Woelki, Schönborn: Bischöfe und Medien – Von Mißverständnissen und Präzisierungen


von Giu­sep­pe Nardi

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(Ber­lin) Die „Öff­nung“ von Kar­di­nal Rai­ner Maria Woel­ki Rich­tung Homo­se­xu­el­len oder zumin­dest „in fester Bezie­hung leben­den Homo­se­xu­el­len“ ging inzwi­schen ein­mal um die Welt. Zumin­dest im Westen gibt es wohl kein Land, des­sen Medi­en die „Sen­sa­ti­on“ nicht wahr­ge­nom­men hät­ten. Da war gera­de der Wir­bel um die umstrit­te­ne Bestä­ti­gung eines homo­se­xu­el­len Pfarr­ge­mein­de­rats durch Wiens Erz­bi­schof Chri­stoph Kar­di­nal Schön­born abge­klun­gen, da sprang der Fun­ken schon von Wien nach Ber­lin über. Bes­ser gesagt funk­te es am Katho­li­ken­tag in Mann­heim. Um genau zu sein, erfolg­te Kar­di­nal Schön­borns „Prä­zi­sie­rung“ sei­ner Hal­tung, nicht zufäl­lig in Rom, am sel­ben Tag, als Kar­di­nal Woel­ki in Mann­heim „unprä­zi­se“ for­mu­lier­te. Media­le Bös­wil­lig­keit? Per­fek­tes Timing? Eine Pan­ne nach der ande­ren? Wer berät die Bischö­fe eigent­lich in Medienfragen?

Geschehen die Dinge so, weil man es so will? – Wer berät Bischöfe in Medienfragen?

Kar­di­nal Schön­born prä­zi­sier­te in Rom, daß sich an der Hal­tung der katho­li­schen Kir­che zur Homo­se­xua­li­tät „nichts geän­dert“ habe und auch nichts ändern wer­de. Der Pres­se­spre­cher von Kar­di­nal Woel­ki prä­zi­sier­te eben­falls umge­hend, nach­dem die Medi­en die „Öff­nung“ posaunten.
Nun, die Rich­tig­stel­lung von Woel­kis Pres­se­spre­cher war wie­der­um so gehal­ten, daß sie einer „Prä­zi­sie­rung“ bedürf­te. Man könn­te zum Schluß kom­men, daß die Din­ge so gesche­hen, wie sie gesche­hen, weil man es so will.

„Wann lernen Bischöfe präzise zu sprechen?“

„Wann ler­nen die Bischö­fe, so prä­zi­se zu spre­chen, daß anschlie­ßend kei­ne Prä­zi­sie­run­gen not­wen­dig sind?“, frag­te mich ein empör­ter Freund, der nach der Prä­zi­sie­rung durch Kar­di­nal Schön­born erleich­tert war und im sel­ben Moment durch Kar­di­nal Woel­ki wie­der auf­ge­schreckt wur­de. Es war nicht das The­ma, das ihn irri­tier­te, son­dern das Unver­ständ­nis dafür, daß die höch­sten Ver­tre­ter der Kir­che nörd­lich der Alpen nicht imstan­de schei­nen, den Medi­en Rede und Ant­wort für ihren Glau­ben zu ste­hen. „Und zwar so, daß die Men­schen dann wirk­lich wis­sen, was die Leh­re der Kir­che ist, und nicht die x‑te per­sön­li­che und zudem miß­ver­stan­de­ne Mei­nung von Kar­di­nal X oder Bischof Y oder Pfar­rer Z!“
Was soll­te ich sagen? Ich konn­te nur beipflichten.

Wer ist für Medien interessant: Religionsdienstleister oder kantiger Glaubenszeuge?

Die katho­li­sche Glau­bens­leh­re ist bestimmt kom­plex, aber ist sie wirk­lich so kom­pli­ziert, daß ihre höch­sten Reprä­sen­tan­ten sie nicht aus­zu­drücken wis­sen? Oder liegt es an ihrer Medi­en­un­er­fah­ren­heit? Das kann man behe­ben. Und soll­te es auch. Die Medi­en­ge­set­ze kämen der katho­li­schen Kir­che durch­aus ent­ge­gen. Vie­le Jour­na­li­sten mögen den Abso­lut­heits­an­spruch der Wahr­heit nicht, sind ihm viel­mehr feind­lich geson­nen, aber er fas­zi­niert sie. Das seich­te Gesäu­sel von alle umar­men­den Reli­gi­ons­dienst­lei­stern inter­es­siert die Medi­en nicht. Wer Kan­ten hat, und das haben für den der­zeit herr­schen­den Zeit­geist, alle katho­li­schen Bischö­fe, Prie­ster und Lai­en, der ist für sie span­nend. Wer erin­nert sich nicht dar­an, daß Erz­bi­schof Dyba und Bischof Krenn „Medi­en­lieb­lin­ge“ waren. Der frü­he­re Weih­bi­schof von Wien und spä­te­re Bischof von Sankt Pöl­ten war ein media­les Natur­ta­lent. Die Medi­en kon­trol­lier­ten nicht ihn, son­dern er kon­trol­lier­te die Medi­en. Die Jour­na­li­sten führ­ten ihn nicht vor, son­dern er über­nahm die Zügel, sobald man ihm Sen­de­zeit einräumte.

Die „hei­ßen“ Eisen der Zeit las­sen sich an zwei Hän­den abzäh­len. Zumin­dest zu die­sen soll­ten die Bischö­fe eine kla­re Spra­che beherr­schen mit Aus­sa­gen, die jeder­zeit, auch in uner­war­te­ten Situa­tio­nen abruf­bar sind.

Situation für Kirche nicht neu – Erfahrungswerte nützen

Blei­ben wir beim The­ma Homo­se­xua­li­tät. Sie betrifft zwar nur eine klei­ne Min­der­heit, scheint im media­len Reso­nanz­ka­sten aber welt­be­we­gend zu sein. Eini­ge defi­nier­ba­re Krei­se haben dar­in ein gesell­schafts­po­li­ti­sches Kampf­the­ma erkannt. Es geht um die Durch­set­zung einer Mei­nung und damit um Macht. Wer die öffent­li­che Mei­nung beherrscht, übt Macht über ein gan­zes Land aus.

Die aktu­el­le Situa­ti­on ist aller­dings nicht neu. Die Kir­che hat sie bereits in früh­christ­li­cher Zeit erlebt und ist schon ein­mal sieg­reich dar­aus her­vor­ge­gan­gen. War­um nicht an die­ses Wis­sen und die­se Erfah­rungs­wer­te anknüpfen?

Wer weiß denn schon, was Bibel und Kirche zur Homosexualität wirklich sagen?

War­um las­sen sich die Ober­hir­ten die The­men dik­tie­ren? War­um drücken sie sich so miß­ver­ständ­lich aus, daß die Medi­en sie miß­ver­ste­hen kön­nen? Blei­ben wir bei den Bei­spie­len der Kar­di­nä­le Schön­born und Woel­ki. In bei­den Fäl­len wur­de in Fül­le über die katho­li­sche Kir­che und die Homo­se­xua­li­tät geschrie­ben. Wann aber wur­de in die­sem Zusam­men­hang prä­zi­se die Leh­re der Kir­che dar­ge­stellt? Denn was heißt denn letzt­lich: „An der Hal­tung der Kir­che hat sich nichts geän­dert“, wenn die mei­sten Leu­te kei­ne oder besten­falls eine ver­kürz­te oder arg ver­zerr­te Ahnung davon haben, was die Hal­tung der Kir­che über­haupt ist?!

Wie wäre es mit Katechesen zu den „heißen Eisen“ des Zeitgeistes?

Wenn die Medi­en sol­che Schwie­rig­kei­ten haben, die katho­li­sche Leh­re ver­ste­hen oder zumin­dest rich­tig wie­der­ge­ben zu wol­len, war­um set­zen die Hir­ten, setzt ein Erz­bi­schof von Wien oder ein Erz­bi­schof von Ber­lin nicht von sich aus einen Schritt, um es ihnen, dem gläu­bi­gen Volk und allen Men­schen zu erklä­ren? Er muß dazu kei­ne Pres­se­kon­fe­renz ein­be­ru­fen. Er könn­te aber viel pas­sen­der die Abhal­tung einer Kate­che­se in der Kathe­dral­kir­che sei­ner Diö­ze­se oder sei es auch in irgend­ei­nem Saal ankün­di­gen und dort prä­zi­se die Leh­re der Kir­che ver­kün­den. Das wäre in der Tat inno­va­tiv, ein­deu­tig, angebracht.

Noch haben die Bischö­fe zum Bei­spiel Zugang zum öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk. Sie soll­ten die­se Mög­lich­keit nicht für Aller­welts­ge­re­de ver­plem­pern, um zu harm­lo­sen Tages­the­men zu sagen, was ohne­hin alle sagen, son­dern die Sen­de­zei­ten nüt­zen, um „das ganz Ande­re“ sicht­bar zu machen, mit der größ­ten Pro­vo­ka­ti­on, die das mensch­li­che Dasein ein Leben lang her­aus­for­dert, mit Jesus Christus.

Bild: don­fig­liuz­zi

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