(Peking) Ein taoistischer Mönch und spiritueller Meister zahlreicher chinesischer VIP’s steht unter Skandalverdacht und ist angeklagt, seine Identität gefälscht zu haben. Der Minister für religiöse Angelegenheiten verteidigt sich und ruft zu mehr Moral auf. Die Korruption der Religionen ist allerdings auch Schuld des Ministeriums.
Li Yi, 41, Abt des taoistischen Kloster von Shaolong bei Chongqing (Shaanxi) wurde bekannt, weil sich dort zahlreiche berühmte Persönlichkeiten der chinesischen Gesellschaft behandeln ließen. So Ma Yun, Gründer von Alibaba.com, die Popsängerin Faye Wong, Personen aus Fernsehen und Showbusiness wie Shang Jizhong und seine Frau Fan Xinman. Laut seinen Büchern und den Zeugnissen dieser Stars ist der Abt „ein göttlicher Arzt“, der Krebs heilen, von Streß befreien kann und Gymnastikübungen und Diäten für den Frieden und für ein langes Leben anbietet. Durch einen klugen Umgang mit den Medien wurde er zum Meister einer Schule mit 30.000 Schülern.
Die regionale Abteilung für religiöse Angelegenheiten von Chongqing entdeckte jedoch, daß der taoistische Mönch seinen Lebenslauf gefälscht hatte. Darin behauptet Li Yi im Alter von drei Jahren mit dem Studium des Taoismus begonnen zu haben. Die Abteilung fand hingegen heraus, daß er erst 2000 Mönch geworden ist. Ihm wird nun vorgeworfen, daß seine angeblichen übernatürlichen Kräfte nur Scharlatanerie seien, um Leute zu betrügen. Laut Eigendarstellung soll er zwei Stunden unter Wasser bleiben können, ohne atmen zu müssen.
Nun ist Li Yi angeklagt, angebliche Wunder vorgetäuscht zu haben und seinen Schülern damit Geld abgelockt zu haben für teure Unterrichtsstunden, Diäten und Gymnastik.
Seit sein Stern sinkt, bemühen sich die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens um Distanz zu ihm. Gleiches macht der Minister für religiöse Angelegenheiten, der sich empört über das Vorgefallene gibt und zu „mehr Moral, Integrität und Charakter“ aufrief.
Die „Ermahnung“ aus dem Ministerium übersieht jedoch, daß gerade das Ministerium für den Aufstieg von Li maßgeblich verantwortlich ist, der sogar mit Wohlwollen der Pekinger Regierung stellvertretender Vorsitzender der regierungsoffiziellen Taoistischen Vereinigung Chinas war. Li Dun, Professor an der Universität Qinghua erklärte: „Er hätte nie so hoch steigen können ohne die Unterstützung der Behörden, gerade im religiösen Bereich, in dem die staatlichen Kontrollen noch so streng sind. Die Menschen vertrauen natürlich jemandem, der eine solche Unterstützung von höchster Stelle genießt.“
Der Minister für religiöse Angelegenheiten ist einer der Hauptverantwortlichen für die unheilige Verquickung von Religion und Geschäft. Mit den „großen Wirtschaftsreformen“ von Deng Xiaoping wurden Tempel, Kirchen und Klöster von den Behörden gezwungen ihren „Beitrag zum Sozialismus“ dadurch zu leisten, daß sie wirtschaftlich aktiv wurden. Tempel, die einmal Oasen der Stille und des Gebets waren, wurden in Zentren des Massentourismus und Marktplätze umgewandelt. Auch die Shaolinmönche wurden zu einer Art mächtiger und reicher multinationaler Firma.
Bleibt die hohe Bereitschaft der Chinese gegenüber den Religionen, die in diesem Fall ausgenützt wurde. Diese hohe Bereitschaft ist eine Reaktion auf den seit 60 Jahren herrschenden Materialismus. Es besteht ein großes Bedürfnis nach Frieden, Harmonie und Spiritualität im Land der Mitte. Der Wunsch durch teure Scharlatanerie, ob als Diäten oder als „besondere“ Gymnastikübungen getarnt, Gesundheit und ein längeres Leben zu erlangen, erklärt sich aus dem vielen Chinesen vom Staat verweigerten Recht auf eine Gesundheitsvorsorge.
(Asianews/GN, Bild: Asianews)