(Beirut) Der griechisch-katholische Erzbischof von Tyrus im Libanon berichtet in einem Gespräch mit Asianews über die Lage der Christen im Libanon, die unter zahlenmäßigem Rückgang leiden und sich angewidert von der Politik abwenden. Die Christen stellten noch im vorigen Jahrhundert die Mehrheit im Libanon. Deshalb wurde das Land am östlichen Mittelmeer zu einem unabhängigen Staat. Seit den 1970er Jahren befinden sie sich jedoch in der Defensive und wurden zur Minderheit im eigenen Land. Der massive Druck der Moslems, zunächst der sunnitischen Palästinenser, dann der schiitischen Hisbollah führten zu einer starken Auswanderungswelle unter Christen. „Sie fühlen eine immer stärkere Entfremdung zu ihrem eigenen Land“, so Msgr. Georges Bacaouni. Im Vergleich zu den vergangenen Jahrhunderten sei vor allem der Rückgang der Christen in den politischen Institutionen, im Sozial- und Bildungsbereich und im Heer groß.
Im Gebiet der Erzdiözese von Tyrus, im Südlibanon, seien nur mehr zehn Prozent der Bevölkerung Christen, während sich die Moslems stark vermehrten. Das unmittelbare Grenzgebiet zu Israel sei seit Jahrzehnten eine „sehr heiße“ Zone wegen der Kriege und Propaganda. Die Christen seien stark verunsichert, weshalb sich immer weniger zur Ehe entschließen und für Kinder entscheiden würden. Im Gegensatz dazu wachse die Zahl der Moslems durch deren Polygamie stark.
Das Mißtrauen unter Christen sei so groß geworden, daß viele nur mehr in der Abwanderung nach Beirut oder gar die Auswanderung einen Weg sehen. Die Erzdiözese versuche die Christen sogar durch ein Wohnungsprogramm zum Bleiben zu bewegen, doch meist erfolglos.
Christen, Drusen, Sunniten und Schiiten würden zumindest im Südlibanon friedlich zusammenleben. Allerdings lebe jede Gruppe strikt für sich. Die Konflikte, so der Erzbischof, seien primär politisch-ökonomischer Natur und gingen „von oben“ aus. Hier gebe es wenig Möglichkeiten für die Kirche, einzugreifen. Andererseits gebe es durchaus auch „extremistische moslemische Gruppen“, die Christen grundsätzlich als „Kreuzzügler“ verunglimpfen.
Aufgabe der Kirche sei es, die Christen zu ermutigen durch ein glaubwürdiges Leben nach den Evangelien und der Verkündigung des Wortes Gottes. Das könne dann auch zur Vorbildwirkung für die Nicht-Christen werden.
(Asianews/GN, Bild: Asianews)