(Bagdad) Bei den Wahlen in den irakischen Provinzen wurden die Christen des Landes schwer benachteiligt. Am Samstag fanden erste Wahlen zu den Provinzparlamenten des Iraks seit Kriegsende statt. Gewählt wurde in allen Teilen des Landes ausgenommen die drei kurdischen Provinzen des Nordens und die ebenfalls kurdische Erdölstadt Kirkuk. Artikel 50 des ursprünglichen Entwurfes für das Wahlgesetz sah auch eine Vertretung der ethnischen und religiösen Minderheiten vor. Für die immer schwächer werdende christliche Minderheit sollten 13 Sitze reserviert werden, da sie ansonsten keine Aussicht auf eine parlamentarische Vertretung hätten. Das Wahlgesetz wurde aber am 24. September 2008 vom irakischen Parlament ohne den Artikel 50 beschlossen, der kurzerhand gestrichen wurde. Als offizielle Begründung für die Streichung wurde angegeben, daß „keine zuverlässigen Volkszählungsdaten“ vorlägen.
Ende September demonstrierten Tausende Christen in Dohuk und Mosul gegen diese Ausgrenzung. Am 29. September kritisierte Kardinal Emmanuel III. Delly, Oberhaupt der mit Rom unierten chaldäischen Kirche, das Wahlgesetz in einem Schreiben an den irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki. Ebenso appellierte der Erzbischof von Kirkuk, Louis Saka, an Regierung und Parlament, die Christen des Landes „zu respektieren und die „religiösen Minderheiten“ zu schützen, in dem er an die alte christliche Tradition des Landes erinnert und den christlichen Beitrag zur Herausbildung einer eigenen staatlichen Identität.
Die Appelle blieben jedoch ungehört. Die Wahlergebnisse in den 14 von 18 Provinzen, in denen gewählt wurde, werden erst in den nächsten Tagen bekanntgegeben. Beobachter rechnen jedoch damit, daß kaum ein Christ unter den Gewählten sein werde.
(Avvenire/JF)