Neu­be­sied­lung des Klo­sters. Ins­ge­samt leb­ten damals noch sechs Hohen­fur­ther Mön­che ver­streut in ver­schie­de­nen Klö­stern Öster­reichs und Bay­erns, doch waren die ande­ren vier bereits zu alt und zu gebrech­lich für eine Rückkehr.

Die Wie­der­grün­dung gestal­te­te sich schwie­rig, da der bis 1994 tsche­cho­slo­wa­ki­sche Staat, seit 1994 Tsche­chi­en, kein Inter­es­se am Wie­der­auf­bau des katho­li­schen Ordens­we­sens zeig­te. Die Rück­ga­be des vom Staat geraub­ten Klo­ster­be­sit­zes erweist sich des­halb als zäh und lang­wie­rig. Für den Neu­be­ginn kam wirt­schaft­li­che Hil­fe vom Zister­zi­en­ser­stift Hei­li­gen­kreuz bei Wien. 1992 konn­ten die ersten vier Novi­zen in das Klo­ster auf­ge­nom­men wer­den. Seit­her bemüht sich das Prio­rat Hohen­furth – Vyšší­ Brod, das seit 2007 von Pri­or Justi­nus Ber­ka gelei­tet wird, um die Wie­der­be­le­bung des Klo­ster­le­bens und nach dem athe­isti­schen Kahl­schlag um die Ree­van­ge­li­sie­rung Böhmens.

Der in Ober­öster­reich ansäs­si­ge Ver­ein zur För­de­rung des Zister­zi­en­ser­stif­tes Hohenfurth/​Vyšší­ Brod unter­stützt die Mönchs­ge­mein­schaft: Mit­tel­pro­me­na­de 7, 4048 Puchen­au, Österreich
Tel und Fax.: +43 732/​221559
www​.kla​ster​vys​si​brod​.cz

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Klo­ster Vys­si Brod (Hohen­furth)

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3 Kommentare

    • War­um nur!? Manch­mal hat man den Ein­druck, die soge­nann­ten „Neo­kon­ser­va­ti­ven“ sind blind­wü­ti­ge­re Kon­zils­be­to­nie­rer, als die soge­nann­ten „Alt­li­be­ra­len“. „Duc in alt­um..“, kann man ihnen allen nur zuru­fen. „Die Zei­chen der Zeit erken­nen..“, das ist doch eine belieb­te Phra­se der Kon­zi­lia­ren, war­um hal­ten sie sich nicht jetzt selbst dar­an, wo sich die Unzu­läng­lich­keit der Beschlüs­se des Kon­zils für das Glau­bens­le­ben und die Iden­ti­tät der Kir­che immer deut­li­cher offen­bart?! Hin­dert nie­mand, zum Glau­ben zu kommen!

  1. Na, das ist ja mal eine Nach­richt. Wenn das Datum „kehr­te im Herbst 2011“ zum tra­di­tio­nel­len Ritus zurück … stimmt und es wird erst ein Jahr spä­ter bekannt, dann bin ich erfreut, dass da offen­sicht­lich der geist­li­che Inhalt und nicht die Kir­chen­po­li­tik im Vor­der­grund stand. Dann fin­de ich es um so glaub­wür­di­ger. Mög­li­cher­wei­se kön­nen sich dann ja Maria­wald und Hohen­furt stüt­zen, denn bei­de Klö­ster fin­den ja in ihren Gemein­schaf­ten nicht gera­de enthu­sia­sti­sche Unter­stüt­zung. Aber Vor­sicht! Nicht dass man sich hier selbst ent­wur­zelt. Ich hal­te die Ein­bin­dung in die Gesamt­heit der Zister­zi­en­ser und Trap­pi­sten für höchst wich­tig. Schon in der Geschich­te hat sich das für die Zister­zi­en­ser als über­le­bens­wich­tig erwie­sen. Die Ver­ant­wort­li­chen soll­ten mit die­sem Schatz nicht leicht­fer­tig umge­hen. Was ech­te Tra­di­ti­on ist geht weit über das per­sön­li­che Wis­sen und Emp­fin­den des Ein­zel­nen hinaus.

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