(Brüssel) Erzbischof André Léonard von Brüssel-Malines steht im Mittelpunkt einer unerhörten Haßkampagne, beispiellos sogar für ein Land wie Belgien, das selbst den letzten verbliebenen Rest eines einst blühenden katholischen Lebens ausstoßen will. Auch seine Mitbrüder im Bischofsamt beeilen sich, auf Distanz zu ihrem Primas zu gehen.
Während der Erzbischof zu Allerseelen das Hochamt zelebrierte, näherte sich ein Unbekannter heimtückisch und schleuderte dem Primas von Belgien feige eine Torte ins Gesicht. Dieser nahm es gelassen und meinte, er habe nie eine köstlichere Torte genossen. Dennoch: der Vorfall ist ein unerhörter doppelter Tabubruch. Er offenbart einen mangelnden Respekt vor der Person des Erzbischofs und noch viel mehr offenbart er einen mangelnden Respekts vor der Heiligen Messe und damit dem Herrn Jesus Christus.
Der Grund für die mediale, aber auch innerkirchliche Verbissenheit, mit der der Erzbischof von Brüssel angegriffen wird, ist letztlich immer derselbe: Erzbischof Léonards Ausrichtung sei „rückwärtsgewandt und konservativ“.
Was aber löste die Haßwelle aus, die durch die Medien in die Köpfe des Volkes gehämmert wurde?
Erzbischof Léonard bezeichnete:
– AIDS als „eine Form immanenter Gerechtigkeit“;
– homosexuelle Praktiken als abnorm;
– und merkte an, daß es nichts mit Gerechtigkeit, sondern mit „Rache“ zu tun habe, wenn man alte, zurückgezogen lebende Priester, die sich pädophilen Verhaltens schuldig gemacht haben, bestrafen wolle, obwohl ihre Schuld laut geltender Rechtsordnung bereits verjährt ist.
In der medialen Übersetzung heißt das:
Für Erzbischof Léonard:
– ist die Ansteckung mit AIDS eine gerechte Strafe;
– Homosexuelle sind abnorm;
– pädophile Priester müssen geschützt werden und ungestraft bleiben.
Die Reaktion ist ein einhellig scheinender Aufschrei, der dem Erzbischof sogar eine Anzeige wegen „homophober Verleumdung“ einbrachte.
Die katholischen Blätter „Dimanche“ und „Kerk en leven“ haben ihren Erzbischof scharf angegriffen. Der Chefredakteur des flämischen Blattes verstieg sich gar zur Äußerung, er wolle seinen Beruf nicht beschädigen, indem er allen „unmöglichen Auslassungen“ Léonards nachrenne. Vor allem die flämischen Bischöfe gingen wenig zimperlich mit ihrem Primas um. Sie taten Léonards Aussagen als „rein persönliche Ansicht“ ab und zeigten sich besorgt, daß die Bevölkerung meinen könne „der Erzbischof sei die belgische Kirche“. Das scheint ja offensichtlich nicht der Fall zu sein.
Belgiens Bischöfe äußerten jüngst ja bereits den Wunsch nach Aufhebung des Zölibats für Priester. Die Ernennung Jürgen Mettepenningen zum Sprecher des Erzbischofs war bereits im Juni von kirchentreuen Kreisen kritisiert worden. Mettepenningen hatte sich früher bereits für das Frauenpriestertum und Homo-„Ehe“ ausgesprochen und mit Seitenhieben gegen eine „sexistische“ und „diskriminierende“ Kirche verbunden. Die Liturgie, so Mettepenningen, sollte „lebendiger und moderner“ werden.
Nur wenige Monate nach seiner Ernennung fiel Mettepenningen seinem Erzbischof und Arbeitgeber öffentlich in den Rücken. Er erteilte dem Erzbischof über die Medien eine Schelte und schoß gleich mehrere vergiftete Pfeile auf seinen Oberhirten ab. Zu den „freundlichsten“ gehörten noch, daß Léonard hätte besser schweigen sollen, „zumindest bis Weihnachten“, und er sich wie eine „Geisterfahrer“ aufführe.
Erzbischof Léonard erklärte noch einmal öffentlich seine mißverstandenen Worte, doch weder die aufgehetzte belgische Öffentlichkeit wollte zuhören noch sein eigener Pressesprecher. Mettepenningen trat mit medial inszeniertem Paukenschlag zurück nach dem Motto: Unter einem Bischof mit „solchen Ansichten“ könne er nicht arbeiten. In kluger Vorahnung seiner bevorstehenden Entlassung – welcher Arbeitgeber würde sich auch nur ein annähernd Vergleichbares Verhalten bieten lassen? – trat der Pressesprecher die Flucht nach vorne an. Wie steht es aber um die kirchliche Disziplin? Um den dem eigenen Bischof und jedem Bischof geschuldeten Respekt? Was ist mit der Treue zur Kirche und ihrem Lehramt? Kategorien, die in einer frenetisch diesseitigen Welt nur mehr wenig zu zählen scheinen und auch kirchliche Kreise mit ihrer zersetzenden Wirkung infiziert zu haben scheinen.
Erzbischof Léonard wollte jedoch nicht „bis Weihnachten“ warten und sich in keiner Weise in seinen Befugnissen und in seiner Handlungsfreiheit als Bischof einschränken lassen, auch nicht durch seinen Pressesprecher.
Es bleibt der Eindruck eines,die Wahrheit nicht mehr ertragenden europäischen Westens, der seine durch die Entchristlichung freigesetzte innere Aggressivität gegen die Kirche richtet. Es gehört zum anthropologischen Wissensschatz des Christentums, daß die Gottlosigkeit den Verlust der Wahrheit bedeutet und daß die Sünde zur Blindheit gegenüber der Wahrheit führt.
(Giuseppe Nardi, Bild: missatridentinaemportugal)