(Kairo) In einem Treffen mit dem Apostolischen Nuntius wiederholte der Großiman El-Tayeb die Vorwürfe gegen den Vatikan. Er kritisierte den Heiligen Stuhl, weil Papst Benedikt XVI. an die Regierungen appellierte, die Christen besser vor Verfolgung und Diskriminierung zu schützen.
Die Al-Azhar-Universität von Kairo, deren Großimam El-Tayeb ist, präsentiere sich gerne, so Asianews, als „moderates Gesicht des Islam“. Doch in Wirklichkeit verfolge sie die „harte Linie“ gegen den Vatikan.
El-Tayeb wiederholte gegenüber dem Nuntius diese harte Linie. Al-Azhar werde an den interreligiösen Gesprächen mit dem Vatikan erst wieder teilnehmen, wenn der Papst sich für seine „Kritik“ am Islam entschuldigt. Den Zorn des ägyptischen Islam löste der Appell Benedikts XVI. nach dem Attentat auf die koptische Kathedrale von Alexandria aus.
Das Gespräch zwischen dem Botschafter des Heiligen Stuhls, Michael Girard, und dem Großimam fand gestern in Kairo statt. Der Großimam bezeichnete die Beziehungen zum Vatikan als „normal“. Gleichzeitig verlangte er aber erneut eine „offizielle Entschuldigung“ des Papstes. Erst dann könne an die Wiederaufnahme von Gesprächen nachgedacht werden.
Die katholische Kirche lehnt eine Entschuldigung ab, „da der Papst in keiner Weise den Islam beleidigt“ habe. Benedikt XVI. habe „den Schutz der Christen gefordert, wie es seine Pflicht“ sei. Ägyptens Christen unterstützen den Standpunkt des Vatikans. Aus koptischen Kreisen sei zu hören, daß „die islamische Forderung nach einer Entschuldigung ein Skandal“ sei. Sie entspreche der „Unterwerfungslogik, die der Islam für Nicht-Moslems“ vorsehe.
Der Botschafter des Vatikans habe von seinem Gesprächspartner Erklärung darüber verlangt, „weshalb die Gewalt gegen Christen in Ägypten“ fortgesetzt werde.
In ägyptischen Kirchenkreise, so Asianews, bewerte man das Verhalten von Al-Aszhar als „zwiespältig“. Einerseits präsentiere sich die Universität als „moderates Gesicht des Islam“, das sich vom „radikalen Gesicht“ unterscheide. Die bisherigen Interreligiösen Gespräche seien jedoch vor allem eine „Fassade der Höflichkeiten“ gewesen, da die islamische Seite alle „heißen Eisen“ vermied und über Freundlichkeiten nicht hinausging. Der Vatikan habe „daraus gelernt“ und weiche nicht von seinen „klaren Positionen ab“.
Der Sturz Mubaraks habe gezeigt, wie instabil die politischen Verhältnisse Ägyptens seien. Die ohnehin prekäre Lage der Christen stehe auf des Messers Schneide, da die islamistischen Kräfte gestärkt worden seien. Dies erkläre, so Asianews, zum Teil das Verhalten von Al-Azhar, schließlich gehe es darum, wer morgen die Macht am Nil innehaben werde.
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)