(Vatikan) Am kommenden 14. April 2011 vollendet der Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Kurienkardinal Ivan Dias, auch der „Rote Papst“ genannt, sein 75. Lebensjahr. Einen Monat später endet seine fünfjährige Amtszeit an der Spitze eines der einflußreichsten „Ministerien“ des Heiligen Stuhls.
Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker steht an der Spitze aller Missionsgebiete der Kirche, zum Beispiel ganz Afrikas und Asiens. Insgesamt sind es mehr als 1000 Diözesen und Apostolische Administraturen und beachtliche Summen, die der Kongregation unterstehen. Kardinal Dias, ein Inder, teilte Papst Benedikt XVI. bereits mit, daß sein Gesundheitszustand eine Verlängerung seines Mandats nicht erlaube. In den kommenden Wochen wird der Papst daher einen neuen „Roten Papst“ ernennen. „Rot“ wegen der purpurnen Farbe der Kardinäle, „Papst“, wegen des ausgedehnten Einflußbereichs.
Am 23. Dezember 2010 wurde der chinesische Salesianer Pater Savio Hon Tai-Fai zum Sekretär der Kongregation ernannt. „Eine der Personalentscheidungen, die die römische Kurie der Ära Ratzinger am stärksten prägen wird“, wie der Vatikanist Andrea Tornielli schrieb. Vor wenigen Tagen weihte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof. Damit steigen die Chancen, daß ein Italiener Nachfolger von Kardinal Dias wird. Tatsächlich werden im Vatikan vor allem die Namen von zwei Italienern am häufigsten genannt.
Einmal Kurienerzbischof Giuseppe Bertello (68), seit vier Jahren Apostolischer Nuntius in Italien. Zuvor war er als Diplomat des Vatikans in Benin, Togo, Ruanda (zur Zeit des Genozids), in Genf und Mexiko tätig. Es heißt, er stehe Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nahe. Kardinal Bertone schlug ihn auch dem Papst als Botschafter in Italien vor.
Zum anderen Kurienerzbischof Fernando Filoni (64), seit vier Jahren Substitut im Staatssekretariat und damit „Innenminister“ des Heiligen Stuhls. Der vatikanische Diplomat war bereits Botschafter im Irak (während des 2. Irakkrieges), in Jordanien, auf den Philippinen und in Hong Kong. Er gilt als Kenner Chinas sowie des Nahen und Mittleren Ostens. In Hong Kong lernte er die neue Nummer Zwei der Propaganda Fide, Kurienerzbischof Savio Hon Tai-Fai kennen. Da er als „Innenminister“ täglichen Zugang zum Papst hat, gilt er als einer der einflußreichsten Männer im Vatikan. Auch seine Ernennung war Benedikt XVI. von Kardinal Bertone empfohlen worden, dessen Schüler er an der Lateranuniversität war.
Beide sind Italiener, beide kommen aus dem diplomatischen Dienst, beide sind bereits vertraut mit der Vorbereitung von Bischofsernennungen. Sie haben ähnliche Lebensläufe, wenn sie sich auch im Charakter unterscheiden. „Offen und jovial ist Bertello, reserviert und manchmal ein bißchen kantig ist Filoni“, wie Tornielli sie charakterisierte. Beide bekleiden bereits Ämter, die sie für die Erhebung in den Kardinalsrang prädestinieren.
Die Ernennung Msgr. Filonis, der als „großer Protektor“ des Neokatechumenalen Weges im Vatikan gilt, wie sich jüngst bei den Spannungen mit den japanischen Bischöfen zeigte, könnte am Willen des Papstes scheitern, nach nur vier Jahren keine Umbesetzungen der derzeitigen „Regierungsmannschaft“ vornehmen zu wollen, nachdem sie mit so viel Geduld zusammengefügt worden war.
Nicht auszuschließen ist, daß Benedikt XVI., der aufmerksam die Ratschläge seiner engsten Mitarbeiter zur Kenntnis nimmt, in erster Linie jene von Kardinalstaatssekretär Bertone, dann aber selbständig entscheidet, einen Diözesanbischof an die Spitze der Missionskongregation beruft. Auf diese Weise besetzte er bereits in den ersten fünf Jahren seines Pontifikats mehrere wichtige Dikasterien.
(Sacri Palazzi/Giuseppe Nardi, BIld: Sacri Palazzi)