(New York) In den USA finden bei Republikanern und Demokraten die Vorwahlen zur Nominierung der Präsidentschaftskandidaten statt. Im November 2008 wird aber nicht nur der nächste Präsident der Vereinigten Staaten gewählt. Es werden auch das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren neu gewählt. Während sich bei den Republikanern alle Bewerber um das höchste Staatsamt gegen Abtreibung aussprechen, schaut das Bild bei den Demokraten anders aus. Die beiden aussichtsreichsten Bewerber, Hillary Clinton und Barack Obama, lieferten sich in den vergangenen Wochen ein Duell um die Stimmen von Abtreibungsbefürwortern und die Unterstützung der Abtreibungslobby. Diese, allen voran die Planned Parenthood Federation, arbeitet darauf hin, mit rund 50 Millionen Dollar jene Kandidaten zu unterstützen, die sich eindeutig für die Tötung ungeborener Kinder aussprechen. Damit ist in groben Linien das demokratische Spektrum in der Lebensschutzfrage dargestellt. Allerdings lohnt durchaus ein genauerer Blick. Auch bei den Demokraten finden Veränderungen statt, wenn auch noch nicht tonangebende.
1992 verweigerte die Demokratische Partei dem damaligen Gouverneur von Pennsylvania, Bob Casey, auf der Convention in Philadelphia das Wort zu ergreifen, bei der Bill Clinton zum Präsidentschaftskandidaten gekürt wurde und seinen Siegeszug ins Weiße Haus begann. Grund für das Redeverbot war, daß der katholische Gouverneur die Abtreibung ablehnte.
Bei den Parlamentswahlen 2006 konnte die Demokratische Partei knapp die Mehrheit im Senat erobern, dank des Wahlsieges von Caseys Sohn Robert. Er war von der Partei bewußt wegen seines katholischen Glaubens und seiner Anti-Abtreibungshaltung, die er mit seinem Vater teilt, als Kandidat ins Rennen geschickt worden. Man sah darin die entscheidenden Voraussetzungen, um den republikanischen Amtsinhaber und Abtreibungsgegner Rick Santorum schlagen zu können. Seither ist Harry Reid, Senator aus Nevada und Abtreibungsgegner wie Casey, Fraktionsvorsitzender der Demokraten im Senat. 2006 wurden weiters sechs neue demokratische Abgeordnete ins Repräsentantenhaus gewählt, die Abtreibungsgegner und „pro life Democrats“ sind. Es handelt sich dabei um Heath Shuler aus North Carolina, Joe Donnelly und Brad Ellsworth aus Indiana, Charlie Wilson aus Ohio sowie Chris Carney und Jason Altmire aus Pennsylvania. Damit wuchs die Zahl der Abtreibungsgegner unter den linken Abgeordneten auf 37 an. Das sind genau sechs mehr, als die 31 Mandate, die die Demokraten vor den Republikanern liegen.
1999 haben sich die Abtreibungsgegner in der Demokratischen Partei erstmals organisiert. Unter der Bezeichnung Democrats for Life of America versuchen sie ihre Partei zu einer Positionsänderung in der Abtreibungsfrage zu bewegen und das Leben „from the womb to the tomb“ (vom Mutterleib bis zum Grab) zu schützen.
Bis in die 70er Jahre hinein war ein Gutteil der Demokratischen Partei für den Lebensschutz. Aber in den Jahrzehnten seither wurden die Abtreibungsgegner an den Rand gedrängt. Noch 2003 wurde den „Democrats for Life untersagt, auf ihrer Internetseite einen Link zum offiziellen Internetauftritt der Partei zu setzen. Inzwischen hat eine Meinungsumfrage von Zogby ergeben, daß auch 43 Prozent der demokratischen Wähler der Meinung sind, „daß Abtreibung ein Menschenleben zerstört und Mord ist“. Auf der Partei-Convention von 2004, bei der John Kerry zum Herausforderer von George W. Bush nominiert wurde, war die Parteimehrheit immer noch jene der Clinton-Ära und damit für die strikte Verteidigung des Urteils Roe gegen Wade. Erstmals aber wurde den Democrats for Life gestattet, sich offiziell zu präsentieren. Dabei konnten sie Alveda King, eine Nichte Martin Luther Kings einbinden, die selbst eine Abtreibung vornehmen hat lassen, heute aber engagiert für den Schutz des Lebens eintritt.
Die Democrats for Life sind überzeugt davon, daß die amerikanische Linke wegen ihrer strikten Abtreibungsbefürwortung Wahlen verliert. Obwohl viele von ihnen Abtreibung kategorisch verbieten lassen möchten, bemühen sie sich innerparteilich darum, zwischen Abtreibungsbefürwortern und Abtreibungsgegnern eine gemeinsame Linie für eine Sozialpolitik zu finden, mit der Abtreibungen reduziert werden sollten. Die Gruppe hat an der Abfassung des Pregnant Women Support Act mitgewirkt, eines Gesetzentwurfes mit 17 Maßnahmen, um die Zahl der Abtreibungen zu verringern.
Die Entwicklung kann als Teil einer allgemeinen Veränderung zugunsten des Lebensschutzes in den USA gesehen werden. Die Democrats for Life sind noch weit davon entfernt die Linie der Partei in dieser Frage bestimmen zu können. Das bringt ihnen den Vorwurf ein, bloß Stimmenbeschaffer für eine lebensfeindliche Partei zu sein. Ihnen kommt aber im Kongreß bei Abstimmungen ein entscheidendes Gewicht zu, das sie für den Lebensschutz in die Waagschale werfen können.
(Il Foglio/RP)