Fellay: „Rom hat sich geändert, nicht wir“ – Personalprälatur wie Militärordinariate als Zukunft für Piusbruderschaft


(Menzingen/​Vatikan) „Die offi­zi­el­le Kir­che hat sich geän­dert, nicht wir.“ Das ist die Kern­aus­sa­ge des jüng­sten Inter­views von Msgr. Ber­nard Fel­lay, des Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zusam­men­fas­send. Das Inter­view wur­de gestern in fran­zö­si­scher, eng­li­scher und ita­lie­ni­scher Spra­che vom Pres­se­dienst DICI der Bru­der­schaft veröffentlicht.

Entscheidet Papst Benedikt XVI. im Juli?

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„Gott weiß alles zum Besten jener zu nüt­zen, die Ihn lie­ben, selbst Ver­spä­tun­gen.“ So bringt der Gene­ral­obe­re in dem aus­führ­li­chen Gespräch den Stand der Ver­söh­nungs­ge­sprä­che zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Pius­bru­der­schaft auf den Punkt, deren end­gül­ti­ge Lösung für Ende Mai erwar­tet wor­den war. Msgr. Fel­lay nennt auch einen neu­en Zeit­plan: „Man­che sagen, daß der Papst die Ange­le­gen­heit im Juli in Castel­gan­dol­fo ange­hen wird.“

„Anerkennung des Konzils keine Bedingung mehr für kanonische Lösung“

Der Gene­ral­obe­re gab auch bekannt, daß es zu den Gesprä­chen über die Glau­ben­leh­re und der kano­ni­schen Errich­tung der Pius­bru­der­schaft eine Neu­ig­keit gibt: „Rom macht die vol­le Aner­ken­nung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils nicht mehr zur Bedin­gung für eine kano­ni­sche Lösung. Heu­te gibt es in Rom auch die Posi­ti­on, daß ein unter­schied­li­ches Ver­ständ­nis des Kon­zils für die Zukunft der Kir­che nicht ent­schei­dend ist, weil die Kir­che nicht nur das Kon­zil ist.“

„Die Hal­tung der offi­zi­el­len Kir­che hat sich geän­dert, nicht wir. Nicht wir haben um eine Ver­ein­ba­rung gebe­ten. Es ist der Papst, der uns aner­ken­nen will.“ Und Bene­dikt XVI. will es tun, wenn es auch noch auf „dok­tri­nel­ler Eben“ kei­ne völ­li­ge Eini­gung gibt, weil „es äußerst wich­ti­ge Pro­ble­me in der Kir­che von heu­te gibt“, so Msgr. Fellay.

„Vatikanische Stellen wollen Irrtümer des Konzils beheben: Wir können das beim Priestertum beobachten“

Was die Hal­tung zum Kon­zil betrifft, füg­te der Gene­ral­obe­re wich­ti­ge Fest­stel­lun­gen über eine angeb­li­che Kurs­än­de­rung der vati­ka­ni­schen Stel­len hin­zu. „Die offi­zi­el­len Stel­len wol­len nicht die Irr­tü­mer des Kon­zils aner­ken­nen, sie wer­den nicht expli­zit sagen. Wenn wir aber zwi­schen den Zei­len lesen, kann man erken­nen, daß sie eini­ge die­ser Irr­tü­mer behe­ben wol­len.“ Als Bei­spiel nann­te Msgr. Fel­lay die „neue Auf­fas­sung vom Prie­ster­tum“, die, so der Gene­ral­obe­re, mit dem Kon­zil „das Erschei­nungs­bild des Prie­sters demo­liert“ habe.

„Heu­te sehen wir deut­lich, daß die römi­schen Stel­len die wah­re Auf­fas­sung vom Prie­ster­tum wie­der­her­zu­stel­len ver­su­chen. Wir haben das bereits wäh­rend des Prie­ster­jah­res gese­hen, das 2010/​2011 statt­fand. Jetzt ist das Herz-Jesu-Fest als Tag der Hei­li­gung der Prie­ster gewid­met. Zu die­sem Anlaß wur­de ein Schrei­ben und eine Gewis­sens­er­for­schung für die Prie­ster ver­öf­fent­licht. Man könn­te mei­nen, daß sie die­se Gewis­sens­er­for­schung in Eco­ne geholt haben, weil es ein­deu­tig in Über­ein­stim­mung mit der Spi­ri­tua­li­tät vor dem Kon­zil ist. Die­se Über­ar­bei­tung bie­tet das tra­di­tio­nel­le Bild des Prie­sters, ein­schließ­lich sei­ner Rol­le in der Kirche.“

Konzil brachte nicht positive Entwicklung, sondern „stille Apostasie“

„Damit sind noch nicht alle Pro­ble­me besei­tigt“, so der Gene­ral­obe­re, „und es gibt noch gro­ße Schwie­rig­kei­ten in der Kir­che: der Öku­me­nis­mus, Assi­si, die Reli­gi­ons­frei­heit“, aber „die Lage ändert sich.“ Zu den „dok­tri­nel­len Pro­ble­men“, die für die Lefeb­vria­ner beson­ders wich­tig sind, mein­te Msgr. Fel­lay unter ande­rem, daß die Neue­run­gen des Kon­zils nicht zu einer posi­ti­ven Ent­wick­lung der Kir­che, der Beru­fun­gen und der reli­giö­sen Pra­xis bei­getra­gen hät­ten, son­dern viel­mehr eine „stil­le Apo­sta­sie“ fest­stell­bar sei.

Piusbruderschaft braucht in der Kirche „Redefreiheit und Handlungsfreiheit“

„Wenn wir den Schatz der Tra­di­ti­on für das See­len­heil frucht­brin­gend machen wol­len, müs­sen wir reden und han­deln. Wir brau­chen die­se dop­pel­te Frei­heit der Rede und der Akti­on.“ Mit ande­ren Wor­ten, auch nach einer kano­ni­schen Aner­ken­nung „wer­den die dok­tri­nel­len Schwie­rig­kei­ten von uns betont wer­den, doch mit Hil­fe einer Lek­ti­on, die von den Fak­ten selbst kommt, von den greif­ba­ren Zei­chen der Vita­li­tät der Tradition“.

Was die Les­art des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils anbe­langt, bekräf­tigt Msgr. Fel­lay die Linie von Erz­bi­schof Lefeb­v­re, jene, das Kon­zil im Licht der Tra­di­ti­on zu lesen: „Das, was vom Kon­zil in Über­ein­stim­mung mit der Tra­di­ti­on ist, akzep­tie­ren wir. Das, was zwei­fel­haft ist, ver­ste­hen wir so, wie es die Tra­di­ti­on es immer gelehrt hat. Das, was im Wider­spruch steht, leh­nen wir ab.“

Zur internen Opposition: „Kirche nicht im Stich lassen, sondern Kampf für die Wahrheit in ihrem Inneren aufnehmen“

Zur Oppo­si­ti­on inner­halb der Bru­der­schaft gegen eine Ver­söh­nung mit Rom sag­te der Gene­ral­obe­re: „Eine der Haupt­ge­fah­ren ist es, eine Vor­stel­lung von der Kir­che zu erfin­den, die ide­al scheint, aber nicht in der wah­ren Geschich­te der Kir­che ver­an­kert ist“. Es genü­ge einen Blick in die Ver­gan­gen­heit zu wer­fen, um fest­zu­stel­len, daß „fast immer Irr­tü­mer in der Kir­che ver­brei­tet waren. Die gro­ßen Erneue­rer haben sie nicht nicht im Stich gelas­sen, um gegen die­se Irr­tü­mer zu kämp­fen. Unser Herr hat uns gelehrt, daß es immer Zwie­tracht geben wer­de bis zum Ende der Zei­ten“. Des­halb habe auch die Bru­der­schaft im Inne­ren des kirch­li­chen Kör­pers „einen Kampf, Kör­per an Kör­per im Dienst der Wahr­heit“ auf sich zu nehmen.

„Bin überzeugt, daß Rom der Bruderschaft keine Falle stellt“

Msgr. Fel­lay bekräf­tig­te auch, nicht die Ansicht jener zu tei­len, die behaup­ten, die römi­schen Stel­len wür­den der Bru­der­schaft nur eine Fal­le stel­len: „Per­sön­lich bin ich über­zeugt, daß dem nicht so ist.“ Es sei „der Papst, der uns wirk­lich die­se kano­ni­sche Aner­ken­nung geben will und er bie­tet es uns nicht als Fal­le an“. Viel­mehr gab der Gene­ral­obe­re bekannt, des­sen sicher zu sein, weil er Kon­tak­te „mit den eng­sten Mit­ar­bei­tern“ Bene­dikts XVI. habe.

Was die Posi­tio­nen der ande­ren drei Bischö­fe der Bru­der­schaft anbe­langt, die einer Eini­gung sehr kri­tisch gegen­über­ste­hen sol­len, gab sich Msgr. Fel­lay zuver­sicht­lich. „Ich schlie­ße die Mög­lich­keit einer Ent­wick­lung nicht aus.“

„Piusbruderschaft bräuchte Personalordinariat mit den Rechten von Militärordinariaten“

Zur kano­ni­schen Lösung für die Pius­bru­der­schaft und das Ver­hält­nis mit den Diö­ze­san­bi­schö­fen prä­zi­sier­te er: „Soll­te uns eine Per­so­nal­prä­la­tur gege­ben wer­den, wäre unse­re Situa­ti­on nicht die­sel­be des Opus Dei. Ich mei­ne, daß unse­re Situa­ti­on viel eher der eines Mili­tär­or­di­na­ri­ats ent­sprä­che, weil wir damit eine ordent­li­che Juris­dik­ti­on über die Gläu­bi­gen bekä­men. Wir wären so etwas wie Diö­ze­sen, deren Juris­dik­ti­on sich auf alle ihre Gläu­bi­gen aus­dehnt, unab­hän­gig von der ter­ri­to­ria­len Situa­ti­on. Allen Kapel­len, Kir­chen, Prio­ra­ten, Schu­len und Wer­ken der Bru­der­schaft und der mit ihr ver­bun­de­nen Ordens­ge­mein­schaf­ten wür­de eine wah­re Auto­no­mie zur Aus­übung ihres Amtes gewährt.“

In sei­nem Inter­view mach­te Msgr. Fel­lay als Gene­ral­obe­rer der Pius­bru­der­schaft eine kla­re Bestands­auf­nah­me der der­zei­ti­gen Situa­ti­on, bekräf­tig­te die Posi­tio­nen der von Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re gegrün­de­ten Bru­der­schaft und beton­te die Ziel­set­zun­gen und Erwar­tun­gen der Tra­di­tio­na­li­sten, die in die vol­le Ein­heit mit dem Hei­li­gen Stuhl zurück­keh­ren wol­len, ohne dabei die fort­be­stehen­den Schwie­rig­kei­ten über die Inter­pre­ta­ti­on des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils klein zu reden. Soll­te der von Msgr. Fel­lay genann­te Zeit­plan zutref­fen, wird der Som­mer die erwar­te­te Ent­schei­dung durch einen wohl­wol­len­den Papst Bene­dikt XVI. bringen.

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild: Sabi­ne Fischer

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