Papst Benedikt XVI. empfängt Silvio Berlusconi


(Vati­kan) Papst Bene­dikt XVI. hat an die­sem Frei­tag den vor weni­gen Wochen ver­ei­dig­ten ita­lie­ni­schen Mini­ster­prä­si­den­ten Sil­vio Ber­lus­co­ni in Audi­enz empfangen.

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Es ist seit dem Jahr 1994 das vier­te Mal, daß der Mai­län­der Mil­li­ar­där und Medi­en-Mogul die Regie­rungs­ver­ant­wor­tung über­nom­men hat. Ber­lus­co­ni steht an der Spit­ze einer Mit­te-rechts-Koali­ti­on, die nach den Wah­len im Monat April als ein­deu­ti­ger Sie­ger her­vor­ge­gan­gen ist. Die Demo­kra­ti­sche Par­tei des ehe­ma­li­gen Bür­ger­mei­sters von Rom, Wal­ter Vel­tro­ni, hat­te eine Nie­der­la­ge ein­stecken müs­sen. Das ita­lie­ni­sche poli­ti­sche Sze­na­ri­um prä­sen­tiert sich somit heu­te unter einem seit dem Zwei­ten Welt­krieg noch nicht gege­be­nen Pro­fil der inne­ren Stabilität.

Im Mit­tel­punkt der ersten Ent­schei­dun­gen der Regie­rung stand ein Sicher­heits­pa­ket, das sich vor allem mit dem Pro­blem der ille­ga­len Ein­wan­de­rung aus Nicht-EU-Staa­ten sowie der Prä­senz kri­mi­nel­ler Ele­men­te aus EU-Staa­ten beschäf­tigt. Ber­lus­co­ni und sei­ne Koali­ti­on hat­ten im Wahl­kampf ver­spro­chen, an die natio­na­len Geset­ze zur Regu­lie­rung der Migra­ti­ons­strö­me Hand anle­gen zu wol­len. Als beson­ders schwer­wie­gend wird in Ita­li­en die unkon­trol­lier­te Prä­senz von EU-Bür­gern vor allem rumä­ni­scher Natio­na­li­tät ange­se­hen, die zu den Volks­stäm­men der Roma und Sin­ti gehö­ren und zum Groß­teil in einer sozi­al men­schen­un­wür­di­gen Situa­ti­on leben, was die gro­ße Gefahr in sich birgt, in die Kri­mi­na­li­tät abzu­glei­ten. Die schwe­ren Aus­ein­an­der­set­zung in Nea­pel und die Angrif­fe der Bevöl­ke­rung gegen Zigeu­ner-Camps hat­ten in den letz­ten Wochen das Pro­blem auf gefähr­li­che Wei­se sicht­bar wer­den las­sen, was zu ver­schie­de­nen Stel­lung­nah­men auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne geführt hatte.

Des wei­te­ren plant die neue ita­lie­ni­sche Regie­rung, ille­ga­le Ein­wan­de­rung als Straf­tat auf­zu­fas­sen, die mit Gefäng­nis­stra­fe und sofor­ti­ger Aus­wei­sung ver­bun­den ist. Die Umfor­mung des dies­be­züg­li­chen Dekrets in Geset­zes­rang steht in den näch­sten Tagen auf dem Arbeits­plan des Par­la­ments. Ber­lus­co­ni selbst hat­te im Vor­feld des Besuchs bei Papst Bene­dikt ange­kün­digt, das Dekret noch ein­mal einer Über­prü­fung unter­zie­hen zu wollen.

Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt teil­te mit, daß die Unter­re­dung von Sil­vio Ber­lus­co­ni und dem Papst in einer herz­li­chen Atmo­sphä­re ver­lau­fen sei. Wäh­rend des 40-minü­ti­gen Gesprächs sei­en The­men ange­schnit­ten wor­den, die für Ita­li­en und das Ver­hält­nis die­ser Nati­on mit dem Hei­li­gen Stuhl von Bedeu­tung sind, sowie der Bei­trag der Kir­che für das sozia­le Leben des Lan­des. Dabei ging es um den staat­li­chen Bei­trag zur Finan­zie­rung der katho­li­schen Schu­len, die Unter­stüt­zung für die Fami­li­en und die Steu­er­po­li­tik im Hin­blick auf Fami­li­en mit Kin­dern sowie um die Einwanderungsproblematik.

Bereits in sei­ner Anspra­che vor der Voll­ver­samm­lung der Ita­lie­ni­schen Bischof­kon­fe­renz hat­te der Papst das neue poli­ti­sche Kli­ma und das aus­ge­gli­che­ne­re Ver­hält­nis zwi­schen Regie­rung und Oppo­si­ti­on als posi­tiv gewertet.

Wei­te­re Gesprächs­in­hal­te der heu­ti­gen Begeg­nung waren nach Anga­ben des Vati­kans die aktu­el­len inter­na­tio­na­len Her­aus­for­de­run­gen. In die­sem Zusam­men­hang sei der Nahe Osten genau­so ange­spro­chen wor­den wie die geist­li­chen, ethi­schen und sozia­len Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven Europas.

Ber­lus­co­ni über­reich­te dem Papst als wert­vol­les Gast­ge­schenk ein gol­de­nes Brust­kreuz mit Dia­man­ten und Topa­sen, auf dem Moment­auf­nah­men aus der Kir­chen­ge­schich­te dar­ge­stellt sind. Wie der Mini­ster­prä­si­dent erklär­te, sei das Pek­to­ra­le – ein Ein­zel­stück – eigens für den Besuch ange­fer­tigt wor­den. Bene­dikt XVI. erwi­der­te die Geste mit dem Geschenk eines Füll­fe­der­hal­ters zum Geden­ken des 500-Jahr-Jubi­lä­ums der Vati­ka­ni­schen Basi­li­ka sowie mit einer Litho­gra­phie, auf der der Peters­dom abge­bil­det ist.

Für Sil­vio Berl­su­co­ni han­del­te es sich um die zwei­te Audi­enz wäh­rend die­ses Pon­ti­fi­kats. Bereits am 19. Novem­ber 2006 hat­te er die Gele­gen­heit, Papst Bene­dikt XVI. zu begegnen.

Vor dem Besuch hat­te sich der ita­lie­ni­sche Mini­ster­prä­si­dent gegen­über Radio Vati­ca­na und der vati­ka­ni­schen Zei­tung Osser­va­to­re Roma­no unter ande­rem zu eini­gen Brenn­punk­ten des Ver­hält­nis­ses des Hei­li­gen Stuhls zu Ita­li­en geäu­ßert. Für Ber­lus­co­ni ist der gern vor­ge­brach­te Ein­wand, daß sich die Kir­che zu sehr in des poli­ti­sche Leben des Lan­des ein­mi­sche, halt­los. Ber­lus­co­ni hielt fest, daß die Kir­che und ihre Ein­rich­tun­gen jedes Recht hät­ten, ihr Urteil offen aus­zu­spre­chen. Der Staat, der lai­kal sei, ver­hal­te sich genauso.

Daß der Staat lai­kal, das heißt „welt­lich“ sei, bedeu­tet nach Wor­ten von Ber­lus­co­ni nicht, daß die Kräf­te, die in der Gesell­schaft prä­sent sind, nicht ihre Über­zeu­gun­gen frei äußern dürf­ten, sei­en sie nun poli­ti­scher, reli­giö­ser, kul­tu­rel­ler oder wirt­schaft­lich-sozia­ler Natur. Wür­de die freie Mei­nungs­äu­ße­rung unter­drückt wer­den, so bedeu­te dies nur einen Ver­lust an Frei­heit, was gera­de tota­li­tä­re Regimes aus­zeich­ne. „Ich bin davon über­zeugt“, so der ita­lie­ni­sche Mini­ster­prä­si­dent, „daß die Kir­che wegen ihrer jahr­tau­sen­de­lan­gen Erfah­rung, wegen ihres Kon­takts mit allen sozia­len Schich­ten, gera­de den schwä­che­ren, für den Staat einen Reich­tum darstellt.“

(Armin Schwibach/​ Zenit)

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