(Rom) Assisi 3, das dritte interreligiöse Treffen für den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt rückt näher. Wie wenige Ereignisse in der Kirche wird es von einem Teil begeistert begrüßt, von einem anderen Teil skeptisch beäugt oder rundweg abgelehnt. Papst Benedikt XVI. vertraute gestern beim Angelus auf dem Petersplatz das Treffen der Gottesmutter Maria an. Er erinnerte daran, daß es sich bei dem Treffen von Religionsvertretern aus aller Welt, das am kommenden Donnerstag, den 27. Oktober in Assisi stattfindet, um eine Wallfahrt handelt. Vor genau 25 Jahren hatte Papst Johannes Paul II. das erste Mal zu einem Treffen nach Assisi eingeladen. Das sei der Grund für das dritte Treffen in Assisi, wie Benedikt XVI. betonte.
Tagungsband „Die Religionen in Assisi – Kein Verzicht auf die Wahrheit“ vorgestellt
Die Vereinigung Catholica Spes veranstaltete am 1. Oktober 2011 eine Tagung zu Assisi 3 (katholisches.info berichtete). Nun wurde der Tagungsband mit den Referaten vorgelegt mit dem Titel: „Die Religionen in Assisi. Kein Verzicht auf die Wahrheit“ (Le religioni ad Assisi. Nessuna rinuncia alla Verità , ed. Fede&Cultura, 144 Seiten, € 12,-). Die Autoren versuchen die Position Benedikts XVI. aufzuzeigen, um den Sinn für das Treffen von Assisi zu verstehen. Daraus entsteht ein deutliches Bild, das synkretistische und relativistische Interpretationen des Treffens, die die Wahrheit des Glaubens, nämlich Jesus Christus, das Wort Gottes, untergraben würden, widerlegt und in den vergangenen 25 Jahren entstandene Eindrücke dieser Ar zu korrigieren versucht.
Die Ausführungen richten ihr besonderes Augenmerk auf das Dokument Dominus Iesus des Heiligen Jahres 2000. Kardinal Giacomo Biffi sagte damals: „Daß die Glaubenskongregation es für nötig befand mit der Erklärung Dominus Iesus Über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche Stellung zu nehmen, das ist einzigartig. In 2000 Jahren verspürte man nie die Notwendigkeit so grundlegende Wahrheiten ausdrücklich in Erinnerung zu rufen und zu verteidigen.“
Kardinal Burke: Erklärung Dominus Iesus ein „Werk der Vorsehung“
Kardinal Raymond Leo Burke bezeichnete Dominus Iesus bei der Tagung: „Pilger der Wahrheit auf dem Weg nach Assisi“ als „Werk der Vorsehung“. „Viele Verfechter einer Diskontinuität waren der Meinung, die Kirche solle mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ihren Wahrheitsanspruch aufgeben, um sich auf eine bloß pastorale Beschreibung des Glaubens zu beschränken, mit dem Ergebnis, daß es von Irrtümern nur so wimmelt. Das Lehramt aber hat die Aufgabe, die Gläubigen zu führen, indem es ihnen die offenbarte Wahrheit aufzeigt, die es treu zu bewahren gilt, und um sie vor moralischen und Glaubensirrtümern zu bewahren.“
Der Tagungsband enthält neben jenem von Kardinal Burke noch Beiträge von Msgr. Guido Pozzo, Pater Serafino Lanzetta, Don Mauro Gagliardi, Don Alessandro Olivieri Pennesi, Don Nicola Bux, Manfred Hauke, Corrado Gnerre und Lorenzo Bertocchi.
Der Philosoph Grayling, ein „Gegner“ des Papstes, sagt Teilnahme ab
Währenddessen sagte der britische Philosoph Anthony Clifford Grayling seine Teilnahme in Assisi ab. Er habe gedacht, in Assisi mit Benedikt XVI. über die Rolle der Religion in der Gesellschaft diskutieren zu können. Nun habe er feststellen müssen, daß es sich um eine Pilgerfahrt handelt und seine Teilnahme zurückgenommen.
Die Einladung an Grayling nach Assisi hatte für Aufsehen gesorgt. Der Brite hatte aus seiner Ablehnung des Papstes vor dessen England-Reise kein Hehl gemacht und im Zuge des Pädophilieskandals in den Chor der billigen Kirchenkritik eingestimmt. Der Reiz einmal sagen zu können – wie Habermas – mit dem Papst, vielleicht noch mehr mit dem großen Denker Joseph Ratzinger diskutieren haben zu können, ließ ihn vielleicht weniger überraschend die überraschende Einladung annehmen.
Assisi 3 mit 176 Teilnehmern
Unter den 176 Teilnehmern von Assisi 3 befinden sich auch einige „nicht Glaubende“, zu denen ursprünglich auch Grayling gehörte. Eingeladen wurden sie über Kardinal Gianfranco Ravasi, dem Vorsitzenden des Päpstlichen Kulturrats und Initiators des Gartens der Gerechten, eines neuen Dialogforums zwischen Christen, Atheisten und Agnostikern. Von ihnen werden in Assisi anwesend sein: Julia Kristeva, französisch-bulgarische Psychoanalystin und Philosophin, Schülerin von Michel Foucault; Jacques Derida und Roland Barthes; Remo Bodei, Professor der Philosophie an der Universität Pisa; Guillermo Hurtado, mexikanischer Philosoph; Walter Baier, 1994–2006 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Österreichs.
Unter den Religionsvertretern werden vier Vertreter von Stammesreligionen aus Indien, Afrika und Asien sein. Insgesamt 18 Vertreter aus Indien, darunter Rajhmoon Gandhi, der bereits 1986 am erste Treffen in Assisi teilnahm. Fünf Sikh, ein Parse und erstmals ein Bahai.
Aus Asien kommen 67 Buddhisten aus Südkorea, Sri Lanka, Myanmar, Kambodscha, Indien, Singapur, Taiwan, Australien und erstmals auch aus der Volksrepublik China. Weiters drei Vertreter des Konfuzianismus; drei Taoisten, 17 Shintoisten zweier verschiedener Richtungen, vier Vertreter „Neuer Religionen“ aus Japan.
Der Islam wird von Teilnehmern aus Afrika, Asien, Amerika und Europa vertreten. Sie kommen aus Jordanien, Ägypten, Libanon, Algerien, Marokko, Iran, Türkei, Saudi-Arabien, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Aserbaidschan, Tadschikistan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Portugal, Vereinigte Staaten von Amerika. Die Zahl moslemischer Teilnehmer bei den Treffen in Assisi ist im Steigen begriffen. 1986 waren es erst elf, 2002 bereits 32. Am 27. Oktober 2011 werden es insgesamt 50 sein.
Die Ostkirchen entsenden 17 Delegationen nach Assisi, angeführt vom Ökumenischen Patriarchen Batholmäus I. von Konstantinopel. Als Vertreter des Moskauer Patriarchen wird der Metropolit von Astana in Kasachstan in das mittelitalienische Umbrien reisen. Unter ihnen werden auch Delegationen der armenischen, der assyrischen und der syro-malankarischen Christen sein.
Die Kirchen der Reformation werden durch die höchsten Vertreter repräsentiert, dem Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft, Erzbischof Rowan Williams, dem Vorsitzenden des Lutherischen Weltbundes, der Weltgemeinschaft der reformierten Kirchen, Weltrat methodistischer Kirchen, der Baptistische Weltbund, des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Die jüdischen Gemeinschaften werden durch Delegationen des International Jewish Comittee on Interreligious Consultation, des Oberrabbinats von Israel und der Israelitischen Kultusgemeinde von Rom vertreten sein.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: fede & cultura