Don Nicola Bux und die Vorwürfe gegen Erzbischof Müller – „Piusbruderschaft soll Papst vertrauen“


(Vati­kan) Seit im Vor­jahr bekannt wur­de, daß der Regens­bur­ger Bischof Ger­hard Lud­wig Mül­ler von Papst Bene­dikt XVI. in die enge­re Aus­wahl für die Nach­fol­ge von Wil­liam Kar­di­nal Leva­da als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on genom­men wur­de, wur­den eini­ge kur­ze Zita­te aus Ver­öf­fent­li­chun­gen des deut­schen Dog­ma­ti­kers in Umlauf gebracht. Ziel war es, sei­ne Ernen­nung zu ver­hin­dern. Pünkt­lich zur erfolg­ten Ernen­nung wur­den sie nun erneut prä­sen­tiert. Die Ver­brei­tung erfolg­te anfangs durch anony­me E‑Mails, dann durch Arti­kel im Inter­net, inzwi­schen offi­zi­ell durch die Pius­bru­der­schaft in ver­schie­de­nen Spra­chen mit einem doch mehr oder weni­ger deut­li­chen Häresie-Vorwurf.

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Die Zita­te sind miß­ver­ständ­lich, wie an ande­rer Stel­le hier bereits geschrie­ben. Es scheint den­noch in den nun vor­ge­brach­ten Vor­wür­fen etwas an bewuß­ter Front­bil­dung mit­zu­schwin­gen. Wie­viel Hei­li­ge haben enor­me Ent­wick­lun­gen in ihrem Leben durch­ge­macht, von ihrem Rin­gen um die Wahr­heit erst gar nicht zu spre­chen. Jüngst wur­de sogar nahe­ge­legt, der hei­li­ge Augu­sti­nus, Kir­chen­leh­rer und Kir­chen­va­ter, sei in sei­nen alten Tagen noch zum Häre­ti­ker gewor­den. Pela­gi­us wür­de sich dar­über freu­en und aus­ru­fen, seht, ich hat­te doch recht. Tat­sa­che ist aber, daß Pela­gi­us von der Kir­che ver­ur­teilt wur­de und nicht Augustinus.

Die Zita­te ste­hen im Raum und ange­sichts der zen­tra­le Auf­ga­be, die Papst Bene­dikt XVI. dem nun­meh­ri­gen Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler anver­trau­te, ist eine theo­lo­gi­sche Aus­ein­an­der­set­zung der Wahr­heit und der klä­ren­den Prä­zi­si­on wegen immer angebracht.

Erz­bi­schof Mül­ler, bald Kar­di­nal und künf­ti­ger Papst­wäh­ler, hat die Mög­lich­keit dies selbst in einer Pre­digt zu tun. Man darf von ihm die­se berei­ni­gen­de Grö­ße durch­aus erwar­ten, und sei es nur, um unan­ge­brach­te Kri­tik zum Schwei­gen zu bringen.

Einer der sich mit den als Vor­wür­fen ver­brei­te­ten Zita­ten aus­ein­an­der­setz­te, ist der Lit­ur­gi­ker Don Nico­la Bux, ein gro­ßer För­de­rer der lit­ur­gi­schen Erneue­rung durch Papst Bene­dikt XVI. und der Alten Messe.

Don Bux, der unter ande­rem auch Con­sul­tor der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ist, wur­de vom Vati­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li dar­um gebe­ten. Ein­schrän­kend schickt Don Bux vor­aus, daß es sich dabei natür­lich den Umstän­den ent­spre­chend nur um einen schnel­len Ana­ly­se­ver­such han­deln kön­ne. Katho​li​sches​.info ver­öf­fent­licht das Inter­view als Dis­kus­si­ons­bei­trag in deut­scher Übersetzung.

In sei­nem Buch „Katho­li­sche Dog­ma­tik für Stu­di­um und Pra­xis“, Frei­burg 2003, S. 498 schrieb Bischof Mül­ler „Es geht nicht um abwei­chen­de phy­sio­lo­gi­sche Beson­der­hei­ten in dem natür­li­chen Vor­gang der Geburt …“.

Der Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che stellt fest, daß die kör­per­li­che Unver­sehrt­heit der Jung­fräu­lich­keit zu jedem Zeit­punkt gege­ben war, da Jesus nicht durch männ­li­chen Samen, son­dern durch das Wir­ken des Hei­li­gen Geist gezeugt wur­de. Sie ist ein gött­li­ches Werk, das das mensch­li­che Fas­sungs­ver­mö­gen über­steigt. Die Kir­che bekennt die rea­le und immer­wäh­ren­de Jung­fräu­lich­keit Mari­ens, dringt aber nicht in die phy­si­schen Details ein, noch scheint mir, daß die Kon­zi­le und die Väter etwas ande­res gesagt haben.

In die­sem Sinn scheint mir, ist auch zu ver­ste­hen, was Mül­ler geschrie­ben hat, der nicht eine „Leh­re“ ver­tritt, die das Dog­ma der immer­wäh­ren­den Jung­fräu­lich­keit Mari­ens leug­net, son­dern vor einem gewis­sen, sagen wir Kaphar­nais­mus warnt, das heißt jener Art, „nach dem Fleisch“ zu den­ken und nicht „nach dem Geist“, wie sie bereits in Kaphar­na­um am Ende von Jesu Rede über das Brot des Lebens unter den Juden auftrat.

2002 schrieb Mül­ler im Buch „Die Mes­se. Quel­le christ­li­chen Lebens“, Augs­burg, S. 139f: „In Wirk­lich­keit bedeu­ten Leib und Blut Chri­sti nicht die mate­ri­el­len Bestand­tei­le des Men­schen Jesus wäh­rend sei­ner Lebens­zeit oder in der ver­klär­ten Leib­lich­keit. Leib und Blut bedeu­ten hier viel­mehr Gegen­wart Chri­sti im Zei­chen des Medi­ums von Brot und Wein.“

Gera­de in Kaphar­na­um wur­den die von Jesus gebrauch­ten Begrif­fe Fleisch und Blut auf anthro­po­mor­phe Wei­se miß­ver­stan­den, auch von den Jün­gern, die Anstoß dar­an nah­men, und der Herr muß­te ihren geist­li­chen Sinn erklä­ren, was nicht bedeu­tet, daß sei­ne Prä­senz dadurch weni­ger real, wahr und sub­stan­ti­ell wäre. Man schaue sich dazu den Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che an. Der hei­li­ge Kir­chen­va­ter Ambro­si­us sagt, daß es sich nicht um das durch die Natur geschaf­fe­ne Ele­ment han­delt, son­dern um die durch die Kon­se­kra­ti­ons­for­mel geschaf­fe­ne Sub­stanz: die Natur selbst wird ver­wan­delt, des­halb sind Fleisch und Blut das Wesen Jesu. Das Kon­zil von Tri­ent sagt, daß in der Eucha­ri­stie unser Herr, wah­rer Gott und wah­rer Mensch „sub­stan­ti­ell“ gegen­wär­tig ist. Er ist sakra­men­tal mit sei­ner Sub­stanz gegen­wär­tig, eine myste­riö­se Form des Seins, annehm­bar durch den Glau­ben und mög­lich durch Gott.

Der hei­li­ge Tho­mas von Aquin sag­te, daß die Art der „Sub­stanz“ und nicht jene der „Quan­ti­tät“ die Gegen­wart Chri­sti im Sakra­ment der Eucha­ri­stie aus­macht. Brot und Wein in ihrer sicht­ba­ren Gestalt ver­mit­teln unse­ren Zugang zur „Sub­stanz“, was in erster Linie in der Kom­mu­ni­on geschieht. Das Kon­zil von Tri­ent sieht jeden­falls kei­nen Wider­spruch zwi­schen der natür­li­chen Form der Gegen­wart Chri­sti im Him­mel und jener sakra­men­ta­len Gegen­wart an vie­len ande­ren Orten. Dies alles wur­de von Paul VI. in sei­ner lei­der weit­ge­hend ver­ges­se­nen Enzy­kli­ka Myste­ri­um Fidei bekräftigt.

Zum Pro­te­stan­ten­tum und dem ein­zi­gen Heils­weg erklär­te Mül­ler im Okto­ber 2011: “ Die Tau­fe ist das grund­le­gen­de Zei­chen, das uns sakra­men­tal in Chri­stus eint und vor der Welt als die eine Kir­che sicht­bar macht. Wir sind als katho­li­sche und evan­ge­li­sche Chri­sten also auch in dem schon ver­eint, was wir die sicht­ba­re Kir­che nennen.“

Der hei­li­ge Augu­sti­nus ver­tei­dig­te gegen die Dona­ti­sten die Wahr­heit, daß die Tau­fe ein unzer­stör­ba­res Band ist, das die Geschwi­ster­lich­keit zwi­schen den Chri­sten selbst dann nicht auf­hebt, wenn sie Schis­ma­ti­ker oder Häre­ti­ker sind. Heu­te fürch­tet man in der Kir­che lei­der die Dis­kus­si­on und geht statt­des­sen mit The­sen und Scher­ben­ge­richt vor gegen jene, die anders den­ken. Ich bezie­he mich natür­lich auf die Theo­lo­gie, die dis­ku­tier­bar ist.

Letzt­lich zieht auch die dok­tri­nel­le Ent­wick­lung Nut­zen aus der Dis­kus­si­on. Ver­bes­ser­te Argu­men­te sind auch über­zeu­gen­der. Bei den Vor­wür­fen gegen Msgr. Mül­ler reißt man aus dem Kon­text. So ist es leicht, jeden zu ver­ur­tei­len. Ein wah­rer Katho­lik muß auch auf die Auto­ri­tät des Pap­stes ver­trau­en, immer. Beson­ders bei Bene­dikt XVI. den­ke ich, daß er genau weiß, was er tut. Und ich möch­te die Ein­la­dung an die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. erneu­ern, dem Papst zu vertrauen.

Es heißt, der neue Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sei bis­her dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum nicht beson­ders wohl­ge­son­nen gewesen.

Ich bin über­zeugt, daß er die Grün­de ver­ste­hen wird, die den Papst ver­an­laßt haben, es zu ver­kün­den und daß er nach dem Geist und dem Buch­sta­ben des Motu pro­prio han­deln wird. Was die Zita­te von Msgr. Mül­ler anbe­langt, über die wir spra­chen, gehö­ren sie alle sei­ner Zeit als Theo­lo­ge an und ein Theo­lo­ge pro­du­ziert kei­ne Glau­bens­leh­re, jeden­falls nicht direkt. Als Bischof muß er hin­ge­gen nicht sei­ne Leh­re, son­dern die Glau­bens­leh­re der Kir­che ver­tei­di­gen und ver­brei­ten und ich den­ke, daß er das auch getan hat. Als Prä­fekt wird er dies unter der Lei­tung des Pap­stes tun.

Text: Inter­view von Andrea Tornielli
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: ACIPrensa/​Vatican Insider

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