(Madrid) Der ehemalige Pressesprecher von Papst Johannes Paul II., Joaquàn Navarro-Valls, beklagte, daß sich keine weltliche Einrichtung „so ernst“ dem Problem Pädophilie gestellt habe wie die katholische Kirche. Und dies, obwohl sie im Vergleich zu anderen sozialen Gruppen und Einrichtungen zahlenmäßig nur „am Rande“ von diesem Problem berührt wird.
Navarro-Valls kritisiert vor allem, daß „ nicht über die Fälle von Pädophilie gesprochen wird, die in der Familie geschehen“. Ebenso wenig darüber, daß akzeptiert werde, daß Länder, die sogar bei den Vereinten Nationen hohe Ämter besetzen, Vorschriften haben, die es erlauben, daß Mädchen bereits im Alter von sieben oder acht Jahren verheiratet werden dürfen.
Navarro-Valls kritisierte in diesem Zusammenhang die „Scheinheiligkeit“, der die öffentliche Meinung zu diesem Thema verfallen sei. Wörtlich sagte der ehemalige Sprecher des Heiligen Stuhls: „Ich fordere jede Person heraus, mir den Namen jener öffentlichen Einrichtung zu nennen, die das Thema Pädophilie so ernst genommen hat, wie die katholische Kirche“.
Das Problem der Pädophilie „ist bestialisch, fürchterlich und obwohl erschreckend bekannt, werde mit den Angriffen auf Priester auf einen Nebenschauplatz abgelenkt, der im Verhältnis geradezu nebensächlich ist“, so Navarro-Valls. „Laut Statistik werde im Westen einer von fünf Säuglingen bereits Opfer pädophilen Mißbrauchs“, doch dazu herrsche Schweigen und Untätigkeit.
„Worüber nicht gesprochen wird, sind unter anderem der sexuelle Mißbrauch Minderjähriger in den Familien“, so der spanische Arzt.
Es gebe Länder in der Welt, die Vorschriften akzeptieren, daß Kinder bereits im Alter von sieben oder acht Jahren verheiratet werden können. „Das ist reine Pädophilie“, so Navarro-Valls. „Dennoch können diese Länder sogar hohe Posten bei den Vereinten Nationen besetzen und sind in der internationalen Gemeinschaft anerkannt. Das ist gelebte Scheinheiligkeit.“
Zum Fall des verstorbenen Ordensgründers Marcial Maciel sagte Navarro-Valls, daß es sich um eine „bedauerliche und dunkle Angelegenheit“ handle. Gleichzeitig betonte der ehemalige Sprecher des Heiligen Stuhls, daß das kirchenrechtliche Verfahren gegen den mexikanischen Priester bereits unter Papst Johannes Paul II. eingeleitet und begonnen wurde. Es sei daher eine „Dummheit“, wenn behauptet werde, Papst Wojtyla habe in der Causa irgendetwas verheimlichen wollen. „Das Verfahren war langwierig und wegen des Schutzes der Opfer delikat, deshalb konnte es erst unter dem Pontifikat Benedikts XVI. abgeschlossen werden.
(ACI/GN, Bild: ACI)