Der Weihnachtsbaum ist nicht heidnisch


Von Vater Dani­el Daly [1]Zuerst ver­öf­fent­licht in: The Word-Maga­zin, Ausg. Dezem­ber 2002. Vater Dani­el Daly ist Prie­ster der „Ortho­do­xen Kir­che des Hl. Niko­laus“, Grand Rapids, MI. – Quel­le des engl. Tex­tes im Inter­net: … Con­ti­n­ue rea­ding

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Vor eini­gen Jah­ren, wäh­rend der Weih­nachts­zeit, erweck­te eine reli­giö­se Sen­dung im Fern­se­hen mei­ne Auf­merk­sam­keit. Der Sen­dung vor­an, ging eine Dis­kus­si­on über die Gefah­ren von Sek­ten, vor allem für jun­ge Men­schen. Ich konn­te den Spre­chern nur zustim­men, wie sie die jun­gen Men­schen über die Gefah­ren der Betei­li­gung an okkul­ten oder „New Age“ Spi­ri­tua­li­tät warnten.

Wäh­rend des Inter­views mach­te jedoch ein Teil­neh­mer eine Bemer­kung, die mich schockier­te. „… und der Weih­nachts­baum ist heid­nisch …“, behaup­te­te er. Der Weih­nachts­baum heid­nisch? Könn­te es sein, daß etwas, daß den mei­sten von uns so viel Freu­de berei­tet heid­ni­schen Ursprungs sein? Trotz der wach­sen­den Kom­mer­zia­li­sie­rung, bleibt der Weih­nachts­baum doch mit den schön­sten Erin­ne­run­gen an unse­re Kind­heit ver­bun­den. Wer erin­nert sich nicht dar­an, wie er sich einst am Weih­nachts­mor­gen dem Bau­me näher­te? Noch heu­te sind die Men­schen vom Weih­nachts­baum so fas­zi­niert, daß es eini­ge Men­schen gibt, die bereits im Novem­ber einen Christ­baum auf­stel­len! Er fin­det bei Gläu­bi­gen, eben­so wie bei Ungläu­bi­gen, glei­cher­ma­ßen sei­nen Platz in der Wohnung. 

Den mei­sten Men­schen ist bekannt, daß der Weih­nachts­baum mit den Ein­wan­de­rern aus Deutsch­land sei­nen Weg nach Ame­ri­ka fand, doch woher genau stammt die Tra­di­ti­on des Weih­nachts­baums? Ist sein Ursprung im Hei­den­tum zu fin­den, wie von dem Red­ner behaup­tet wurde?

Der Weih­nachts­baum stammt nicht aus früh­ger­ma­ni­scher Zeit. Sei­ne Ursprün­ge lie­gen in einer Tra­di­ti­on, die prak­tisch aus dem Chri­sten­tum ver­schwun­den ist: dem lit­ur­gi­schen Dra­ma. Im Mit­tel­al­ter wur­den der­ar­ti­ge lit­ur­gi­sche Dra­men wäh­rend oder oft­mals umge­hend nach dem Got­tes­dienst in den Kir­chen West­eu­ro­pas auf­ge­führt. Die älte­sten Stücke die­ser Art, waren mit den Myste­ri­en der Kar­wo­che und dem Oster­fest ver­bun­den. Ursprüng­lich han­del­te es sich um Dra­ma­ti­sie­run­gen lit­ur­gi­scher Tex­te. Das frü­he­ste bekann­te Schau­spiel ist die Quem quae­ri­tis („Wen sucht ihr?“) aus der Oster­zeit. Die­se Stücke wur­den spä­ter zu den Wun­der- und Moral-Spie­len wei­ter­ent­wickelt. Eini­ge von ihnen stan­den mit Ereig­nis­sen aus dem Leben bekann­ter Hei­li­ger in Ver­bin­dung. Auf­ge­führt wur­den die Stücke in den über­dach­ten Ein­gangs­be­rei­chen der gro­ßen Kir­chen. Obwohl die­se lit­ur­gi­schen Dra­men mitt­ler­wei­le prak­tisch ver­schwun­den sind, stellt das Pas­si­ons­spiel von Ober­am­mer­gau in Deutsch­land, eine neu­zei­ti­ge Wie­der­be­le­bung die­ser dra­ma­ti­schen Form dar.

Ein Myste­ri­en­spiel wur­de am Hei­li­gen Abend, an jenem Tage der auch an das Fest von Adam und Eva in der abend­län­di­schen Kir­che erin­nert, vor­ge­stellt. Das „Para­dies Spiel“, erzählt die bekann­te Geschich­te von Adam und Eva im Gar­ten Eden. Die zen­tra­le „Requi­si­te“ inner­halb des Stückes, stellt der Para­dies- oder Baum der Erkennt­nis dar. Für die­ses Schau­spiels wur­de der Baum mit Äpfeln behängt.

Der Para­dies Baum erfreu­te sich schon bald gro­ßer Beliebt­heit beim deut­schen Volk. Es dau­er­te nicht lan­ge und die Men­schen began­nen damit in ihren Häu­sern Tan­nen auf­zu­stel­len. Ursprüng­lich wur­den die Bäu­me mit Brot und Waf­feln, zum Geden­ken an die Eucha­ri­stie, geschmückt. Spä­ter wur­den die­se durch ver­schie­de­ne Arten von Süßig­kei­ten ersetzt. Unser Weih­nachts­baum ist nicht gleich­zu­set­zen mit dem heid­ni­schen Jul­baum (eigentl. Jul­bo­gen; d. Übers.), son­dern mit dem, mit Äpfeln geschmück­ten und am 24. Dezem­ber zu Ehren von Adam und Eva auf­ge­stell­ten Para­dies­baum. Der Weih­nachts­baum ist damit voll­kom­men bibli­schen Ursprungs.

Der erste erwähn­te Weih­nachts­baum stammt aus dem Jah­re 1605 in Straß­burg. Wäh­rend des 17. Jahr­hun­derts war der Brauch des Weih­nachts­baums bei der deut­schen Bevöl­ke­rung weit ver­brei­tet. Durch die ersten deut­schen Ein­wan­de­rer wur­de er nach Ame­ri­ka gebracht, und durch den Ein­fluß des Prin­zen Albert, dem deut­schen Ehe­mann von Köni­gin Vik­to­ria, wur­de er auch in Eng­land sehr beliebt.

Die Ver­wen­dung von Zwei­gen immer­grü­ner Pflan­zen zu Weih­nach­ten kann durch­aus auch vom hl. Boni­fa­ti­us aus dem 8. Jahr­hun­dert stam­men, der die Tan­ne dem hei­li­gen Kind weih­te, um etwas an die Stel­le der hei­li­gen Eiche Odins [2]Hier muß kor­ri­gie­rend ein­ge­grif­fen wer­den, denn die vom hl. Boni­fa­ti­us gefäll­te Eiche, war dem ger­ma­ni­schen Gott Donar oder Thor wie er im Nor­den hießt geweiht und nicht Odin. Anm. d. Über­set­zers zu set­zen. Doch scheint der Brauch des Weih­nachts­bau­mes „” so wie wir ihn heu­te ken­nen „”, nicht aus die­ser frü­hen Zeit zu stam­men. Er erscheint zunächst in den christ­li­chen Myste­ri­en­spie­len zum Geden­ken an die bibli­sche Erzäh­lung von Adam und Eva.

Wie legi­tim ist es also eine Tan­ne bei der Fei­er des Weih­nachts­fe­stes zu ver­wen­den? Von den ganz frü­hen Tagen der Kir­che an, bezo­gen die Chri­sten vie­le Din­ge der mate­ri­el­len Schöp­fung Got­tes, wie bei­spiels­wei­se Was­ser, Brot, Wein, Öl, Ker­zen und Weih­rauch in ihr Glau­bens­le­ben und in ihre Got­tes­ver­eh­rung ein. Alle die­se Din­ge sind Teil der Schöp­fung Got­tes. Sie sind Teil der Welt, in die Chri­stus kam, um sie zu ret­ten. Der Mensch kann sich nicht gegen die mate­ri­el­le Schöp­fung wen­den, ohne Zurück­wei­sung sei­nes eige­nen Seins als Mensch. In der Schöp­fungs­ge­schich­te wur­de dem Men­schen die Herr­schaft über die mate­ri­el­le Welt anvertraut.

Weih­nach­ten wird jenes gro­ße Geheim­nis der Mensch­wer­dung gefei­ert. In die­sem Myte­ri­um ist Got­tes Wort Mensch gewor­den. Um uns zu erlö­sen, wur­de Gott einer von uns. Er wur­de Teil sei­ner eige­nen Schöp­fung. Die Mensch­wer­dung bekräf­tigt, wie wich­tig der Mensch und die gan­ze Schöp­fung ist. „Denn also hat Gott die Welt geliebt …“

Ein Glau­be, der, auf der Suche nach der abso­lu­ten gei­sti­gen Reli­gi­on, die Schei­dung von allen Ele­men­ten der mate­ri­el­len Welt suchen wür­de, über­sä­he das zen­tra­le Myste­ri­um des Chri­sten­tums, das Myste­ri­um von Got­tes Mensch­wer­dung, die Inkar­na­ti­on. „Und das Wort ward Fleisch und wohn­te unter uns.“ Genie­ßen Sie Ihren Weihnachtsbaum.

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1 Zuerst ver­öf­fent­licht in: The Word-Maga­zin, Ausg. Dezem­ber 2002. Vater Dani­el Daly ist Prie­ster der „Ortho­do­xen Kir­che des Hl. Niko­laus“, Grand Rapids, MI. – Quel­le des engl. Tex­tes im Inter­net: Fri­ends of Vat­o­pei­di, Dt. Über­set­zung: G. Fern­bach. Edi­ti­on Hagia Sophia
2 Hier muß kor­ri­gie­rend ein­ge­grif­fen wer­den, denn die vom hl. Boni­fa­ti­us gefäll­te Eiche, war dem ger­ma­ni­schen Gott Donar oder Thor wie er im Nor­den hießt geweiht und nicht Odin. Anm. d. Übersetzers
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