Der Vatikan hat mit der Instruktion Dignitatis personae die Lehrmeinung der Katholischen Kirche zur Fortpflanzungs- und Biotechnologie fortgeschrieben. Das Dokument umfaßt 37 Artikel und steht in der Tradition der Instruktion „Donum vitae“ (1987).
Dignitatis personae bekräftigt die Absage des Lehramts an jede Form künstlicher Befruchtung sowie therapeutischer und diagnostischer Maßnahmen, die der Würde der Person widersprechen. Da der Mensch von der Empfängnis an als gottgewollte Person angesehen wird, zählen zu den geächteten Verfahren insbesondere die Erzeugung menschlichen Lebens im Reagenzglas (In vitro-Fertilisation), die Forschung mit embryonalen Stammzellen und die Präimplantationsdiagnostik. Grundsatz ist dabei stets, daß alle Methoden, die von der gottgegebenen Schöpfungsordnung absehen und die Entstehung sowie den Schutz menschlichen Lebens, insbesondere die Heilung schwerer Krankheiten, von den in der Schöpfungsordnung festgeschriebenen Bedingungen entkoppeln, unvereinbar sind mit dem katholischen Glauben. Menschen, die sich anmaßen, eigene Wünsche und Bedürfnisse absolut zu setzen und dabei die Heiligkeit menschlichen Lebens zu negieren, stellen sich gegen Gott, der dieses Leben schenkt.
Für den Vatikan kann der Wunsch, ein Kind zu bekommen, nicht dessen Produktion rechtfertigen, ebenso wenig wie der Wunsch, ein bereits empfangenes Kind nicht zu bekommen, dessen Vernichtung rechtfertigt. Der rechte Platz für die Zeugung eines Kindes ist nicht das Labor, sondern der eheliche Geschlechtsakt, in dem die Partner ihre Liebe zueinander ausdrücken und damit ihre Bereitschaft, die Frucht dieser Liebe dankbar und verantwortungsvoll anzunehmen. Diese Frucht ist ein Geschenk Gottes. Es gibt mithin auf dieses Glück der Elternschaft keinen Anspruch, so schwer dies in einer Welt, in der jeder auf alles Anspruch erhebt, zu verstehen sein mag.
Das Klonen von Menschen wird vom Vatikan scharf verurteilt, denn es führe in eine „Art biologischer Sklaverei“. Die dabei unumgängliche Vernichtung „menschlicher Lebewesen“ verbiete die Forschung mit embryonalen Stammzellen. Es wird daran erinnert, daß die Würde der Stammzellforscher, die meinen, momentan ohne die „Nutzung“ von Embryonen nicht existieren zu können, nicht über der ihrer Forschungsobjekte steht.
Ebenso deutlich lehnen Roms Bioethiker die Präimplantationsdiagnostik ab, die der Euthanasie und der Diskriminierung Behinderter und Kranker Vorschub leiste.
Im Bereich der therapeutischen Manipulation des menschlichen Genoms und bei der Verwendung von Medikamenten, die aus Forschungsprogrammen stammen, bei denen auf ethisch nicht vertretbare Methoden zurückgegriffen wurde, zeichnet die Instruktion ein differenziertes Bild: Während das Klonen als Instrumentalisierung menschlichen Lebens nicht erlaubt sei, könnten humangenetische Eingriffe mit therapeutischer Absicht auch im embryonalen Stadium erfolgen, und während Wissenschaftler mit Stammzelllinien aus der „Embryonen verbrauchenden“ Forschung nicht weiterarbeiten dürften, da dies eine „Mitwirkung am Bösen“ darstelle, sei es moralisch gerechtfertigt, wenn Eltern den behandelnden Ärzten ihrer kranken Kinder die Gabe „unethisch gewonnener“ Medikamente (etwa Impfstoffe) gestatteten.
Dignitatis personae ist von den deutschen Bischöfen einhellig begrüßt worden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nannte das Dokument einen „nicht zu übersehenden Markstein“ in der bioethischen Debatte. Die Argumentation des Papiers sei nicht nur im theologischen Sinne angemessen, sondern auch im philosophischen Sinne vernünftig. Es sei daher zu erwarten, daß Dignitatis personae auch im außerkirchlichen Raum Akzeptanz findet.
(Josef Bordat)