Liebe Brüder und Schwestern!
Vor dem Ende des Priesterjahres möchte ich in den Katechesen der Generalaudienz noch einmal einige Aspekte des priesterlichen Dienstes mit euch betrachten. Es paßt auch gut in die Osterzeit, wenn wir uns daran erinnern, daß der Auferstandene es war, der die Jünger gerufen hat, zu taufen, Menschen zu lehren und zu Jüngern zu machen (vgl. Mt 28,19f), und daß der Auferstandene ihnen die Vollmacht erteilt hat, Sünden zu vergeben (vgl. Joh 20,23). Aus diesen Auftragsworten des Herrn leiten sich die drei priesterlichen Dienste her: das Volk Gottes zu heiligen, zu lehren und zu leiten. Heute möchte ich zunächst den Dienst des Lehrens betrachten. Der Priester als Lehrer – das heißt nicht, daß er sich selber in den Vordergrund stellt oder irgendwelche Disziplinen abhandelt, die es gäbe, sondern er stellt sich in den Dienst Jesu Christi, der das Wort der Wahrheit selber ist. Denn die Grundfrage des Menschen ist ja: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was soll ich tun? Auf diese Grundfragen braucht er Antwort, und die kann man sich nicht selbst ausdenken, sondern die Antwort muß aus der Wahrheit selbst, muß von Gott her kommen. Christus als das Wort Gottes hat sie uns geschenkt und gezeigt. Der Priester verkündet sie, er steht im Dienst dieser Wahrheit. Er propagiert nicht eigene Ansichten und Meinungen, sondern er ist demütiger Diener dessen, was uns allen gemeinsam ist und uns allen den Weg bereitet. Das bedeutet natürlich nicht, daß er etwas Fremdes sozusagen neutral anbietet, sondern verlangt, daß er innerlich in diese Wahrheit hineinwächst, sich von ihr formen läßt und so das Gemeinsame weitergibt, das auch sein eigenes Leben geformt hat. Das kann mit sich bringen, daß der Priester Rufer in der Wüste ist, das heißt, daß er gegen die herrschenden kulturellen Tendenzen steht und daß er im Widerstand gegen eingefahrene herrschende Meinungen das verkündigen muß, was eigentlich der Weg des Menschen ist. Und dabei ist dann wichtig, wie ich schon sagte, daß der Priester durch sein Leben selbst zeigt, daß er von der Wahrheit ergriffen ist, daß er nicht sich propagiert, sondern sich von ihr ständig neu kritisieren und umformen läßt, und durch einen Prozeß der Demut vor der Wahrheit und des Lebens in sie hineinwächst, sie glaubwürdig und vor allem auch gegenwärtig und heute verständlich macht. Der heilige Pfarrer von Ars ist uns gerade in seiner Schlichtheit ein Beispiel. Er hat keine gelehrten Theorien verkündet, aber er hat in die Wahrheit so „hinein“ gelebt, daß er sie verstanden hat und daß er sie in ihrer Aktualität überzeugend zu den Menschen zu bringen vermochte. Wenn wir all das bedenken, sehen wir, daß der Herr den Priestern eine große Aufgabe anvertraut hat, hinter der sie – hinter der wir – immer wieder zurückbleiben, aber die dadurch nicht aufhört, eine grundlegende Aufgabe für diese Welt zu sein. Jeder Priester soll mit Herz und Mund und in der Heiligkeit seiner Lebensführung der Stimme Ausdruck geben, auf die wir warten, nämlich der Stimme des Guten Hirten Jesus Christus.
Mit Freude grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Von Herzen bitte ich euch, stets für gute Priester und Priesterberufungen zu beten und den Priestern zu helfen, daß sie mehr und mehr lernen, wirklich Priester zu sein, daß sie den Leidenden, den Armen und den Bedürftigen Christus selber bringen. Der barmherzige Gott segne euch und eure Familien und schenke euch eine gesegnete Osterzeit!