Kardinal Koch auf Distanz zu österreichischen Rebellen – Sind Schüller & Co. bereits exkommuniziert?


(Vatikan/​Wien) Einst war es der Stand­punkt der Zeit­schrift Com­mu­nio, heu­te ist es der offi­zi­el­le Stand­punkt des Hei­li­gen Stuhls: Nein zur Instru­men­ta­li­sie­rung des Kon­zils! Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil sei kein Ali­bi für jene, die sich gegen die Auto­ri­tät Roms auf­leh­nen wol­len. Die­se deut­li­che Ermah­nung kam von Kar­di­nal Kurt Koch, dem Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rats für die Ein­heit der Chri­sten. Der Theo­lo­ge und Ober­hir­te, dem Papst Bene­dikt XVI. die nicht leich­ten Bezie­hun­gen zu den ande­ren christ­li­chen Kon­fes­sio­nen anver­traut hat, fand kla­re Wor­te gegen die öster­rei­chi­schen Rebel­len, wie Vati­can Insi­der berichtete.

Communio gegen Concilium - das jahrzehntelange Ringen

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Seit sei­ner Ankunft in Rom, Koch war von 1995 bis 2010 Diö­ze­san­bi­schof von Basel, bemüh­te sich der Schwei­zer, sei­ne Wor­te abzu­wä­gen. Es gelang ihm, Gewicht an der Römi­schen Kurie zu erlan­gen. In der Wochen­zeit­schrift Tem­pi, die der Gemein­schaft Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne nahe­steht, nahm der Kuri­en­kar­di­nal nun zur Situa­ti­on der Kir­che in Öster­reich Stel­lung und ging dabei ein­deu­tig auf Distanz zur dor­ti­gen Fron­de rebel­lie­ren­der Prie­ster, die eine radi­ka­le Ver­än­de­rung der Kir­che, ange­fan­gen beim Prie­ster­tum und ethi­schen Fra­gen fordern.

Von Balthasar: Kirche muß Einheit als Weltkirche bewahren, sonst endet sie auf Müllhalde des religiösen Abfalls

Kar­di­nal Koch ver­faß­te zahl­rei­che Arti­kel für die 1972 vom bekann­ten Schwei­zer Theo­lo­gen Hans Urs von Bal­tha­sar gegrün­de­te Zeit­schrift Com­mu­nio. Grund­le­gend für die­se Zeit­schrift, die als Reak­ti­on auf bestimm­te Fehl­ent­wick­lun­gen nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ent­stan­den war, war der pro­gram­ma­ti­sche Bei­trag von Hans Urs von Bal­tha­sar in der ersten Num­mer: „Com­mu­nio – ein Pro­gramm“, wie der dama­li­ge Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger bei der 20-Jahr­fei­er der Zeit­schrift 1992 beton­te. Dar­in zeig­te von Batha­sar auf, daß die katho­li­sche Kir­che, wenn sie nicht „uni­ver­sell“, also als Welt­kir­che eine Ein­heit bil­det, in den Mist­hau­fen der reli­giö­sen Abfäl­le fällt.

Communio-Mitarbeiter in der Kirchenführung stark

Heu­te stellt die Grup­pe der Com­mu­nio-Mit­ar­bei­ter eine star­ke Mann­schaft im Vati­kan dar, ange­führt von Papst Bene­dikt XVI. selbst und drei „Mini­stern“, neben Kar­di­nal Koch auch die Dik­aste­ri­en­lei­ter Ouel­let und Fisi­chel­la. Kar­di­nal Marc Ouel­let ist Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on. Er gehört noch heu­te der Redak­ti­ons­lei­tung von Com­mu­nio an. Kuri­en­erz­bi­schof Rino Fisi­chel­la ist für die Neue­van­ge­li­sie­rung zustän­dig und damit wich­tig­ster Orga­ni­sa­tor des „Jah­res des Glau­bens“, das der Papst aus­ge­ru­fen hat.

Com­mu­nio ver­sam­mel­te nach dem Kon­zil Anfang der 70er Jah­re einen Gut­teil jener Theo­lo­gie, die der Radi­ka­li­sie­rung der pro­gres­si­ven Posi­tio­nen skep­tisch gegen­über­stand und sich von deren akti­vi­sti­scher „Flucht nach vor­ne“ fern­hielt. Die­se Posi­ti­on kann der Kar­di­nal heu­te aus der Schalt­stel­le der katho­li­schen Kir­che her­aus ver­tre­ten. In Tem­pi beschreibt er sei­ne Reak­ti­on auf die Absa­ge Bene­dikts XVI. an die öster­rei­chi­schen Prie­ster-Rebel­len vom Grün­don­ners­tag: „Mei­ne erste Reak­ti­on war Erstau­nen: War­um ihrem „Auf­ruf zum Unge­hor­sam“ durch eine Erwäh­nung sol­che Ehre zu erwei­sen? Ande­rer­seits war es inzwi­schen not­wen­dig gewor­den, daß der Papst ein Wort dazu sag­te.“ Bei der Chri­sam­mes­se wer­den die prie­ster­li­chen Ver­spre­chen erneu­ert und daher auch das Gehor­sams­ver­spre­chen. Des­halb han­del­te es sich um eine „aus­sa­ge­star­ke Gele­gen­heit, da nicht nur die Wor­te wich­tig sind, son­dern auch der Kon­text, der alles abso­lut klar macht“, so Kar­di­nal Koch.

Kardinal Koch: Wurzel des Problems ist, daß Konzil in der Hans Küng-Interpretation rezipiert wurde

Der Papst, so Kar­di­nal Koch, griff auch in die­sem Fall „auf sei­ne kla­re, aber sehr freund­li­che Art“ ein. Der Prä­si­dent des Päpst­li­chen Rats für die Ein­heit der Chri­sten ging auch auf die Wur­zeln des Wider­spruchs ein, die sich nicht nur auf Öster­reich beschrän­ken, son­dern auch die ande­ren Tei­le des deut­schen Sprach­raums betref­fen. „Ich den­ke, daß bei uns die Rezep­ti­on des Kon­zils vor allem durch die Über­nah­me der Inter­pre­ta­ti­on erfolg­te, die ihm von Hans Küng und vie­len Mas­sen­me­di­en gege­ben wur­de.“ Dar­auf wür­de, so der Kar­di­nal „die heu­ti­ge Unru­he grün­den“. „Vie­le“ der Rebel­len­prie­ster, so der der Pur­pur­trä­ger wei­ter, „haben unter­schrie­ben, weil sie die Schwie­rig­kei­ten des Augen­blicks sehen. Ich den­ke aber nicht, daß alle mit der seit­her ein­ge­tre­te­nen Ent­wick­lung ein­ver­stan­den sind: Prie­ster und Dia­ko­ne, die zum Unge­hor­sam auf­ru­fen sind eine sehr unge­wöhn­li­che Sache.“ Um zu sagen, daß die bei­den Din­ge nicht zusammengehen.

Anglikanischer Wunsch nach Einheit mit Rom widerspricht Behauptungen der Rebellen

Den Rebel­len stellt der Kar­di­nal die völ­lig ent­ge­gen­ge­setz­te Bewe­gung angli­ka­ni­scher Grup­pen in die katho­li­sche Kir­che ent­ge­gen. „Die Tat­sa­che, daß gan­ze Gemein­schaf­ten und Grup­pen von Angli­ka­nern dar­um bit­ten, in die katho­li­sche Kir­che auf­ge­nom­men zu wer­den, ist die Frucht des öku­me­ni­schen Dia­logs von Jah­ren und Jahr­zehn­ten. Ohne den durch die gelei­ste­te Arbeit gesam­mel­ten Kon­sens, hät­te sich die­se Situa­ti­on nicht kon­kre­ti­siert. Die Kon­ver­si­on Ein­zel­ner ist eine Kon­stan­te der Kir­chen­ge­schich­te. Die Neu­ig­keit liegt dar­in, daß in die­ser Pha­se gan­ze Grup­pen von Bischö­fen und Prie­stern mit ihren Gläu­bi­gen um Auf­nah­me bit­ten“, so Kar­di­nal Koch. Bis­her hät­ten bereits mehr als tau­send angli­ka­ni­sche Prie­ster um Auf­nah­me ange­sucht. Die Ursa­che für die­se Ent­wick­lung sei in Ent­wick­lun­gen inner­halb der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft zu suchen, wo unter­schied­li­che Posi­tio­nen aus­ein­an­der­streb­ten. Der dem­nächst aus dem Amt schei­den­de angli­ka­ni­sche Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry Rowan Wil­liams „hat ver­sucht zu ret­ten, was zu ret­ten war.“

Rechtsgutachten Waldstein: Priesterrebellen haben sich Exkommunikation zugezogen

Unter­des­sen warf der bekann­te Kir­chen­hi­sto­ri­ker und Kir­chen­recht­ler Wolf­gang Wald­stein die Fra­ge auf, ob sich die Pro­mo­to­ren und Unter­zeich­ner der öster­rei­chi­schen „Pfar­rer-Ini­ti­tia­ve“ mit ihrem „Auf­ruf zum Unge­hor­sam“ die Exkom­mu­ni­ka­ti­on Laet­ae sen­ten­tiae zuge­zo­gen haben. In einem Rechts­gut­ach­ten für Pro Sanc­ta Eccle­sia kommt er zum Schluß, daß sich „Pfar­rer Schül­ler und sei­ne Mit­strei­ter seit ihrem Auf­ruf zum Unge­hor­sam“ und den seit­her erfolg­ten Aus­sa­gen und Schrit­ten zwei­fel­los „nach Can. 1364 § 1“ des Kir­chen­rechts die Exkom­mu­ni­ka­ti­on zuge­zo­gen hät­ten, da sie offen ein „Schis­ma“ betrei­ben wür­den. Für die Exkom­mu­ni­ka­ti­on sei dabei nicht aus­schlag­ge­bend, ob sie durch kirch­li­che Amts­trä­ger fest­ge­stellt wur­de oder nicht. Die Tat­sa­che, daß der Erz­bi­schof von Wien, Chri­stoph Kar­di­nal Schön­born oder ande­re Bischö­fe Öster­reichs dies nicht tun, ände­re nichts dar­an, denn sie kann durch kirch­li­che Amts­trä­ger „nicht ver­hin­dert wer­den“, so Wald­stein. „Die ein­ge­tre­te­ne Exkom­mu­ni­ka­ti­on kann nur nach Weg­fall des Grun­des durch Amts­trä­ger der Kir­che wie­der auf­ge­ho­ben werden.“

Mehrheit ist nicht identisch mit Wahrheit“

„Herr Schül­ler ist ein tra­gi­sches Opfer einer seit Jahr­zehn­ten fort­schrei­ten­den Ent­wick­lung, in der tat­säch­lich der Gehor­sam gegen­über der Leh­re und Ord­nung der Kir­che weit­hin kon­se­quen­zen­los miß­ach­tet wur­de. Das wirk­li­che Aus­maß der Ero­si­on in der Kir­che ist schlag­ar­tig deut­lich gewor­den, als Papst Bene­dikt XVI. es wag­te, für Linz einen der katho­li­schen Kir­che wirk­lich treu­en Weih­bi­schof zu ernen­nen. Die erfolg­rei­che Ver­hin­de­rung sei­ner Amts­über­nah­me war zwei­fel­los ein schwe­rer Schlag gegen die katho­li­sche Kir­che selbst. Die ‚Kir­che‘, die Schül­ler die sei­ne nennt, hat die katho­li­sche Kir­che in Öster­reich zwei­fel­los bereits durch län­ge­re Zeit schwer geschä­digt“, denn „Mehr­heit ist nicht iden­tisch mit Wahr­heit“, so Wald­stein in sei­nem Gutachten.

Bischöfe weigern sich bereits „vorliegende Exkommunikation zur Kenntnis zu nehmen“

„Frucht­bar“ kön­ne „die Exkom­mu­ni­ka­ti­on der Betrof­fe­nen nur wer­den, wenn sie dazu führt, daß der Grund dafür weg­fällt und sie auf­ge­ho­ben wer­den kann“. Die „andau­ern­de Wider­setz­lich­keit“ (vgl. CIC Can. 1364 § 2) „von Schül­ler und sei­nen Mit­strei­tern gibt lei­der nicht viel Raum zur Hoff­nung. So lan­ge die Bischö­fe nicht ein­mal die Tat­sa­che zur Kennt­nis neh­men, daß Exkom­mu­ni­ka­tio­nen latae sen­ten­tia vor­lie­gen, kann eine wirk­li­che Lösung der Pro­ble­me auch nicht erwar­tet wer­den. Die ver­blei­ben­den katho­li­schen Gläu­bi­gen wer­den dabei schutz­los vergessen.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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3 Kommentare

  1. (…) „Die ver­blei­ben­den katho­li­schen Gläu­bi­gen wer­den dabei schutz­los ver­ges­sen“. Sie wer­den so lan­ge „schutz­los ver­ges­sen“, bis es sie kaum noch gibt, ist wohl hin­zu­zu­fü­gen. Wir haben über 40 – 45Jahre immer mehr halba­gno­sti­sche und agno­sti­sche Theo­lo­gen, die Prie­ster, Reli­gi­ons­leh­rer, haupt­amt­li­che Lai­en­mit­ar­bei­ter aus­bil­den. Auch Bischö­fe sind nicht sel­ten von die­ser Theo­lo­gie infi­ziert. Schül­ler und sei­ne Gefähr­ten sind doch nur ein Symptom.
    Die Neue­van­ge­li­sie­rung ist drin­gend gebo­ten im gesam­ten deutsch­spra­chi­gen Raum. Doch wer soll sie ver­ant­wort­lich vor Ort durch­füh­ren? Etwa die Bischöfe?

    • Was ich jetzt sage, ist schwer zu ver­ste­hen: Es wird aller­höch­ste Zeit, die katho­li­sche Kir­che als Insti­tu­ti­on aufzulösen.
      Sämt­li­che Glau­bens­sät­ze und Lehr­mei­nun­gen müs­sen auf­ge­ho­ben werden.
      Es kann näm­lich nicht sein, dass sich angeb­li­che Chri­sten über die rechte
      Leh­re strei­ten, denn das wäre ein Wider­spruch in sich. Allen Chri­sten – egal wel­cher Kir­che sie ange­hö­ren – liegt ein Gemein­sa­mes zugrun­de. Dar­auf muss auf­ge­baut wer­den. Schließ­lich ist es ja so, dass jede Abgren­zung eine neue Abgren­zung hervorruft.
      Wenn ich Christ bin, bin ich weit­her­zig, nicht streit­süch­tig. Ich kann ande­re mei­nun­gen akzep­tie­ren, ohne sie zu mei­ner eige­nen machen zu müs­sen. Ich kann zulas­sen, dass jeder das Christ­li­che anders lebt, ande­re Schwer­punk­te setzt, ande­re For­men wählt. Das ist der Plu­ra­lis­mus, von dem ein­mal Karl Leh­mann sprach. Nichts ist heu­te mehr davon zu spüren.
      Statt­des­sen ver­kei­len wir uns in einen längst über­wun­de­nen Formalismus.

  2. In der jet­zi­gen Situa­ti­on geht nicht nur um Gegen­sät­ze, son­dern dar­um, dass die­se mit Stra­fe bedroh­te Tat­bes­än­de bestehen deren recht­li­che Fol­ge die Tat­stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on ist. Gegen­sät­ze bes­ser aus­zu­hal­ten und dann zum Teil auch abzu­bau­en und jeden­falls irgend­wie frucht­bar zu machen“, wie der ört­li­che Bischof meint ist jedoch eine fal­scher Lösungsansatz

    Frucht­bar kann die Exkom­mu­ni­ka­ti­on der Betrof­fe­nen nur wer­den, wenn sie dazu führt, dass der Grund dafür weg­fällt und sie auf­ge­ho­ben wer­den kann.

    „Wenn andau­ern­de Wider­setz­lich­keit oder die Schwe­re des Ärger­nis­ses es erfor­dern, kön­nen wei­te­re Stra­fen hin­zu­ge­fügt wer­den, die Ent­las­sung aus dem Kle­ri­ker­stand nicht aus­ge­nom­men.“ vgl. CIC Can. 1364 § 2

    So lan­ge dass die Bischö­fe nicht zur Kennt­nis neh­men, dass Exkom­mu­ni­ka­tio­nen latae sen­ten­tia vor­liegt kann eine ver­nünf­ti­ge Lösung der Pro­ble­me auch nicht erwar­tet werden.

    Mari­us Augustin

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