Kardinal Ouellet: Marianische Dimension für die Einheit der Christen vertiefen – Mutter Teresa Vorbild für die Mission des 3. Jahrtausends


(Vati­kan) Kar­di­nal Gio­van­ni Bat­ti­sta Re über­gab die Lei­tung der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on an den bis­he­ri­gen Pri­mas von Kana­da, Kar­di­nal Marc Ouel­let ab, nicht ohne zuvor noch eini­ge dis­ku­ta­ble Bischofs­er­nen­nun­gen durch­ge­führt zu haben, dar­un­ter jene zwei­er Zög­lin­ge von Kar­di­nal God­fried Dan­neels, die zu Bischö­fen von Namur bzw. Brüg­ge ernannt wurden.
Inter­es­san­ter ist der neue Lei­ter der Bischofs­schmie­de der katho­li­schen Kir­che, der aus dem fer­nen Kana­da nach Rom kommt. Im Novem­ber 2003 gab er der Zeit­schrift 30Giorni ein Inter­view, das es nun nach­zu­le­sen gilt.

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Kar­di­nal Ouel­let wur­de im Mai 1968 zum Prie­ster geweiht, „einer recht hei­ßen Pha­se“. Ouel­let erin­nert sich an eine „etwas chao­ti­sche Zeit“. Unmit­tel­bar vor der Wei­he habe ihm ein Ver­wand­ter gesagt, daß er es sich wohl noch ein­mal über­le­gen müs­se, da „es scheint, daß die Kir­che, der Du Dein Leben schenkst, zusam­men­bricht, sie scheint kei­ne Zukunft zu haben. Er mein­te es ernst, nicht etwa zum Scherz.“

Sie wur­den nicht vom „revo­lu­tio­nä­ren“ Kli­ma in den Bann gezogen?

„Nein. Auch wenn in den Stu­den­ten­pro­te­sten etwas Tie­fe­res lag, das über den nor­ma­len poli­ti­schen und sozia­len Pro­test hin­aus­ging. Es gab eine gewis­se Sinn­su­che, eine all­ge­mei­ne Unzu­frie­den­heit mit den gesell­schaft­li­chen Struk­tu­ren, auch den reli­giö­sen … Semi­na­ri­sten nah­men damals in Mas­sen an der Stu­den­ten­be­we­gung teil und um gegen­über den ande­ren Pro­te­stie­rern glaub­wür­di­ger zu sein, waren sie die radi­kal­sten. Das Semi­nar wur­de für 15 Tage geschlos­sen und danach nur mehr jene zuge­las­sen, die sich ver­pflich­te­ten, sich der Auto­ri­tät der Vor­ge­setz­ten zu unterwerfen.“

Nach der Wei­he wirk­te der Neu­prie­ster zwei Jah­re als Koope­ra­tor in einer Pfarrei.

„Es war eine wun­der­schö­ne Zeit. Der Pfar­rer war 60 Jah­re alt und wir arbei­te­ten sehr gut zusam­men. Ich küm­mer­te mich vor allem um die Schul­seel­sor­ge und den Gesang und die Lit­ur­gie, die damals einen beson­ders chao­ti­schen Augen­blick durchlebte.“

Es begann die aka­de­mi­sche Lauf­bahn, die zum größ­ten Teil in Latein­ame­ri­ka stattfand.

„1970 begann ich am Prie­ster­se­mi­nar von Bogo­ta Phi­lo­so­phie zu leh­ren. Damals herrsch­te eine gro­ße Beru­fungs­kri­se. Es fehl­te nicht an Momen­ten der Span­nun­gen und der Pro­te­ste durch die Semi­na­ri­sten, aber die Lage blieb immer unter Kontrolle.“

Damals begann sich die Befrei­ungs­theo­lo­gie zu verbreiten.

„In der Tat, das erste Buch des Theo­lo­gen Gustavo Gut­iérrez erschien genau 1971. Ich muß aller­dings sagen, daß Kolum­bi­en nicht son­der­lich von jener Ver­si­on der Befrei­ungs­theo­lo­gie berührt wur­de, die von der mar­xi­sti­schen Ideo­lo­gie abhän­gig war. Nicht zuletzt wegen der inten­si­ven Gegen­in­itia­ti­ven, die der dama­li­ge Bischof und heu­ti­ge Kar­di­nal Alfon­so López Tru­ji­l­lo umsetzte. “

Hat­te die Befrei­ungs­theo­lo­gie auch posi­ti­ve Aspekte?

„Ganz sicher ja. Die nicht mar­xi­sti­sche Befrei­ungs­theo­lo­gie erwächst aus dem Wort Got­tes: es war eine Kund­ge­bung des Hei­li­gen Gei­stes in dem Sinn, daß sie dem Schrei der Armen eine Stim­me ver­lie­hen hat, die Gerech­tig­keit for­dert, die um Hil­fe bit­tet und die sich von der Hei­li­gen Schrift inspi­riert, beson­ders vom Alten Testa­ment. Die Befrei­ungs­theo­lo­gie hin­ter­läßt eine sehr posi­ti­ve Erb­schaft, eine Leben­dig­keit in den kirch­li­chen Basis­ge­mein­schaf­ten. Was der Befrei­ungs­theo­lo­gie hin­ge­gen fehl­te, war eine tie­fe­re Chri­sto­lo­gie. Im Ver­hält­nis, mit dem es einen völ­lig über­zo­ge­nen Ein­fluß der mar­xi­sti­schen Gesell­schafts­ana­ly­se gab, ten­dier­te man die evan­ge­li­sche Inspi­ra­ti­on hin­ter das Alte Testa­ment zurück­zu­stel­len, zum Bei­spiel durch eine poli­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on des Exodus. In der Befrei­ungs­theo­lo­gie fehl­te das Ver­ständ­nis dafür, daß Jesus nicht irgend­ein gewöhn­li­cher Mär­ty­rer für eine Sache war, son­dern die Voll­endung der mensch­li­chen Geschich­te. Aus die­sem Grund waren die Ein­grif­fe der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on beson­ders wich­tig und wert­voll. Auch Gut­iérrez begann nach die­sen Stel­lung­nah­men die geist­li­che Dimen­si­on sei­ner Befrei­ungs­theo­lo­gie zu vertiefen.“

1982 pro­mo­vier­te Kar­di­nal Ouel­let an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na über das Werk des berühm­ten Schwei­zer Theo­lo­gen Hans Urs von Balthasar.

„Ich nahm 1973 das erste Mal Kon­takt mit ihm auf. Er begann damals mit der Theo­dra­ma­tik, dem zwei­ten Teil sei­ner Tri­lo­gie, war fast 70 Jah­re alt und dach­te, es nicht zu schaf­fen. Er ver­such­te mich davon abzu­brin­gen, mei­ne Dis­ser­ta­ti­on über sei­ne Theo­lo­gie zu schrei­ben. Es gelang ihm aber nicht. Mich fas­zi­nier­ten die mysti­sche Dimen­si­on und die gro­ße kul­tu­rel­le Dimen­si­on, die sei­ne Theo­lo­gie atmet, und so kon­zen­trier­te ich mich auf ein hei­ßes The­ma, wie das der theo­lo­gi­schen Anthro­po­lo­gie. Dar­aus wur­de eine tie­fe Freund­schaft, die auch in einem inten­si­ven Brief­wech­sel ihren Aus­druck fand. Mich beein­druck­te stets, wie schnell er ant­wor­te­te, trotz sei­ner vie­len Auf­ga­ben. Mir ist das nie gelun­gen. Beson­ders beein­druckt mich an sei­ner Per­son sein Adler­blick, das Sym­bol des Evan­ge­li­sten Johan­nes ist der Adler, die Fähig­keit, alles zu betrach­ten: die Hei­li­ge Schrift, die Über­lie­fe­rung, die Lite­ra­tur, vom höch­sten Punkt aus und daher um so tief­schür­fen­der. Von Bal­tha­sar erleuch­te­te mei­nen Ver­stand und mein Herz.

Nach sei­ner Lehr­tä­tig­keit an der Late­ran­uni­ver­si­tät war Msgr. Ouel­let für kur­ze Zeit Sekre­tär des Päpst­li­chen Rats für die För­de­rung der Ein­heit der Christen.

„Nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ist die katho­li­sche Kir­che in ent­schei­den­der und unum­kehr­ba­rer Wei­se in die öku­me­ni­sche Bewe­gung ein­ge­tre­ten. Das ist ein Pfingst­er­eig­nis unse­rer Zeit, das sehr posi­tiv zu bewer­ten ist. Aber die Ent­frem­dung für tau­send Jah­re der Ortho­do­xie und für 500 Jah­re der Gemein­schaf­ten der Refor­ma­ti­on läßt sich nicht so ein­fach über­win­den. Dazu braucht es Zeit. Ich mei­ne, daß mit die­sem Pon­ti­fi­kat (von Johan­nes Paul II, Anm. Katho­li­sches) die katho­li­sche Kir­che zum Zug­kraft der öku­me­ni­schen Bewe­gung gewor­den ist.“

Nicht immer aber mit Erfolg.

„Lei­der wur­den die gro­ßen Erwar­tun­gen, die durch das Gna­de­n­er­eig­nis der Begeg­nung zwi­schen Paul VI. und Anten­agoras geweckt wur­den, nicht erfüllt. Von unse­rer Sei­te sieht man kei­ne gro­ßen Hin­der­nis­se für die Ein­heit mit der Ortho­do­xie in dog­ma­ti­scher und sakra­men­ta­ler Hin­sicht, auch wenn das kei­nes­wegs zweit­ran­gi­ge Pro­blem der Ein­heit der Kir­che cum Petro et sub Petro bleibt. Aber aus ortho­do­xer Sicht sind die Din­ge nicht so ein­fach: auf ihrer Sei­te gibt es ein jahr­hun­der­tal­tes Miß­trau­en, besteht die Angst vor einer Inva­si­on durch uns in ihre Gebie­te, vor einem katho­li­schen Pro­se­ly­tis­mus. Manch­mal fra­ge ich mich, ob wir Katho­li­ken mit aus­rei­chen­der Auf­merk­sam­keit die­se psy­cho­lo­gi­schen, kul­tu­rel­len und histo­ri­schen Fak­to­ren berück­sich­ti­gen, bei unse­ren Metho­den des Dia­logs und der Annä­he­rung. Die Situa­ti­on ist beson­ders schwie­rig mit der rus­si­schen Ortho­do­xie, da gilt es die Tugend der Geduld zu üben. Man muß aber aner­ken­nen, daß es in die­sen Jah­ren enor­me Schrit­te vor­wärts gab mit Grie­chen­land, Bul­ga­ri­en und Ser­bi­en. Bei die­sem Dia­log gilt es, es zu ver­mei­den, „poli­tisch“ zu spie­len auch nicht über die Medi­en, wenn die Bezie­hun­gen ange­spannt sind. Es ist nicht klug, die­se Mit­tel in den öku­me­ni­schen Bezie­hun­gen zu gebrauchen.“

Eine beson­ders deli­ka­te Fra­ge im öku­me­ni­schen Dia­log ist der Pri­mat des Petrus.

„Der Papst (Johan­nes Paul II.) hat mit der Enzy­kli­ka Ut unum sint den Weg für die Dis­kus­si­on die­ses Argu­ments geöff­net, indem er die getrenn­ten Brü­der ein­ge­la­den hat, außer ihrer Sicht dar­zu­le­gen, wie die Aus­übung des Petrus­am­tes in einer für sie akzep­ta­blen Form gesche­hen könn­te. Die­se Befra­gung ist noch im Gange.

Es gibt eine Öff­nung des Hei­li­gen Stuhls, Emp­feh­lun­gen ent­ge­gen­zu­neh­men und das bedeu­tet, daß es eine Bereit­schaft gibt, etwas zu ändern. Viel­leicht kön­nen wir das Syn­oden­prin­zip stär­ken, das im Ori­ent stark ent­wickelt ist. Ande­rer­seits hat die ortho­do­xe Welt gro­ße Schwie­rig­kei­ten sich intern zu koor­di­nie­ren. Seit 30 Jah­ren spricht man von einer pan­or­tho­do­xen Ver­samm­lung, doch bis­her waren sie nicht imstan­de sie zu orga­ni­sie­ren. Ihnen fehlt das Petrus­prin­zip, statt des­sen über­wiegt ein natio­na­les Prin­zip, das alles blockiert.

Die gesam­te Kir­che muß also bereit sein zu einer wech­sel­sei­ti­gen Befruch­tung, die über die – sagen wir es so – Suche nach poli­ti­schen For­meln hin­aus­geht. Des­halb habe ich in mei­nen Über­le­gun­gen zur öku­me­ni­schen Bewe­gung ver­sucht das maria­ni­sche Prin­zip zu entfalten.

Die öku­me­ni­sche Aus­rich­tung kon­zen­triert sich zu sehr auf den Epi­sko­pat, auf das Ver­hält­nis Kol­le­gia­li­tät und Papst­tum und nicht aus­rei­chend auf die Grund­la­gen des Glau­ben und damit auf die Rol­le Mari­ens, die – und dar­in ste­hen uns die Ortho­do­xen sehr nahe – viel tie­fer geht als die Rol­le des Petrus oder der Bischö­fe. Es bräuch­te Über­le­gun­gen über das maria­ni­sche Prin­zip als Grund­la­ge der Ein­heit der Kir­che. Die­ser Aspekt wur­de m. E. noch nicht aus­rei­chend ver­tieft im öku­me­ni­schen Dialog. “

Besteht nicht die Gefahr, daß die­ses maria­ni­sche Prin­zip jedoch gegen­über der pro­te­stan­ti­schen Welt weni­ger wirk­sam ist?

„Das wür­de ich nicht sagen. Im Dia­log mit den Angli­ka­nern stell­te ich fest, daß sie in ihrer lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on die Mari­en­fe­ste bewah­ren. Sicher, im Gegen­satz zu uns, rufen sie Maria nicht an, aber zu ande­ren grund­le­gen­den Fra­gen wur­de ein gemein­sa­mer Text über das Geheim­nis Mari­ens in Chri­stus und der Kir­che ver­faßt, das dem­nächst ver­öf­fent­licht wer­den dürf­te. Zudem wur­de 1997 vom Grou­pe des Dom­bes ein doch bemer­kens­wer­tes Doku­ment ver­faßt, in dem man zum Schluß kam, daß Maria kein Fak­tor der Tren­nung zwi­schen refor­mier­ten und katho­li­schen Theo­lo­gen ist. Es gibt also zwi­schen Katho­li­ken und Ortho­do­xen, aber auch zwi­schen Katho­li­ken und Angli­ka­nern und zwi­schen Katho­li­ken und Refor­mier­ten gemein­sa­me Punk­te von gro­ßer Bedeu­tung, die zu posi­ti­ven Ent­wick­lun­gen füh­ren könn­ten. Der Aus­gangs­punkt, dar­an gilt es immer zu erin­nern, ist dabei natür­lich die Hei­li­ge Schrift. Aus­ge­hend von der Offen­ba­rung und der Art, wie wir die Offen­ba­rung zusam­men auf­neh­men, ist die Ein­heit mög­lich. Und Maria ist dazu die bibli­sche Schlüs­sel­fi­gur, die uns lehrt, das Wort zu empfangen.

In die­sem Zusam­men­hang muß ich geste­hen, daß in der pro­te­stan­ti­schen Welt, lei­der, zwar mit gro­ßem Nach­druck von der Hei­li­gen Schrift gespro­chen wird, ohne sie jedoch zu befol­gen. Nun sind es wir Katho­li­ken, die den Dia­log auf die rich­ti­ge Grund­la­ge stel­len. Wenn es etwa im anthro­po­lo­gi­schen oder ethi­schen Fra­gen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten gibt, schau­en wir auf die Hei­li­ge Schrift, die Pro­te­stan­ten hin­ge­gen sind ver­sucht, auf die Kul­tur zu schauen.“

Wel­che sind die vor­ran­gi­gen Fra­gen, die die Kir­che heu­te ange­hen muß?

„Das Haupt­an­lie­gen ist und muß immer die Mis­si­on sein. Die wich­tig­ste Fra­ge ist immer jene, wie das Evan­ge­li­um jener Welt ver­kün­det wer­den kann, die es noch nicht auf­ge­nom­men hat. Es ist eine Auf­ga­be, die viel zu sehr in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist, die in den Mas­sen­me­di­en kei­nen Platz fin­det, aber die Auf­ga­be der Kir­che ist. Aus die­ser Sicht ist die Selig­spre­chung von Mut­ter Tere­sa sym­bo­lisch und epo­chal, in dem Sinn, daß die klei­ne gro­ße Schwe­ster die Mis­sio­na­rin­nen der Näch­sten­lie­be grün­de­te, nicht die Schwe­stern der Näch­sten­lie­be, und sie tat dies in Indi­en. Heu­te wir­ken die­se Mis­sio­na­rin­nen, zum größ­ten Teil Inde­rin­nen, in der gan­zen Welt, indem sie eine radi­ka­le Näch­sten­lie­be leben, unent­gelt­lich mit den Ärm­sten und unter den Ärm­sten. Das ist das Sym­bol der Mis­si­on für das drit­te Jahr­tau­send. Para­do­xer­wei­se ist es Asi­en, also der am wenig­sten chri­stia­ni­sier­te Kon­ti­nent, der uns ent­ge­gen­kommt und uns evan­ge­li­siert, reevangelisiert.“

Am Anfang des Gesprächs spra­chen sie das lit­ur­gi­sche Cha­os nach dem Kon­zil an. Hal­ten Sie eine Reform der lit­ur­gi­schen Reform für notwendig?

„Nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gab es eine sehr über­zo­ge­ne pro­gres­si­ve lit­ur­gi­sche Strö­mung, die Schät­ze der Tra­di­ti­on ver­schwin­den ließ, wie z.B. den gre­go­ria­ni­schen Gesang. Schät­ze, die wie­der gebor­gen wer­den soll­ten. In erster Linie aber, wie Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger sagt, muß die sakra­le Bedeu­tung der Lit­ur­gie zurück­ge­won­nen wer­den, die Über­zeu­gung, daß die Lit­ur­gie nicht etwas von uns ist, das wir schaf­fen, das wir zusam­men­set­zen nach unse­rem ver­gäng­li­chen Geschmack, son­dern etwas, was wir emp­fan­gen, was uns geschenkt wird. Die Objek­ti­vi­tät der lit­ur­gi­schen For­men hat also ihre Bedeu­tung. Ich mei­ne, daß die­se Ermah­nun­gen des Kar­di­nals Ratz­in­gers wich­tig sind. Ich mei­ne, daß das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil eine gute Kon­sti­tu­ti­on zur hei­li­gen Lit­ur­gie ver­faßt hat, die Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um. Die Umset­zung der lit­ur­gi­schen Reform war jedoch nicht immer auf der Höhe. Man müß­te zum Buch­sta­ben von Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um zurückkehren.“

Ein ande­res hei­ßes Eisen der inner­kirch­li­chen Dis­kus­si­on ist die Kol­le­gia­li­tät. Sind Sie der Mei­nung, daß es in die­sem Bereich Refor­men braucht?

„Der öku­me­ni­sche Dia­log hat mich die Reich­tü­mer der ande­ren Tra­di­tio­nen wie­der­ent­decken las­sen. Wir Latei­ner haben ein mehr zen­tra­li­sti­sches kirch­li­ches Leben. Petrus ist unse­re Stär­ke und man soll­te dar­aus kei­ne Schwä­che machen. In der ortho­do­xen Tra­di­ti­on über­wiegt das Syn­oden­prin­zip, wäh­rend bei den Pro­te­stan­ten die Lai­en stär­ker in das Leben der Gemein­schaft ein­ge­bun­den sind. Die Wei­ter­ent­wick­lung der Kol­le­gia­li­tät braucht eini­ge Kor­rek­tu­ren, die in irgend­ei­ner Wei­se auch den Reich­tum unse­rer getrenn­ten Brü­der mit­ein­schlie­ßen soll­te. Ich ver­spü­re den Drang zu einer stär­ke­ren Betei­li­gung der Diö­ze­san­bi­schö­fe in den Bezie­hun­gen mit den Dik­aste­ri­en der römi­schen Kurie, denn ich spü­re gewis­se Schwie­rig­kei­ten in die­sen Bezie­hun­gen, die auf etwas ver­här­te­te Posi­tio­nen auf bei­den Sei­ten zurück­ge­hen. Sicher, man muß sich eine geeig­ne­te Form aus­den­ken, ich habe aber kein fer­ti­ges Rezept vorzuschlagen.“

(30giorni/​GN, Bild: kbwn)

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