(Hue/ Frankfurt) Der Priester Nguyen Van Ly wurde am 15. März vorübergehend aus der Haft entlassen und von der Polizei zum Priesterhaus der Diözese Hue gebracht. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) begrüßt diese überraschende Maßnahme, weil Pfarrer Ly infolge mehrerer Schlaganfälle halbgelähmt ist. Nguyen Van Ly wurde im März 2007 wegen angeblichen „Propaganda gegen den Sozialistischen Staat Vietnam“ zu acht Jahren Haft und fünf Jahren Hausarrest verurteilt. Die IGFM ruft die Regierung Vietnams auf, das Urteil gegen Pfarrer Ly zu revidieren und ihn, sowie zwei weitere Mitglieder der Progressiven Partei, aus der Haft zu entlassen.
Lys Haftstrafe wurde zur Erleichterung seiner medizinischen Behandlung zunächst für ein Jahr ausgesetzt. Das Urteil von acht Jahren Haft und anschließenden fünf Jahren Hausarrest sei jedoch immer noch gültig. Nguyen Van Ly erkennt sein Urteil nicht an.
Ly verbrachte seine letzten drei Jahren in Einzelhaft im nordvietnamesischen Gefängnis Nam Ha, 1.600 km von seiner Gemeinde und Familie in Südvietnam entfernt. 2009 erlitt er drei lebensgefährliche Schlaganfälle. Infolge dessen blieben ein Bein und ein Arm gelähmt.
Das Bild von der nichtöffentlichen Gerichtsverhandlung in Hue vom 30. März 2007 ging um die Welt. Es zeigt, wie Polizisten Pfarrer Ly den Mund zuhielten, als er gegen seine Verhaftung protestierte. Die Aufnahme dieses Vorgangs, die den Umgang mit Andersdenkenden in Vietnam dokumentierte, hat Menschen auf der ganzen Welt empört. Mit Pfarrer Ly wurden damals auch vier seiner Wegfährten vor Gericht gestellt. Nguyen Phong, Vorsitzender der Progressiven Partei (Dang Thang Tien) wurde zu sechs Jahren Haft und drei Jahren Hausarrest verurteilt. Nguyen Binh Thanh erhielt fünf Jahre Haft und zwei Jahre Hausarrest, zwei Frauen wurden zu jeweils anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Angeklagten hatten in der Verhandlung ausgesagt, daß sie während der Untersuchungshaft gefoltert wurden.
In der Anklageschrift vom 15. März 2007 wurde Pfarrer Nguyen Van Ly als „Drahtzieher“ bezeichnet, der „Propaganda-Dokumente gegen den Sozialistischen Staat Vietnam gesammelt, herausgegeben, gedruckt und gehortet“ habe. Unter diesen Dokumenten seien einige, in denen „die Situation der Religionsfreiheit in Vietnam verleumdet“ werde. Er habe Interviews „reaktionärer Medien“ im Ausland gegeben und reaktionäre Organisationen, wie den „Block 8406“, die Progressive Partei Vietnams und den Parteiverbund Lac Hong mit dem Ziel gegründet, „ein Gegengewicht zum Staat zu bilden“.
(PM)