(Vatikan/Menzingen) Nachdem Msgr. Bernard Fellay, der Generalobere der Piusbruderschaft am 13. Juni eine von der Glaubenskongregation neugefaßte „Doktrinelle Präambel“ zur Unterschrift vorgelegt bekam, trat für einen Monat bei den Versöhnungsgesprächen zwischen Rom und Econe ein Stillstand ein. Manche auf beiden Seiten sprachen bereits von einem Scheitern der Gespräche. Ein wenig freundlicher Schlagabtausch zwischen der Bruderschaft und dem neuen Präfekten der Glaubenskongregation tat das seine dazu.
Das Generalkapitel der Piusbruderschaft Anfang Juli endete mit einer Stärkung des Generaloberen, dem es gelang, die Einheit der Bruderschaft zu festigen. Über die Gespräche mit Rom wurde im Anschluß jedoch nichts Konkretes mitgeteilt. Ein Zeichen, daß die Gespräche noch nicht gescheitert sind. Die von Erzbischof Marcel Lefebvre 1970 ins Leben gerufene Priesterbruderschaft ist an der Reihe, Rom wegen der „Präambel“ vom 13. Juni zu antworten. Eine solche Antwort ist im Vatikan noch nicht eingegangen.
Kurienerzbischof Müller, neuer Glaubenswächter der katholischen Kirche ist in den nächsten Wochen auf Urlaub. Gleiches gilt für den mit der Causa Piusbruderschaft beauftragten Kurienerzbischof Di Noia und den Sekretär der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei. Msgr. Fellay könnte daher mit seiner Antwort noch abwarten. Im August geschieht im Vatikan in der Regel wenig. Grundsätzlich scheint von römischer Seite keine Absicht zu bestehen, zeitlichen Druck auszuüben.
Aus dem Umfeld der Glaubenskongregation heißt es, daß die auf der Vollversammlung der Glaubenskongregation im Mai behandelte Neufassung der Präambel von Papst Benedikt XVI. gutgeheißen wurde. Gleichzeitig wird der Behauptung widersprochen, die am 13. Juni von Kardinal Levada der Bruderschaft übergebene Fassung der Präambel entspreche substantiell wieder jener vom September 2011 und stelle daher einen Rückschritt dar, weil den Änderungsvorschlägen und Wünschen der Piusbruderschaft nicht Rechnung getragen worden sei.
Zwei Punkte der Präambel seien auf Wunsch des Papstes oder des Präfekten der Glaubenskongregation wieder in die Präambel eingefügt worden. Der erste Punkt betrifft die nachkonziliare Form des römischen Ritus, den Novus Ordo. Von den Lefebvrianern erwartet sich Rom nicht nur die Gültigkeit der neuen Messe anzuerkennen, sondern auch deren Rechtmäßigkeit. Das bedeute nicht, daß die liturgischen Mißbräuche nicht kritisiert und über die nachkonziliare Liturgiereform und deren Umsetzung nicht diskutiert werden könne.
Der zweite Punkt betrifft das Zweite Vatikanische Konzil. Im Vatikan gibt es starken Widerstand gegen die Vorstellung, daß Konzilsdokumenten auch nur in Teilen „Irrtümer“ zugeschrieben werden. Deshalb erwartet man sich von der Piusbruderschaft, zwischen den Konzilsdokumenten und ihrer Interpretation zu unterscheiden und anzuerkennen, daß das Lehramt von keiner anderen Instanz beurteilt werden könne, im konkreten Fall daher auch nicht von der Bruderschaft.
So treibt die Frage um, überspitzt formuliert, wo der gesunde katholische Weg liegt zwischen der Vorstellung, das Zweite Vatikanum sei eine Art „Super-Konzil“ oder gar ein „Super-Dogma“, obwohl es selbst nichts dergleichen für sich in Anspruch genommen hat, und der Vorstellung, der Piusbruderschaft komme die Rolle eines „Super-Lehramtes“ zu , das über dem kirchlichen Lehramt stünde.
„Ziel des Dialogs ist es, die Schwierigkeiten bei der Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils zu überwinden, aber wir können nicht über den geoffenbarten Glauben verhandeln, das ist unmöglich. Ein ökumenisches Konzil ist laut dem katholischen Glauben immer das höchste Lehramt der Kirche“, erklärte der neue Glaubenspräfekt, Kurienerzbischof Müller in einem EWTN-Interview. Ausdrücklich fügte er noch hinzu: „Die Behauptung, daß die authentischen Lehren des Zweiten Vatikanum im Widerspruch zur Tradition der Kirche stünden, ist falsch“.
Während man in Rom auf die Antwort von Msgr. Fellay wartet, findet das bruderschaftsinterne Rundschreiben an alle Oberen große Aufmerksamkeit, das – einmal mehr – durch Indiskretionen umgehend im Internet veröffentlicht wurde. Pater Christian Thouvenot, der Sekretär des Generaloberen faßte darin die beim jüngsten Generalkapitel festgelegte Vorgangsweise zusammen. Es wurden drei unverzichtbare Voraussetzungen für eine Einigung mit Rom formuliert „sine qua non“ eine Versöhnung nicht möglich sei. Die Formulierungen, wie man in Rom feststellte, lassen Spielraum für Verhandlungen. Unter anderem wird die Forderungen bekräftigt, daß die Bruderschaft und ihre Priester ausschließlich in der klassischen Form des römischen Ritus zelebrieren dürfen, aber nichts bezüglich der Rechtmäßigkeit der ordentlichen Form des römischen Ritus gesagt.
Auch die Forderung nach freier und öffentlicher Kritik an den „Irrtümern oder den Neuheiten des Modernismus, des Liberalismus, des Zweiten Vatikanischen Konzils und deren Folgen“ könnte letztlich weniger hart gelesen werden, als es auf den ersten Blick wirken mag. „Alles wird von der Antwort abhängen, die Msgr. Fellay Rom übermittelt“, wie im Vatikan, so der Vatikanist Andrea Tornielli, auf Anfrage in diesen Tagen ständig wiederholt werde.
Die Forderung nach einem exemten Status, der die Piusbruderschaft dem Einfluß der Diözesanbischöfe entzieht, das Zugeständnis einen Bischof an der Spitze haben zu dürfen und andere Fragen mehr, gelten in Rom als „lösbar“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Le Barroux
Mal wieder ein positives Lichtzeichen … schön! Es bleibt dafür zu beten, dass es zu einer positiven und für beide Seiten annehmbaren Lösung kommt.
Marius Augustin
Als Sympathisant der Piusbruderschaft, der aber ihre Dienste nur im Notfall annehmen würde, sehe ich für sie die Gefahr einer lutherischen Sturheit und Verhärtung, die nicht recht ist.
Das Lehramt liegt beim Papst. Und sonst bei niemandem.
Es ist nichts gewonnen, wenn die derzeit vorhandene Chance vertan wird. Die Piusbrüder sollten nicht übersehen, daß mit ihrer „Sanierung“ die konservativen Kräfte um den Papst herum eine deutliche Stärkung erfahren würden. Dann dürften sich die Altbackenen erheblich schwerer tun, das große Wort zu führen.
@Konrad Georg
sie haben vollkommen recht. Würde die FSSPX wieder voll in die Kirche aufgenommen wäre das eine ungeheure Stärkung für den konservativen Katholizismus um den Hl. Vater, was eine Behebung der Kirchenkrise bei weitem beschleunigen würde.
Im Gegenzug wird es wohl aber leider auch so sein, daß wenn die Verhandlungen scheitern und es womöglich noch zur Konstruktion einer levebrianischen Häresie käme (Gott verhüte das!), dann würde gerade in Europa und der sog. „zivilisierten westl. Welt“, wieder auf Jahre hin der Progeressismus zementiert, so daß man jeden papsttreuen und traditonsbewußten Katholiken mit die Häretikerecke zu stellen versuchen wird, um ihn mundtot zu machen. Das würde sich genauso negativ auswirken, wie sich eine Einigung posiv auswirken würde. Beten wir für die Einigung.
„Das Generalkapitel der Piusbruderschaft Anfang Juli endete mit einer Stärkung des Generaloberen, dem es gelang, die Einheit der Bruderschaft zu festigen.“
In der Grundsatzerklärung des Generalkapitels heißt es hingegen: „Es wurde festgelegt, dass in diesem Fall (Abkommen mit Rom, Anm. von mir) vorher ein außerordentliches, beschließendes Kapitel einberufen wird.“
Das galt bereits seit dem Oberentreffen in Albano Laziale. Bischof Fellay hat ein Verhandlungsmandat. Die Letztentscheidung trifft das Generalkapitel.
S.E. Erzbischof Lefebvre hat dieses Abkommen angenommen und mit der Begründung zurückgewiesen, er bekomme keinen Bischof und mache das nun selbst…
„Text der doktrinalen Deklaration
Ich, Marcel Lefebvre, emeritierter Erzbischof-Bischof von Tulle sowie Mitglied der von mir gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X.,
1. verspreche der katholischen Kirche und dem Bischof von Rom, ihrem Obersten Hirten, dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger des hl. Petrus und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe, immer treu zu sein;
2. erkläre, die in Nummer 25 der Dogmatischen Konstitutionen „Lumen Gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils enthaltene Lehre über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung anzunehmen.
3. Hinsichtlich gewisser, vom Zweiten Vatikanischen Konzil gelehrten Punkte oder gewisser nach dem Konzil erfolgten Reformen der Liturgie und des Kultes, die uns mit der Tradition schwer vereinbar erscheinen, verpflichten wir uns, bei deren Studium und einem Vorbringen beim Heiligen Stuhl eine positive Haltung einzunehmen und jede Polemik zu vermeiden.
4. Wir erklären außerdem, die Gültigkeit des Meßopfers und der Sakramente anzuerkennen, die mit der Intention das vollbringen, was die Kirche vollbringt und nach den Riten zelebriert werden, die in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. promulgierten offiziellen Ausgaben des römischen Meßbuches und den Ritualen für die Sakramente enthalten sind.
5. Schließlich versprechen wir, die allgemeine Disziplin der Kirche und die kirchlichen Gesetze zu achten, insbesondere die Gesetze des von Papst Johannes Paul II. promulgierten Kirchlichen Gesetzbuches, ungeachtet der der Bruderschaft durch ein besonderes Gesetz eingeräumten Sonderdisziplin. “
siehe
http://www.fsspx.at/index.php?option=com_content&view=article&id=13&Itemid=14&show=214
Wie gesagt S.E. Erzbischof Lefebvre hat es so unterschrieben und sich damit zufrieden gegeben, wenigstens was das betrifft… aber deshalb widerrufen:
„(…)Trotz dieser Enttäuschungen habe ich am 5. Mai das Protokoll unterzeichnet. Aber bereits der Zeitpunkt der Bischofskonsekration wird zum Problem.( …)“
So ist es offiziell vermerkt. S.E. Erzbischof Lefebvre war keineswegs ein Sedesvakantist.
siehe
http://pius.info/erzbischof/dokumente/234-kommuniqu%C3%A9_%28widerruf_des_protokolls%29__1988
S:E Erzischof Lefebvre war durch und durch katholisch und pragmatisch.
ER WAR EIN MANN DER KIRCHE!
Und manche Hardliner, die meinen „lefebristischer“ zu sein als Lefebvre…
oder „päpstlicher“ als der Papst sollten vielleicht erst einmal die offiziellen Texte lesen, bevor sie ihren Angriffe, Egoismen, Kränkungen öffentlich mit in die Diskussion einbringen.
Sentire CUM Ecclesia…heißt auch Liebe zur Kirche.
S.E. Erzbischof Lefebvre war nicht nur ein guter Repräsentant in der Öffentlichkeit, sondern eben auch klug.
Sowohl Pater Schmidberger als auch S.E. Bischof Fellay wissen das ganz genau.
Papst Benedikt XVI. meint es ehrlich, meinen Professor May und S.E. Bischof Fellay. und viele andere.
Vielleicht erst einmal über die präambel nachdenken, die S.E. Erzbischof Lefebvre unterschrieben hat. Die Begründung des Widerrufs war eine pragmatische!
ER WAR EIN GROSSER MANN DER KIRCHE!
Wahrscheinlich kommt der Vatikan unter Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI.
Fortsetzung:
VIELLEICHT kommt der Vatikan unter Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. in praktischen Dingen der Priesterbruderschaft Sankt Pius X. noch mehr entgegen als damals.
Viele scheinen zu vergessen, dass es nicht um ein „Super-Lehramt“ der fsspx geht, sondern um das Lehramt der Kirche.
Quanta Cura und der Syllabus ist Teil des Lehramtes der Kirche (und letzterer hat einen extrem hohen Verbindlichkeitsgrad, manche halten ihn für direkt unfehlbar).
DH des 2. Vat. widerspricht nun diesem Lehramt direkt.
Also nicht dem „[Super-]Lehramt“ der Bruderschaft sondern dem der Kirche.
Und man komme jetzt bitte nicht mit Hermeneutik. – Zu diesem modernen Ansatz, klare Aussagen zu „hermeneutisieren“ und Widersprüche wegzuinterpretiren vgl. hier auf katholisches.info Dr. Obenauers hervorragenden Artikel zu Müller und zum Problem des modernen „Hermeneutismus“!
(Ja, in der Tat eine Krankheit. Eine Geisteskrankheit!)
Im Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft für den deutschen Sprachraum Dezember 2011 wird die Bitte von ca. 40 italienischen Intellektuellen veröffentlicht um eine vertiefte Untersuchung des II. Vatikanischen Konzils. Es werden 14 Fragen hierzu gestellt, die verdeutlichen, dass Konzilsaussagen mit der Lehrtradition der Kirche schwer in Einklang zu bringen sind.
Clemens Victor Oldendorf weist in einem lesenswerten Aufsatz (Webseite Summorum Pontificum) darauf hin, dass in Dei Verbum 8 der Eindruck entsteht, dass die Bischöfe als Nachfolger der Apostel die Überlieferung nicht nur auszulegen haben, sondern über das Charisma verfügten, diese inhaltlich im Sinne eines Fortschrittes weiterzuführen. Man kann DV 8 nachlesen, es stimmt.
Es geht dann nicht mehr nur um die Entfaltung der geoffenbarten Wahrheit, sondern um eine mit dem Tod der Apostel unabgeschlossene, defizitäre Offenbarung, die sich vollendet am Ende der Zeiten. Ein klarer Verstoß gegen die katholische Lehre.
Fortsetzung…
Fortsetzung:
Ich denke, nicht nur die Piusbruderschaft, sondern alle Katholiken haben ein Recht darauf, dass sich das Lehramt hierzu verbindlich äußert.
Niemand, der bei Verstand ist, wird das Konzil für ungültig erklären. Darum geht es nicht. Es gibt aber Konzilsaussagen, die kritisch überprüft werden müssen vom Lehramt. Diese Überprüfung steht aus. Dank Benedikt XVI. wird das wenigstens nicht mehr tabuisiert. Aber das ist der wichtige erste Schritt. Dem müssen weitere folgen.
Ich sehe nicht, dass die FSSPX einen „Privatkrieg“ gegen Rom und das II. Vatikanum führt. Denn wie das Konzil auszulegen ist, geht alle Katholiken an. Es geht um unseren Glauben. Der nach den Worten vom Heiligen Vater immer mehr verdunstet.
Die Kirche scheint sich über ihre Tradition und damit über ihre Identität nicht mehr klar zu sein. Solange geht der Glaubensschwund weiter.
Dafür kann ich die FSSPX am wenigsten verantwortlich machen. Dass sie sich dagegenstemmt, dafür bin ich ihr ausdrücklich dankbar.