200 Millionen Christen werden verfolgt – Wenn Schweigen schuldig macht


(Paris/​New York) Die rund 500 von Mos­lems getö­te­ten Chri­sten in Nige­ria nennt der fran­zö­si­sche Schrift­stel­ler René Guit­ton als aktu­el­les Bei­spiel für eine „immer besorg­nis­er­re­gen­de­re  Chri­stia­no­pho­bie“. Die Chri­sten sei­en welt­weit die am mei­sten ver­folg­te Reli­gi­ons­ge­mein­schaft, „doch der Westen schweigt dazu“. Guit­tons Buch über die Chri­sten­feind­lich­keit, das den Men­schen­rechts­preis des fran­zö­si­schen Par­la­ments erhielt, erschien vor weni­gen Tagen auch in einer ita­lie­ni­schen Ausgabe.

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In sei­nem Buch geht Guit­ton von per­sön­li­chen Erfah­run­gen und Begeg­nun­gen rund um den Glo­bus aus. Er zeich­net dabei eine vir­tu­el­le Welt­kar­te, auf der alle Län­der ver­zeich­net sind, in denen die Chri­sten durch den Isla­mis­mus, den athe­isti­schen Kom­mu­nis­mus oder den radi­ka­len Hind­una­tio­na­lis­mus Hin­dut­va bedrängt und ver­folgt werden.

Die inter­na­tio­na­le Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on Kir­che in Not ver­öf­fent­licht jähr­lich eine Welt­kar­te der Chri­sten­ver­fol­gun­gen. In rund 60 Staa­ten der Erde wird die Reli­gi­ons­frei­heit ein­ge­schränkt. Staa­ten wie Nord­ko­rea, die Volks­re­pu­blik Chi­na, Laos, Bir­ma, Paki­stan, Turk­me­ni­stan, Iran, Sau­di-Ara­bi­en, Jemen, Sudan, Nige­ria und Kuba sind dar­auf rot ein­ge­zeich­net. In ihnen sind die Chri­sten den stärk­sten Gefah­ren aus­ge­setzt. Dazu kom­men noch ein­mal rund zwei Dut­zend Län­der, in denen die Chri­sten teils schwe­ren Ein­schrän­kun­gen unter­wor­fen sind.

Volks­re­pu­blik Chi­na: Die Chri­sten machen im bevöl­ke­rungs­reich­sten Land der Erde sechs Pro­zent aus. Sowohl die katho­li­sche Kir­che als auch alle ande­ren christ­li­chen Deno­mi­na­tio­nen wer­den dis­kri­mi­niert. Die katho­li­sche Kir­che ist zudem von einer staat­lich betrie­be­nen Kir­chen­spal­tung betrof­fen. Die rom­treue Kir­che ist weit­ge­hend in den Unter­grund gezwun­gen, ihre Bischö­fe müs­sen oft jahr­zehn­te­lan­ge Haft erleiden.

Malay­sia: 9,1 Pro­zent der Bevöl­ke­rung sind Chri­sten. In jüng­ster Zeit kam es zu hef­ti­gen Reak­tio­nen und teils Gewalt­aus­brü­chen, nach­dem ein Gericht den Chri­sten erlaub­te, für Gott die Bezeich­nung „Allah“ ver­wen­den zu können.

Indo­ne­si­en: Sechs Pro­zent der Bevöl­ke­rung sind Chri­sten. Immer wie­der wer­den Chri­sten Opfer blu­ti­ger Angrif­fe durch Islamisten.

Paki­stan: Die Chri­sten machen nur zwei Pro­zent der paki­sta­ni­schen Bevöl­ke­rung aus. Neben isla­mi­sti­schen Angrif­fen, haben die Chri­sten vor allem unter den „Blas­phe­mie-Geset­zen“ zu leiden.

Sau­di-Ara­bi­en: Im ara­bi­schen König­reich ist der Islam Staats­re­li­gi­on. Mit dem Waha­bis­mus herrscht die streng­ste Rich­tung des Islam. Obwohl 2,9 Pro­zent der Bevöl­ke­rung Chri­sten sind, ist selbst die Ein­fuhr einer Bibel untersagt.

Sudan: Mehr als neun Pro­zent der Suda­ne­sen beken­nen sich zum Chri­sten­tum. Im isla­mi­schen Nor­den gilt jedoch die Todes­stra­fe bei Bekeh­rung eines Moslems.

Nige­ria: 40 Pro­zent der Bevöl­ke­rung von Nige­ria sind Chri­sten. Im Land ist eine star­ke Isla­mi­sie­rung im Gan­ge. Im isla­mi­schen Nor­den kommt es durch die Ein­füh­rung der Scha­ria zu blu­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Christen.

Am 26. Okto­ber 2009 leg­te Erz­bi­schof Cele­sti­no Miglio­re, der Bot­schaf­ter des Hei­li­gen Stuhls bei den Ver­ein­ten Natio­nen, in New York eine detail­lier­te Doku­men­ta­ti­on über die Ver­fol­gung der Chri­sten in zahl­rei­chen Län­dern vor. „Die Chri­sten sind die am mei­sten dis­kri­mi­nier­te reli­giö­se Gemein­schaft der Welt.“ Der vati­ka­ni­sche Diplo­mat spricht von bis zu 200 Mil­lio­nen Chri­sten, die sich in einer teils sehr schwie­ri­gen Lage befin­den, die auf staat­li­che oder kul­tu­rel­le Dis­kri­mi­nie­run­gen zurück­ge­hen. „Zwi­schen 75 und 85 Pro­zent aller welt­weit wegen ihres Glau­bens ver­folg­ten oder dis­kri­mi­nier­ten Men­schen sind Chri­sten“, erklär­te vor kur­zem Bert­hold Pel­ster von Kir­che in Not der ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung Avve­ni­re.

„Der lai­zi­sti­sche Westen scheint nicht ver­ste­hen zu wol­len“, meint Lou­is Sako, der chaldäi­sche Erz­bi­schof von Kir­kuk. Er rech­net vor, daß seit Beginn des zwei­ten Golf-Krie­ges im Land 825 ira­ki­sche Chri­sten ermor­det wur­den. In die­sel­be Wun­de legt auch René Guit­ton den Fin­ger. In sei­nem Buch „Chri­stia­no­pho­bie. Die neue Ver­fol­gung“ schreibt er: „Der immer stär­ker ent­christ­lich­te Westen tut sich schwer damit zu begrei­fen, daß Chri­sten ver­folgt wer­den könn­ten, weil sie Chri­sten sind, denn laut einer ver­ein­fa­chen­den Paro­le, die man immer wie­der zu hören bekommt, wür­de Christ­stein bedeu­ten, an der Macht zu sein.“ Selbst die Chri­sten im Westen fal­le es „schwer, sich das Chri­sten­tum als Min­der­heit zu den­ken“, so Guit­ton gegen­über dem Cor­rie­re del­la Sera.

Der Ver­tre­ter des Pap­stes bei den Ver­ein­ten Natio­nen ver­mei­det bestimm­te Aus­drücke. „Wir spre­chen nicht so ger­ne von ‚Pho­bien‘, gleich­gül­tig, ob es sich um Chri­sten, Juden, Mos­lems oder ande­re han­delt. Es ist ein biß­chen wie wenn man über die ‚Dif­fa­mie­rung‘ von Reli­gio­nen spricht. Das klingt sehr sug­ge­stiv, es besteht aber schnell die Gefahr, daß dar­aus ein blo­ßer Vor­wand wird, um nicht über die eigent­li­chen Fra­ge zu spre­chen, die Reli­gi­ons­frei­heit“, so der Vati­kan­di­plo­mat. „Die Reli­gi­ons­frei­heit, wie sie als ein Grund­recht in der All­ge­mei­nen Erklä­rung der Men­schen­rech­te ver­an­kert ist.“ Sei­ne Auf­ga­be bei den Ver­ein­ten Natio­nen bestehe auch dar­in, mit Klar­sicht bei Span­nun­gen und Kon­flik­ten reli­giö­se Ele­men­te von ande­ren Sym­pto­men zu unter­schei­den, die sich hin­ter der Reli­gi­on zu ver­stecken versuchen.

Der Lai­zist Guit­ton ruft den Westen auf, sei­ne „fal­sche Zurück­hal­tung“ abzu­le­gen. Es gebe Welt­ge­gen­den, in denen die Chri­sten zu Hun­der­ten mas­sa­kriert wer­den „und in Euro­pa erhebt sich nicht der lei­se­ste Pro­test“. In Euro­pa gebe es zu vie­le Medi­en, die zwar „unun­ter­bro­chen damit beschäf­tigt sind, über jede noch so unbe­deu­ten­de Klei­nig­keit zu berich­ten, die irgend­ei­ner Min­der­heit in unse­ren Län­dern wider­fährt. Kei­ne Fra­ge, kein Akt des Anti­se­mi­tis­mus oder der Isla­mo­pho­bie ist akzep­ta­bel. Es gibt aber nicht gute Opfer, über die man berich­ten muß, und schlech­te Opfer, über die man schweigt. Ich wider­set­ze mich den anti­christ­li­chen Maß­nah­men, ich kla­ge das Schwei­gen an, das Gefahr läuft, schul­dig zu wer­den. Wie es, in ande­ren Zei­ten, in Euro­pa gesche­hen ist, beson­ders mit dem Auf­stieg Hit­lers“, des­halb, so Guit­ton, habe er sein Buch geschrieben.

(GN, Bild: churchtimes)

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