Rußland gibt nach 1917 enteignetes Kirchengut zurück, allerdings nur den Orthodoxen – Was geschieht in Ostpreußen und Königsberg?


(Mos­kau) Die Rück­ga­be geraub­ten Kir­chen­gu­tes durch das kom­mu­ni­sti­sche Regime zwi­schen 1917 und 1991 ist in Ruß­land nach wie vor ein hei­ßes Eisen. Ein ent­spre­chen­der Gesetz­ent­wurf ist hart umkämpft.

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Ver­tre­ter der katho­li­schen Kir­che, Ver­tre­ter der Kul­tur und füh­ren­de rus­si­sche und inter­na­tio­na­le Medi­en kri­ti­sie­ren das Mos­kau­er Patri­ar­chat, wobei die Kri­tik aus unter­schied­li­chen Gesichts­punk­ten vor­ge­bracht wird. Kul­tur­schaf­fen­de und Medi­en wer­fen dem Patri­ar­chat vor, gemein­sam mit dem Kreml eine „Kle­ri­ka­li­sie­rung“ der Gesell­schaft vor­an­zu­trei­ben. Die katho­li­sche Kir­che kri­ti­siert hin­ge­gen Ver­su­che des Patri­ar­chats, sich mit der beab­sich­tig­ten Rück­ga­be geraub­ten Kir­chen­gu­tes auch den Besitz der nicht-ortho­do­xen Chri­sten aneig­nen zu wollen.

Bereits seit 2007 wird an der Aus­ar­bei­tung eines Rück­ga­be-Geset­zes gear­bei­tet, zunächst schlep­pend. Im Janu­ar 2010 for­der­te Ruß­lands Mini­ster­prä­si­dent Wla­di­mir Putin eine „zügi­ge“ Ver­ab­schie­dung eines Rah­men­ge­set­zes. Damit soll das nach der bol­sche­wi­sti­schen Okto­ber­re­vo­lu­ti­on 1917 durch die Sowjet­re­gie­rung ent­eig­ne­te Kir­chen­gut zurück­er­stat­tet wer­den. Im Mai wur­de die Vor­la­ge von der zustän­di­gen Regie­rungs­kom­mis­si­on gut­ge­hei­ßen. Im Sep­tem­ber wur­de der Gesetz­ent­wurf in erster Lesung von der Duma, der ersten Kam­mer des rus­si­schen Par­la­ments ver­ab­schie­det. Die zwei­te Lesung ist für näch­ste Woche und die drit­te und letz­te Lesung für den 19. Novem­ber im par­la­men­ta­ri­schen Kalen­der verzeichnet.

Die rus­si­sche Regie­rung spricht von einem Wunsch nach „histo­ri­scher Gerech­tig­keit“. Kul­tur­schaf­fen­de befürch­ten, daß die ortho­do­xe Kir­che nicht imstan­de sei, die vie­len kost­ba­ren Kunst­schät­ze zu erhal­ten, die in ihren Besitz zurück­keh­ren würden.

Laut Anga­ben der Tages­zei­tung Kom­mersant sei­en von der Rück­ga­be 6584 Objek­te auf Föde­ra­ti­ons­ebe­ne betrof­fen. Von denen 6402 vor der Revo­lu­ti­on der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che gehör­ten. Hin­zu kämen wei­te­re 4417 Objek­te im Besitz von Teil­re­pu­bli­ken oder ande­ren unter­ge­ord­ne­ten Verwaltungseinheiten.

Im ehe­ma­li­gen nörd­li­chen Ost­preu­ßen um Königs­berg, dem heu­te rus­si­schen Gebiet von Kali­nin­grad, ver­su­che sich die rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che in den Besitz pro­te­stan­ti­scher und katho­li­scher Kir­chen­ge­bäu­de und Grund­stücke zu brin­gen. Die­se gehör­ten bis 1945 der dort leben­den deut­schen Bevöl­ke­rung, bevor sie durch die Sowjet­uni­on ver­trie­ben wurde.

Mos­kaus katho­li­scher Bischofs, Msgr. Pao­lo Pez­zi erklär­te zum Ent­wurf: „Das Gesetz ist im Gehei­men vor­be­rei­tet und beschlos­sen wor­den, ohne öffent­li­che Dis­kus­si­on und ohne die ver­schie­de­nen betrof­fe­nen Sei­ten anzu­hö­ren, die nicht der ortho­do­xen Kir­che angehören.“

Der Bischof wies dar­auf hin, daß das Gebiet Ost­preu­ßens erst nach dem Zwei­ten Welt­krieg Teil der Sowjet­uni­on wur­de und sich daher vor 1945 dort kaum ortho­do­xe Kir­chen oder Besitz fin­den wer­de. Die katho­li­sche Gemein­de in Königs­berg bit­te die rus­si­sche Regie­rung seit 20 Jah­ren, ihr ent­eig­ne­tes Eigen­tum zurück­zu­ge­ben. „Von einer Rück­ga­be an die katho­li­sche Kir­che oder ande­re christ­li­che Gemein­schaf­ten, wie die Luthe­ra­ner ist jedoch kei­ne Rede“, so Msgr. Pezzi.

(Asianews/​Giuseppe Nar­di, Bild: Asianews)

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