Moslemisch-christliche Spannungen erreichen koptische Diaspora


(Ottawa/​Kairo) Nader Faw­zy, ein akti­ves Mit­glied der kop­tisch-ortho­do­xen Gemein­schaft in Kana­da wird von isla­mi­schen Grup­pen beschul­digt, gemein­sam mit Jac­ques Attal­la Autor des Ama­teur­films Inno­cence of Mus­lims über Moham­med zu sein. Der im Inter­net ver­brei­te­te Film löste zum Teil blu­ti­ge Reak­tio­nen in der isla­mi­schen Welt aus, die zur Ermor­dung des ame­ri­ka­ni­schen Bot­schaf­ters in Liby­en führ­te. Faw­zy weist den Vor­wurf strikt zurück und erklär­te, um sein Leben und das sei­ner Fami­lie zu fürch­ten. Aus die­sem Grund bat er die kana­di­sche Regie­rung um Per­so­nen­schutz. Ver­schie­de­ne isla­mi­sche Insti­tu­tio­nen haben eine Fat­wa gegen ihn aus­ge­spro­chen, wäh­rend die ägyp­ti­sche Regie­rung einen Haft­be­fehl gegen ihn erlas­sen hat. Der Haft­be­fehl trifft auch eine Rei­he ande­rer kop­ti­scher Ver­tre­ter in den USA und Kana­da, die ver­däch­tigt wer­den, an der Her­stel­lung des Films mit­ge­wirkt zu haben.

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Die Lage der Kop­ten in den USA ver­schlech­tert sich unter­des­sen zuse­hends. Bischof Sera­pi­on von der Diö­ze­se Los Ange­les, Süd­ka­li­for­ni­en und Hawai ver­ur­teil­te den Film. In sei­ner Diö­ze­se befin­det sich Nakou­la Bas­se­ley im Visier des FBI, das ihn für einen der Autoren des Films hält. Bas­se­lay ist ein gläu­bi­ger ortho­do­xer Kop­te der Gemein­de von Bell­flower unweit von Los Ange­les. Der Bischof wies in sei­ner Pres­se­er­klä­rung jede Ver­wick­lung der Gemein­schaft zurück, spiel­te aber auf eine „indi­vi­du­el­le Ver­ant­wor­tung“ an. Eine Ver­ur­tei­lung des Films kam auch von Bischof Ang­ae­los, der der kop­tisch-ortho­do­xen Gemein­schaft in Groß­bri­tan­ni­en vorsteht.

Die Fäl­le von Faw­zy und Bas­se­ley sind kei­ne Ein­zel­fäl­le. In Ägyp­ten nimmt die Ver­fol­gung der Chri­sten von Tag zu Tag zu . Ver­gan­ge­ne Woche berich­te­te die Tages­zei­tung al-Mas­ry al-Youm, daß in den Städ­ten Rafah und Arish im Nor­den der Sinai­halb­in­sel Flug­blät­ter auf­ge­taucht sind, mit denen den Chri­sten ein Ulti­ma­tum gestellt wur­de, die Städ­te zu ver­las­sen. Andern­falls wür­de man ihre Häu­ser in die Luft sprengen.

Dabei hat­te die kop­tisch-ortho­do­xe Kir­che vor weni­gen Wochen noch am Höhe­punkt der isla­mi­schen Pro­te­ste vor der Kathe­dra­le in Kai­ro gegen den Film pro­te­stiert . Die Kir­chen­füh­rung erklär­te damals, auch wei­ter­hin gemein­sam mit den Mos­lems gegen die Ver­höh­nung der Reli­gi­on pro­te­stie­ren zu wol­len. Die kirch­li­che Füh­rung war sich schnell der Explo­si­vi­tät der Ange­le­gen­heit bewußt, die in eine ohne­hin schon hoch deli­ka­te Situa­ti­on platz­te. Die Chri­sten Ägyp­tens ste­hen heu­te einer durch den „Ara­bi­schen Früh­ling“ an die Macht gebrach­ten isla­mi­sti­schen Mehr­heit im Par­la­ment gegenüber.

Die Lage für die ortho­do­xen Kop­ten ist wahr­schein­lich eine der schwie­rig­sten ihrer Geschich­te. Als größ­ter christ­li­cher Gemein­schaft betrifft ihre Ent­wick­lung die aller Chri­sten des Lan­des am Nil. Im März war erst Patri­arch She­nou­da III. gestor­ben, der seit 1971 die Kir­che lei­te­te und der die kop­ti­sche Dia­spo­ra in aller Welt orga­ni­sier­te. Heu­te befin­det sich die kop­ti­sche Gemein­schaft im Mit­tel­punkt der Nach-Mubarak-Zeit.

She­nou­da III., der unter Prä­si­dent Sadat in das Wüsten­klo­ster Sankt Bishoi ver­bannt war, hat­te sich skep­tisch über die Anti-Muba­rak-Pro­te­ste geäu­ßert. Er sah schwie­ri­ge Zei­ten für sei­ne Kir­che nach den revo­lu­tio­nä­ren Umbrü­chen vor­aus. Die im Okto­ber 2011 von Sol­da­ten bru­tal ermor­de­ten Kop­ten, die gegen einen Brand­an­schlag auf eine Kir­che pro­te­stier­ten, haben sich als Schreckens­bild im kol­lek­ti­ven Gedächt­nis der Chri­sten festgeschrieben.

Die Zusam­men­stö­ße zwi­schen Mos­lems und Chri­sten set­zen sich fort. Die Aus­wei­tung des Kon­flikts auf die kop­ti­sche Dia­spo­ra war nur eine Fra­ge der Zeit. Tat­säch­lich ist die star­ke kop­ti­sche Dia­spo­ra seit län­ge­rem ver­schie­de­nen ägyp­ti­schen Krei­sen außer­halb der christ­li­chen Gemein­schaft ein Dorn im Auge. Die Ver­su­che, sie zu kon­trol­lie­ren, ein­zu­schüch­tern oder zu kri­mi­na­li­sie­ren sind nicht neu, haben nun aber eine neue Qua­li­tät erreicht.

Im durch den „Ara­bi­schen Früh­ling“ „befrei­ten“ Ägyp­ten der Mos­lem­bru­der­schaft und der Sala­fiten wur­de Bis­hoy Kamel, ein kop­ti­scher Leh­rer, für eini­ge Kari­ka­tu­ren über Moham­med und den Staats­prä­si­den­ten zu sechs Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Eine Ver­ur­tei­lung die­ser Art gab es in Ägyp­ten seit Anfang des 20. Jahr­hun­derts nicht mehr.

Der kop­tisch-ortho­do­xe Bischof Paul bezeich­ne­te des­halb den Moham­med-Film als „dia­bo­lisch“, weil „Satan sich der Men­schen bedient“, um sich gegen die Reli­gi­on zu richten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cop­tic Literature

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