(Lemberg) Die Hälfte der Bewerber für den Eintritt in ein westukrainisches Priesterseminar mußten aus Platzmangel abgewiesen werden. In der Ukraine ist das nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Jaroslaw Pryriz, der Weihbischof der griechisch-katholischen Eparchie Sambir-Drohobytsch, erklärte in Königstein am internationalen Sitz des Päpstlichen Hilfswerks Kirche in Not, daß auf jeden Seminarplatz im katholischen Teil der Ukraine drei Bewerber kommen. In mehreren Orten der westlichen Ukraine erhalten zwei von drei Bewerbern keine Aufnahme in ein Priesterseminar, weil die Bischöfe und die Regenten der Seminare nicht wissen, wo sie die große Zahl der jungen Männer unterbringen sollen, die sich zum Priestertum berufen fühlen.
Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus ist die Zahl der Berufungen ständig gewachsen. Die Bischöfe der mit Rom unierten Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche haben daher ein strenges Auswahlverfahren eingeführt. Jeder Bewerber muß sich vier Aufnahmeprüfungen unterwerfen. Nur die Besten werden genommen, solange die Plätze reichen, und die seien viel zu wenige, so Weihbischof Pryriz.
Bereits 2001 veröffentlichte Kirche in Not den Dokumentarfilm Die Saat des Glaubens über den Glaubensaufbruch der Katholiken der Ukraine nach dem Ende der bolschewistischen Diktatur. Die mit Rom unierten griechischen Katholiken zelebrieren die Liturgie im byzantinischen Ritus. Sie konzentrieren sich vor allem auf die westlichen Gebiete der Ukraine, die bis zum Ersten Weltkrieg zum Kaiserreich Österreich gehörten. Seit 2011 steht Großerzbischof Syjatoslaw Schewtschuk von Kiew und Halytsch an der Spitze der griechisch-katholischen Kirche der Ukrainer.
Die Beziehungen zur russisch-orthodoxen Kirche sind traditionell gespannt. Die katholischen Ukrainer gelten den orthodoxen Russen wegen ihrer Union mit Rom als Abtrünnige, obwohl die im 16. Jahrhundert vollzogene Union das Moskauer Patriarchat gar nicht betraf. Während des Kommunismus wurden alle griechisch-katholischen Kirchen enteignet und – soweit sie Kirchen blieben – den Orthodoxen übergeben. Historisch nicht minder – wenn auch aus anderen Gründen – belastet war das Verhältnis zwischen den römisch-katholischen Polen und den orthodoxen Russen. Durch eine gemeinsame Erklärung des Moskauer Patriarchen Kyrill I. und des katholischen Primas von Polen, Josef Michalik wurde eine Entspannung erreicht. Gleiches hoffen und wünschen sich nun die griechischen Katholiken der Ukraine. Großerzbischof Schewtschuk erklärte am 19. August: „Es wäre mein innigster Wunsch, daß etwas Ähnliches auch in der Ukraine passiert. Das habe ich bereits mehrmals erklärt. Es wäre für uns sehr angenehm, wenn ein persönlicher Dialog auf der Ebene unserer Kirchen beginnen würde, damit der Patriarch von Moskau die UGKK als seinen Gesprächspartner anerkennt. Denn bisher spricht man über uns nur mit dem Heiligen Vater im Vatikan, und zwar fast immer ohne uns.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UGCC