(München) Eine deutschsprachige Koranausgabe „für Kinder und Erwachsene“ zieht den Zorn strenggläubiger Muslime auf sich.
Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und die zum Islam übergetretene Rabeya Müller haben im Verlag C.Ch. Beck einen Koran herausgegeben, der besonders verständlich sein soll. Mit dem Koran möchten sie Kindern den Zugang zum Islam erleichtern und bei nichtmuslimischen Lesern Verständnis für den Islam wecken.
Aus islamischer Sicht haben sie mit ihrer Veröffentlichung mehrere Sakrilege begangen. So haben sie die Suren (Verse) des Islam neu geordnet, um ein leichteres Verständnis zu ermöglichen.
Sie haben die Kapitel neu geordnet und so konzipiert, daß sich leichter interreligiöse Vergleiche machen lassen. Im Koran sind die 114 Suren weder thematisch noch chronologisch geordnet sondern der Länge nach.
Damit stoßen sie bei strenggläubigen Muslimen auf harsche Kritik. Anstoß nehmen islamische Kritiker aber auch daran, daß der Koran Darstellungen von Mohammed und von Erzengel Gabriel enthält, die auch deren Gesichtszüge zeigen. Sie folgen damit einer islamischen Tradition und verweisen darauf, daß einzig die Darstellung Gottes verboten sei, nicht aber die von Mohammed.
Die gewalttätigen Suren wie zum Beispiel jene, in der der Mann ermächtigt wird seine Frau zu prügeln, haben sie nicht in den Kinderkoran aufgenommen. Auch die Verse über das rigide Rechtssystem des Islam, die Scharia, und über den heiligen Krieg, den Dschihad, fehlen.
[Aktualisierung 23. September 2008]
Lamya Kaddor arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für islamische Religionspädagogik der Universität Münster.
Die Universität Münster lud Lamya Kaddor Anfang des Jahres zu einem Gespräch ein, bei dem Fragen im Zusammenhang mit der Erstellung ihrer Doktorarbeit und zum Umgang mit Universitätsmitteln geklärt werden sollten.
Nach Auskunft der Universität Münster bestritt Lamya Kaddor jede Unregelmäßigkeit und reichte wenig später ihre Kündigung ein.
Die Universität akzeptierte die Kündigung, vermutet weiterhin die Veruntreuung von Forschungsgeldern und Zweckentfremdung von Universitätsressourcen durch Frau Kaddor. Zur Klärung dieser Vorwürfe schaltete die Universität die Staatsanwaltschaft Münster ein.
Die Höhe der mutmaßlich veruntreuten Summe liegt nach unbestätigten Angaben der türkischen Zeitung Zaman „zwischen 20.000 und 100.000 Euro“. Auch auf Nachfrage bei der Universität Münster wurde diese Summe weder bestätigt noch dementiert. Nach Angaben der Westfälischen Nachrichten, soll Frau Kaddor der türkischen Zeitung eine Klage angedroht haben, worauf ihr Zaman eine Gegendarstellung angeboten habe.
Gegen den Leiter des Instituts für islamische Religionspädagogik, Prof. Kalisch, unternahm Frau Kaddor gerichtliche Schritte wegen Äußerungen im Zusammenhang mit ihrer Kündigung. Dieser verpflichtete sich am 31. Juli 2008 in einer Güteverhandlung vor dem Landgericht Münster, die Behauptung zu unterlassen, daß Lamya Kaddor mit ihrer Kündigung einer Entlassung durch die Universität zuvor gekommen sei.
Frau Kaddor sieht sich, Presseberichten zur Folge, als Opfer einer Diffamierungskampagne. Aus ihrer Sicht konnte das Arbeitsverhältnis wegen Zerrüttung nicht fortgesetzt werden. [/Aktualisierung 23. September 2008]
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen.
(fa/JF)