Fragen grundsätzlicher Art – Zuständigkeit des Kantonsgerichtes bei kirchlichen Angelegenheiten ist nicht gegeben


Der Bas­ler Bischof Kurt Koch, der Sabo vor zwei Jah­ren die „mis­sio cano­ni­ca“ ent­zo­gen hat, wider­sprach an die­sem Mon­tag einem Urteil des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft zum Fall Sabo. Es stim­me nicht, daß er dem Prie­ster vor dem Ent­zug der kirch­li­chen Lehr­be­auf­tra­gung kein recht­li­ches Gehör gewährt habe. Sein Ein­druck sei, daß das Urteil des Kan­tons­ge­richts „von vorn­her­ein fest­ge­stan­den“ habe. Es gehe jetzt nicht mehr nur um Rös­chenz, so Bischof Koch in einer Mit­tei­lung: Viel­mehr sei­en mit dem Urteil „schwer­wie­gen­de Fra­gen grund­sätz­li­cher Art und noch kaum in ihrer gan­zen Trag­wei­te abseh­ba­re Kon­se­quen­zen auf­ge­wor­fen wor­den“. Der Bischof zieht den Ent­scheid aber nicht an das Bun­des­ge­richt wei­ter – denn dies käme einer Aner­ken­nung der Zustän­dig­keit des Kan­tons­ge­rich­tes bei kirch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten gleich, was er vor sei­nem Gewis­sen nicht ver­ant­wor­ten könne.

Anzei­ge


Nach Über­zeu­gung des Bas­ler Bischofs ist jetzt die Exe­ku­ti­ve der Römisch-katho­li­schen Lan­des­kir­che Basel-Land­schaft, also der Lan­des­kir­chen­rat, gefor­dert. Es lie­ge in der Ver­ant­wor­tung des Lan­des­kir­chen­ra­tes, den in der Kirch­ge­mein­de Rös­chenz in kirch­li­cher und staats­kir­chen­recht­li­cher Sicht nach wie vor bestehen­den Unrechts­zu­stand zu besei­ti­gen und wie­der geord­ne­te Rechts­ver­hält­nis­se her­zu­stel­len“, heißt es in der sechs­sei­ti­gen bischöf­li­chen Stel­lung­nah­me. „Erfreu­li­cher­wei­se“ sei die recht­li­che Kom­pe­tenz dazu dem Lan­des­kir­chen­rat vom Kan­tons­ge­richt aner­kannt worden.

Schar­fe Kri­tik übt Bischof Koch an der Fest­stel­lung des Kan­tons­ge­richts, kirch­li­che Gerich­te wür­den die Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EMRK) ver­let­zen und es sei kei­ne welt­li­che Über­prü­fung mög­lich. „Die­ser selbst­herr­li­che Anspruch auf staat­li­che Über­prü­fung des kirch­li­chen Rechts und die damit ein­her­ge­hen­de unge­heu­er­li­che Infra­ge­stel­lung der gan­zen Rechts­ord­nung der römisch-katho­li­schen Kir­che, mit der der Kan­ton Basel-Land­schaft mit einem völ­ker­recht­li­chen Kon­kor­dat ver­bun­den ist, darf in kei­ner Wei­se hin­ge­nom­men wer­den (…)“, schreibt Bischof Koch.

Ange­sichts die­ses Affronts ist er ver­pflich­tet, den Hei­li­gen Stuhl über die­se öffent­li­che Dis­qua­li­fi­zie­rung sei­ner Rechts­ord­nung und über die­se gra­vie­ren­de Miß­ach­tung des Kon­kor­dats durch das Basel­bie­ter Kan­tons­ge­richt umge­hend zu informieren.

Wir doku­men­tie­ren hier die Erklä­run­gen des Bis­tums Basel zum Fall Sabo.

Vor­be­mer­kung des Gene­ral­vi­kars zur Stel­lung­nah­me des Bischofs von Basel zum Urteil des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaftDie Stel­lung­nah­me des Bischofs von Basel zum Urteil des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft kann nur ver­stan­den wer­den, wenn berück­sich­tigt wird, daß sie sich allein auf den Sach­ver­halt des Ent­zugs der mis­sio cano­ni­ca an einen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor (nicht als Pfar­rer!) ein­ge­setz­ten Prie­ster bezieht. Die­se Prä­zi­sie­rung ist inso­fern bedeut­sam, als bei einem Mis­sio-Ent­zug bzw. Amts­ent­he­bung eines Pfar­rers (nicht nur weil er gewählt ist, son­dern auch aus kano­ni­sti­schen Grün­den) ein auf­wän­di­ge­res Ver­fah­ren durch­ge­führt wer­den muß, bevor das ent­spre­chen­de Dekret erlas­sen wer­den kann.

Der Begriff mis­sio cano­ni­ca (latei­nisch für kano­ni­sche Sen­dung) wird in der Kir­chen­rechts­wis­sen­schaft und in der kirch­li­chen Ver­wal­tung für ver­schie­de­ne For­men von Ermäch­ti­gun­gen von Per­so­nen zur Tätig­keit in der Kir­che gebraucht. Bischö­fe und ande­re Lei­tungs­ver­ant­wort­li­che ermäch­ti­gen damit Kle­ri­ker und Lai­en, im Namen der Kir­che am Sen­dungs­auf­trag der Kir­che mit­zu­wir­ken. Bei uns wird der Begriff mis­sio cano­ni­ca gebraucht, um die Ver­lei­hung eines Amtes im kano­ni­schen Sinn aus­zu­drücken. Ein Prie­ster erhält also mit­tels der mis­sio cano­ni­ca das Amt als Pfar­rer, Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor, Vikar oder Mit­ar­bei­ten­der Prie­ster ver­lie­hen. Umge­kehrt bedeu­tet der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca, daß dem Prie­ster das vor­mals ver­lie­he­ne Amt ent­zo­gen wird. Da das kano­ni­sche Recht für die­sen Vor­gang aber unter­schied­li­che For­men und Ver­fah­rens­wei­sen kennt, ist der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca recht­lich dif­fe­ren­ziert anzugehen.

Wenn die Lan­des­kir­chen­ver­fas­sung von „kirch­li­cher Sen­dung“ spricht, greift sie damit den Begriff mis­sio cano­ni­ca auf. Die Ver­fas­sung bin­det durch die Ver­wen­dung die­ses Begriffs das Lan­des­kir­chen­recht – zumin­dest teil­wei­se – an das kano­ni­sche Recht. Kon­kret geschieht dies, indem die Ver­fas­sung die „kirch­li­che Sen­dung“ zur Anstel­lungs­vor­aus­set­zung für alle Seel­sor­gen­den macht (vgl. § 46, 47, 49 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Lan­des­kir­chen­ver­fas­sung Basel-Land­schaft). Folg­lich kann die Lan­des­kir­che oder eine Kirch­ge­mein­de nie­man­den als Seel­sor­gen­den anstel­len, ohne daß der Bischof vor­her durch die Ertei­lung der mis­sio cano­ni­ca sei­ne Zustim­mung erteilt hat. In glei­cher Wei­se gilt: der Lan­des­kir­chen­rat oder eine Kirch­ge­mein­de kann nie­mand wei­ter beschäf­ti­gen, dem der Bischof die mis­sio cano­ni­ca ent­zo­gen hat.

Solo­thurn, 12. Novem­ber 2007

Stel­lung­nah­me des Bischofs von Basel zum Urteil des Kan­tons­ge­richts Basel-Landschaft

Nach­dem ich die schrift­li­che Begrün­dung des Urteils des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft vom 5. Sep­tem­ber 2007 über das Arbeits­ver­hält­nis von Herrn Franz Sabo in der Kirch­ge­mein­de Rös­chenz zur Kennt­nis neh­men konn­te und nach­dem sich der Lan­des­kir­chen­rat Basel-Land­schaft dazu mit einer sehr kri­ti­schen Urteils­ana­ly­se öffent­lich geäu­ßert hat, gebe ich zuhan­den der Öffent­lich­keit die fol­gen­de Stel­lung­nah­me ab.

Posi­tiv am Gerichts­ur­teil ist die Tat­sa­che zu wer­ten, daß das Kan­tons­ge­richt unmiß­ver­ständ­lich fest­hält und bestä­tigt, daß ein Seel­sor­ger in der römisch-katho­li­schen Kir­che „nur mit einer mis­sio cano­ni­ca ange­stellt wer­den“ kann, „da er die­se für sei­ne Arbeit, näm­lich eine kir­chen­recht­lich kor­rek­te und gül­ti­ge Seel­sor­ge, zwin­gend benö­tigt“ (4.4) Eben­so wird klar fest­ge­hal­ten, daß die Ertei­lung wie auch der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca „inner­kirch­li­che Vor­gän­ge“ sind, die sich „im Grund­satz einer staat­li­chen Kon­trol­le und Auf­sicht ent­zie­hen“ (8.6).

Von die­ser wich­ti­gen grund­sätz­li­chen Tat­sa­chen­fest­stel­lung wur­de frei­lich im Gerichts­ver­fah­ren und in der schrift­li­chen Begrün­dung des Gerichts­ur­teils durch­ge­hend kein Gebrauch gemacht. Im Gegen­teil ver­wickelt sich das Kan­tons­ge­richt in einen fun­da­men­ta­len Selbst­wi­der­spruch zu sei­ner grund­sätz­li­chen Tat­sa­chen­fest­stel­lung. Denn das gan­ze Gerichts­ver­fah­ren beinhal­tet genau die „staat­li­che Kon­trol­le und Auf­sicht“. Mit der Behaup­tung, daß über­all dort, wo das kirch­li­che Han­deln des Bischofs Aus­wir­kun­gen auf das staat­li­che Recht habe, das kirch­li­che Recht dem staat­li­chen Recht unter­stellt wer­den müs­se, sieht sich das Gericht als kom­pe­tent und legi­ti­miert, „zu prü­fen, ob der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca gül­tig ist, damit sie als Grund­la­ge für eine das öffent­lich-recht­li­che Anstel­lungs­ver­hält­nis auf­lö­sen­de bzw. die­se Auf­lö­sung befeh­len­de Ver­fü­gung die­nen kann“. Nicht nur wird behaup­tet, daß die kor­po­ra­ti­ve Frei­heit der römisch-katho­li­schen Kir­che – auch und sogar – „im inner­kirch­li­chen Bereich ihre Gren­zen beim staat­li­chen bzw. lan­des­kirch­li­chen Recht“ fin­de (8.7), son­dern es wird auch in Anspruch genom­men, daß „die aus Art. 29 BV flie­ssen­den Grund­rechts­be­din­gun­gen“ stär­ker zu gewich­ten sei­en „als die in der Lan­des­kir­chen­ver­fas­sung ent­hal­te­nen Ver­wei­se auf Leh­re und Rechts­ord­nung der römisch-katho­li­schen Kir­che“ und des­halb „grund­sätz­lich inner­kirch­li­chem Recht“ vor­ge­hen (8.9). Dar­aus wird geschlos­sen, daß bei einer „Güter­ab­wä­gung zwi­schen dem Selbst­be­stim­mungs­zweck der Kir­che und staat­li­chem Rechts­gü­ter­schutz“ dem letz­te­ren der abso­lu­te Vor­rang gege­ben wer­den müs­se (7.6). Sol­che Behaup­tun­gen kom­men einer Unter­ord­nung des kirch­li­chen unter das staat­li­che Recht gleich und machen die unter Punkt 1. genann­te grund­sätz­li­che Tat­sa­chen­fest­stel­lung zu Makulatur.

Um die­sen fun­da­men­ta­len Selbst­wi­der­spruch zwi­schen der Grund­satz­er­klä­rung, daß es sich bei der Ertei­lung und beim Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca um eine rein kirch­li­che Ange­le­gen­heit han­delt, und dem dazu kon­trä­ren Han­deln des Gerichts zu ver­schlei­ern, hat das Gericht fol­gen­des Vor­ge­hen gewählt: Es hat auf eine inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit der gan­zen Sach­pro­ble­ma­tik ver­zich­tet und sich auf eine rein for­ma­le, bezie­hungs­wei­se for­ma­li­sti­sche Argu­men­ta­ti­on zurück­ge­zo­gen, und zwar dahin­ge­hend, daß sowohl beim bischöf­li­chen Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca als auch bei der Ver­fü­gung des Lan­des­kir­chen­ra­tes an die Kirch­ge­mein­de Rös­chenz, der sus­pen­dier­te Prie­ster Sabo sei zu ent­las­sen, Form­feh­ler gesche­hen sei­en, die „nicht geheilt“ wer­den könn­ten (9.6), und daß folg­lich der Mis­sio-Ent­zug nicht gül­tig sei. Doch die­se for­ma­li­sti­sche Argu­men­ta­ti­on des Gerichts kann nicht dar­über hin­weg­täu­schen, daß das Gericht damit gera­de eine inhalt­li­che Ent­schei­dung gefällt hat. Denn die­ses Urteil impli­ziert eine fak­ti­sche Nich­tig­keits­er­klä­rung des bischöf­li­chen Mis­sio-Ent­zu­ges durch das staat­li­che Gericht. Die­ses Urteil kann ich auf kei­nen Fall akzep­tie­ren, son­dern wei­se es vor allem aus zwei Grün­den kate­go­risch zurück: Erstens blie­be mir als Bischof, um mei­ne Ver­ant­wor­tung nach dem Gerichts­ur­teil über­haupt noch wahr­neh­men zu kön­nen, nur noch die Mög­lich­keit, Herrn Sabo die Mis­sio zurück­zu­ge­ben, den vom Gericht bean­stan­de­ten Form­feh­ler zu kor­ri­gie­ren und dann Herrn Sabo die mis­sio cano­ni­ca wie­der zu ent­zie­hen. Ein sol­ches absur­des Vor­ge­hen, das in der Öffent­lich­keit zwei­fel­los als sol­ches wahr­ge­nom­men wür­de, darf nie­mand, am wenig­sten ein sich rechts­staat­lich ver­ste­hen­des Gericht, einem Bischof zumu­ten. Zwei­tens wür­de die­ses Vor­ge­hen de fac­to eine Aner­ken­nung mei­ner­seits bedeu­ten, daß ein staat­li­ches Gericht das Recht hat, sich in der­art gra­vie­ren­der Wei­se in kirch­li­che Ange­le­gen­hei­ten ein­zu­mi­schen. Dies wäre ein fata­ler Prä­ze­denz­fall, den ich auf jeden Fall ver­mei­den muß. Dies bin ich der gan­zen Kir­che in der Schweiz ein­fach schul­dig. Aus die­sen bei­den Grün­den muß ich die­sen Gerichts­ent­scheid als für mich und mei­ne kirch­li­che Ver­ant­wor­tung irrele­vant und mich in kei­ner Wei­se bin­dend zurück­wei­sen. Die Ertei­lung und der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca ist und bleibt eine kirch­li­che Ange­le­gen­heit, über die der Staat nicht zu ver­fü­gen hat.

Dazu weiß ich mich fer­ner ver­pflich­tet, weil die inhalt­li­che Begrün­dung des Gerichts­ent­scheids auf äußerst schwa­chen Füßen steht. Es ist zwar auch in kirch­li­cher Sicht unbe­strit­ten, daß ein Mis­sio-Ent­zug begrün­det und dem betrof­fe­nen Seel­sor­ger recht­li­ches Gehör gewährt wer­den muß. Pro­ble­ma­tisch ist aber die Beur­tei­lung die­ser Sach­ver­hal­te durch das Kan­tons­ge­richt, wie bereits der Lan­des­kir­chen­rat unmiß­ver­ständ­lich fest­ge­stellt hat.

a) Das Gericht hat erstens geur­teilt, der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca sei „nicht in aus­rei­chen­der Dich­te begrün­det“ wor­den (10.7). Die Haupt­be­grün­dung eines zer­rüt­te­ten Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zwi­schen Herrn Sabo und mir als Bischof wird nicht aner­kannt, son­dern als „Leer­for­mel“ dis­qua­li­fi­ziert. Die­ses Urteil ist unhalt­bar und bezeugt kei­ne objek­ti­ve Beur­tei­lung durch das Kan­tons­ge­richt. Denn erstens ist das völ­lig zer­rüt­te­te Ver­trau­ens­ver­hält­nis genü­gend doku­men­tiert, hat es doch Herr Sabo mit sei­nen Attacken gegen die Kir­che in aller Öffent­lich­keit selbst demon­striert und zudem in einer Buch­pu­bli­ka­ti­on fest­ge­schrie­ben. Zwei­tens hat Herr Sabo selbst in sei­nem Schrei­ben (bei den Gerichts­ak­ten) an mich vom 25.9.05, den Tat­be­stand eines zer­rüt­te­ten Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses sei­ner­seits bestä­tigt. Drit­tens ist es schlicht unvor­stell­bar, dass man bei einem kan­to­na­len Ange­stell­ten, der den Regie­rungs­rat und den Staat dau­ernd öffent­lich beschimp­fen und ver­un­glimp­fen wür­de, ein zer­rüt­te­tes Ver­trau­ens­ver­hält­nis nicht selbst­ver­ständ­lich aner­ken­nen wür­de und dass es nie­man­dem in den Sinn käme, dies­be­züg­lich von einer „Leer­for­mel“ zu spre­chen. Unwill­kür­lich fragt man sich, aus wel­chen Grün­den sich dies bei der römisch-katho­li­schen Kir­che anders ver­hal­ten soll.

b) Das Gericht hat zwei­tens geur­teilt, sowohl ich als auch der Lan­des­kir­chen­rat hät­ten Herrn Sabo das recht­li­che Gehör nicht gewährt. Die­se unver­ständ­li­che und unhalt­ba­re Behaup­tung kann das Gericht nur des­halb auf­stel­len, weil es in einer abso­lut for­ma­li­sti­schen Fixie­rung nur die Fak­ten vor dem 9. Febru­ar 2005 aner­kennt, als Bischofs­vi­kar Kurt Grü­ter Herrn Sabo münd­lich mit­tei­len muss­te, dass der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca unaus­weich­lich gewor­den sei, und alle ande­ren Fak­ten und Ereig­nis­se nach dem 9. Febru­ar 2005 als irrele­vant, weil „nach­ge­scho­ben“, erklärt. Dabei hat­ten nach dem 9. Febru­ar 2005 noch­mals je zwei Gesprä­che zwi­schen Herrn Sabo und mir und dem Kirch­ge­mein­de­rat Rös­chenz und mir statt­ge­fun­den, in denen nicht nur die Grün­de für den Mis­sio-Ent­zug bespro­chen, son­dern nach Aus­we­gen in der ver­fah­re­nen Situa­ti­on gesucht wur­de. Ich bin sogar soweit gegan­gen, dass ich Herrn Sabo eine Aus­zeit von einem hal­ben Jahr ange­bo­ten habe, wäh­rend dem das Erz­bis­tum Bam­berg und das Bis­tum Basel für sei­nen Lebens­un­ter­halt auf­kom­men wer­den, was Herr Sabo post­wen­dend abge­lehnt hat. Obwohl ich also sehr viel mehr unter­nom­men habe, um die ein­ge­tre­te­ne pro­ble­ma­ti­sche Sach­la­ge zu klä­ren und eine Lösung zu fin­den, als staat­li­ches Recht vor­schreibt, und obwohl auch der Lan­des­kir­chen­rat zur Über­zeu­gung gekom­men ist, dass mit den ver­schie­de­nen Gesprä­chen nach dem 9. Febru­ar 2005 die staat­li­che Anfor­de­rung des recht­li­chen Gehörs gewähr­lei­stet wor­den sei, wischt das Kan­tons­ge­richt dies alles vom Tisch und erklärt es für irrele­vant. Es ist offen­sicht­lich, dass das Kan­tons­ge­richt die Fik­ti­on vor­ge­nom­men hat, die mis­sio cano­ni­ca sei Herrn Sabo am 9. Febru­ar 2005 ent­zo­gen wor­den (tat­säch­lich erfolg­te der Mis­sio-Ent­zug aber am 30. Sep­tem­ber 2005), und zwar mit dem Zweck, alle nach­fol­gen­den Ver­feh­lun­gen von Herrn Sabo als nicht Gegen­stand des Ent­zugs der mis­sio cano­ni­ca zu erklä­ren. Hier dürf­te auch der Grund lie­gen, dass das Kan­tons­ge­richt in einer rein for­ma­li­sti­schen Argu­men­ta­ti­on auf den Sach­ver­halt fixiert bleibt, das recht­li­che Gehör sei Herrn Sabo nicht so gewährt wor­den, wie es der Gerichts­pra­xis des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft ent­spre­che. Die­ser auf Will­kür beru­hen­de For­ma­lis­mus des Urteils bil­det eine für unse­re demo­kra­ti­sche Rechts­kul­tur ver­häng­nis­vol­le Erscheinung.

c) Das Gericht gesteht zwar ein, daß der Inhalt der Gesprä­che zwi­schen Herrn Sabo und mir „zwi­schen den Par­tei­en umstrit­ten sei“: „Die Beschwer­de­füh­re­rin geht in Über­ein­stim­mung mit Franz Sabo davon aus, daß bei die­sem Gespräch eine Ver­trau­ens­ba­sis im Hin­blick auf den gesam­ten Ver­lauf des Kon­flik­tes geschaf­fen wer­den soll­te. Die Vor­in­stanz und das Bis­tum sind hin­ge­gen der Ansicht, daß Franz Sabo in die­sem Gespräch zum Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca ange­hört und ihm auch eine Begrün­dung gelie­fert wor­den sei“ (9.6). Wie­wohl das Gericht die­se Situa­ti­on als „umstrit­ten“ beur­teilt und wie­wohl es aner­kennt, daß von kirch­li­cher Sei­te sehr viel grö­ße­re Anstren­gun­gen unter­nom­men wor­den sind, um die ver­fah­re­ne Situa­ti­on zu lösen, als die allei­ni­ge Form des recht­li­chen Gehörs, macht es sich anschlie­ßend in einer äußerst par­tei­li­chen Wei­se die Sicht von Herrn Sabo und des Kirch­ge­mein­de­ra­tes Rös­chenz zu eigen, ohne dies zu begründen.

Lei­der wer­fen auch eini­ge vor­pro­zeßua­le Hand­lun­gen des Herrn Gerichts­prä­si­den­ten Fra­gen auf. Um nur das gra­vie­rend­ste Bei­spiel zu nen­nen, beschrän­ke ich mich auf das soge­nann­te Ange­bot des Gerichts­prä­si­den­ten zu Eini­gungs­ver­hand­lun­gen. Selt­sam und den Gepflo­gen­hei­ten nicht ent­spre­chend war bereits die Tat­sa­che, daß die­se Ein­la­dung zu Eini­gungs­ver­hand­lun­gen zunächst den Medi­en bekannt gege­ben wur­de, bevor die Par­tei­en mit Schrei­ben vom 1. Febru­ar 2007 infor­miert wor­den sind. Noch ver­wor­re­ner frei­lich ist der Inhalt die­ses Schreibens:

Der Gerichts­prä­si­dent schreibt, daß bei einem sol­chen Eini­gungs­ge­spräch „das kano­ni­sche Recht und die inner­kirch­li­chen Belan­ge berück­sich­tigt wer­den müs­sen“. Des­halb wür­de er die „Ver­gleichs­ver­hand­lung“ im Bei­sein eines frü­he­ren Lan­des­kir­chen­rats­prä­si­den­ten füh­ren, wel­cher in staats­kir­chen­recht­li­chen und inner­kirch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten über eine lang­jäh­ri­ge Erfah­rung und über ein spe­zi­el­les Fach­wis­sen ver­fü­ge. Wei­ter ver­merkt der Gerichts­prä­si­dent, daß im Fall einer gericht­li­chen Beur­tei­lung die genann­te Per­son dem Spruch­kör­per nicht ange­hö­ren wer­de, „um auch nach außen jeden Anschein der Befan­gen­heit des Gerichts zu vermeiden“.

Schließ­lich gab der Gerichts­prä­si­dent die unab­ding­ba­ren Vor­aus­set­zun­gen für Eini­gungs­ver­hand­lun­gen bekannt: „Im Wei­te­ren dür­fen kei­ne Vor­be­din­gun­gen gestellt wer­den und alle Teil­neh­men­den ver­pflich­ten sich, wäh­rend der Eini­gungs­ge­sprä­che ande­re Betei­lig­te pro­vo­zie­ren­de Hand­lun­gen zu unter­las­sen“. Tat­sa­che aber ist, daß sowohl der Anwalt des Kirch­ge­mein­de­ra­tes Rös­chenz als auch der­je­ni­ge von Herrn Sabo – aus mir wohl ein­seh­ba­ren Grün­den – dem Gerichts­prä­si­den­ten mit­ge­teilt haben, daß sie die von ihm vor­ge­schla­ge­ne Per­son für die Durch­füh­rung der Eini­gungs­ver­hand­lun­gen ableh­nen. Zudem ließ der Anwalt von Herrn Sabo den Gerichts­prä­si­den­ten wis­sen, daß Herr Sabo nur zu Eini­gungs­ver­hand­lun­gen erschei­ne, wenn der Bischof „per­sön­lich ein­ge­la­den und anwe­send sei“. Wie­wohl damit der Kirch­ge­mein­de­rat Rös­chenz und Herr Sabo kla­re „Vor­be­din­gun­gen“ gestellt haben, die der Gerichts­prä­si­dent in sei­nem Schrei­ben vom 1. Febru­ar 2007 unmiß­ver­ständ­lich aus­ge­schlos­sen hat­te, und wie­wohl damit der Kirch­ge­mein­de­rat Rös­chenz und Herr Sabo ihrer­seits Eini­gungs­ver­hand­lun­gen ver­un­mög­licht haben, hat der Gerichts­prä­si­dent nach außen kom­mu­ni­ziert, alle Par­tei­en mit Aus­nah­me des Bischofs wären für Eini­gungs­ver­hand­lun­gen bereit gewe­sen. Die­ses Ver­hal­ten war wahr­lich kei­ne gute Vor­aus­set­zung, um auf eine aus­ge­wo­ge­ne Beur­tei­lung hof­fen zu dürfen.

Alle die­se Fak­ten las­sen für mich kei­nen ande­ren Schluss zu als den, daß es sich beim Kan­tons­ge­richt nicht um eine ent­schei­dungs­of­fe­ne Urteils­be­ra­tung gehan­delt haben kann, daß viel­mehr von vor­ne­her­ein fest­stand, wie das Urteil zu lau­ten hat­te und daß dazu eine für die Öffent­lich­keit nach­voll­zieh­ba­re Begrün­dung gefun­den wer­den mußte.

Damit dürf­te hin­läng­lich deut­lich sein, daß es nach dem Urteil des Kan­tons­ge­richts nicht mehr allein um den Fall Rös­chenz gehen kann, daß viel­mehr schwer­wie­gen­de Fra­gen grund­sätz­li­cher Art auf­ge­wor­fen sind und noch kaum in ihrer gan­zen Trag­wei­te abseh­ba­re Kon­se­quen­zen bedacht wer­den müs­sen, und zwar genau­er­hin in vier­fa­cher Hinsicht:

a) Das Gerichts­ur­teil pro­vo­ziert in erster Linie Fra­gen an die in den Bis­tums­kan­to­nen herr­schen­den staats­kir­chen­recht­li­chen Syste­me selbst. Daß die rein kirch­li­che Ange­le­gen­heit der Ertei­lung oder des Ent­zugs der mis­sio cano­ni­ca über­haupt von einem staat­li­chen Gericht beur­teilt wird, hat sei­nen ent­schei­den­den Grund in die­sen staats­kir­chen­recht­li­chen Syste­men. Der Fall Rös­chenz zeigt zudem ein­mal mehr, daß das Leben der Kir­che mit die­ser staats­kir­chen­recht­li­chen Struk­tur nur funk­tio­niert, wenn bei­de Sei­ten dem­sel­ben Ziel ver­pflich­tet sind und ein­ver­nehm­lich han­deln wol­len. Im Kon­flikt­fall aber ver­sagt die­se Zusam­men­ar­beit völ­lig, weil dann das Staats­kir­chen­recht stets Vor­rang vor dem Kir­chen­recht bean­sprucht und ihn auch durch­set­zen kann und sich die Kir­che vor dem Staats­kir­chen­recht und, wie das Gerichts­ur­teil zeigt, sogar vor staat­li­chem Recht zu beu­gen hät­te. Wie­wohl die staats­kir­chen­recht­li­chen Syste­me Auxi­li­ar­ge­fä­sse sind, die den Zweck haben, das kirch­li­che Leben admi­ni­stra­tiv und finan­zi­ell zu unter­stüt­zen, die­nen sie im Kon­flikt gera­de nicht der Kir­che, son­dern stel­len ihre Frei­heit radi­kal in Fra­ge. Soll­te das Vor­ha­ben, die staats­kir­chen­recht­li­chen Syste­me gegen die Kir­che zu miß­brau­chen, wie dies bei Rös­chenz in ekla­tan­ter Wei­se der Fall ist, Schu­le machen – die Kirch­ge­mein­de Klein­lüt­zel ist ein wei­te­res Bei­spiel dafür – , wür­de die Kir­che kei­ne ande­re Mög­lich­keit mehr haben als die, für eine völ­li­ge Tren­nung von Kir­che und Staat ein­zu­tre­ten. Hier ist ein Umden­ken unbe­dingt ange­sagt. Die­ses muß mit einer kri­ti­schen Zurück­wei­sung des Gut­ach­tens von Felix Haf­ner und Urs Bro­si Bischöf­li­che Per­so­nal­ent­schei­de und lan­des­kirch­li­ches Recht begin­nen, das der Lan­des­kir­chen­rat Basel-Land­schaft in Auf­trag gege­ben hat und auf das sich das Kan­tons­ge­richt in sei­nen Ent­schei­dun­gen stützt. In die­sem Gut­ach­ten wird eine pro­ble­ma­ti­sche Sicht der staats­kir­chen­recht­li­chen Syste­me und ihres Ver­hält­nis­ses zur Kir­che ver­tre­ten. Die­ses Gut­ach­ten berück­sich­tigt vor allem nicht, daß der Bischof kein staat­li­ches Organ ist und auch das Arbeits­ver­hält­nis eines Prie­sters nicht mit dem Bis­tum abge­schlos­sen wird.

b) Das Gerichts­ur­teil wirft auch Schat­ten auf das Ver­hält­nis von Staat und Kir­che. Wenn der Staat für sich in Anspruch nimmt, eine Ober­auf­sicht über die Kir­che aus­zu­üben und ihr eige­nes Recht zu über­prü­fen, dann han­delt es sich nicht mehr um eine kri­tisch-loya­le Part­ner­schaft von Kir­che und Staat, son­dern um eine dem neu­zeit­li­chen Ver­ständ­nis des Ver­hält­nis­ses von Kir­che und Staat wider­spre­chen­de Unter­ord­nung der Kir­che unter den Staat. In mei­ner Loya­li­täts­er­klä­rung, die ich als neu ernann­ter Bischof von Basel gegen­über den Regie­rungs­ver­tre­tern aus den zehn Diö­ze­san­kan­to­nen am 23. Febru­ar 1996 abge­ge­ben habe, habe ich kei­nes­wegs eine Sub­or­di­na­ti­on der Kir­che unter den Staat aner­kannt, son­dern zuge­si­chert, mich für eine kri­tisch-loya­le Part­ner­schaft zwi­schen Kir­che und Staat ein­zu­set­zen, und habe des­halb gesagt: „So die­nen bei­de, Kir­che und Staat, letzt­lich dem­sel­ben Ziel, dem Frie­den und der Gerech­tig­keit unter den Men­schen. Dies kann aber nur gelin­gen, wenn Kir­che und Staat sich zuein­an­der kri­tisch-loy­al ver­hal­ten.“ Von einer kri­tisch-loya­len Part­ner­schaft von Staat und Kir­che ist frei­lich beim Urteil des Kan­tons­ge­richts kaum etwas zu spü­ren. Es erin­nert mich viel­mehr in unse­li­ger Wei­se an das Jahr 1873, als der Bas­ler Bischof Eugà¨ne Lachat den Pfar­rer von Starr­kirch-Dul­li­ken sus­pen­die­ren muß­te, die Solo­thur­ner Regie­rung die­se Ent­schei­dung aber nicht akzep­tier­te und in kon­zer­tier­ter Akti­on mit den ande­ren Bis­tums­kan­to­nen den Bischof von Basel absetz­te: Am 16. April 1873 erschien der Poli­zei­di­rek­tor im Bischofs­haus in Solo­thurn und for­der­te den Bischof zum Ver­las­sen des Hau­ses auf. Auch wenn es den Diö­ze­san­kan­to­nen heu­te kaum mehr mög­lich ist, den Diö­ze­san­bi­schof wegen einer Sus­pen­die­rung eines Prie­sters abzu­set­zen, so ist die Men­ta­li­tät, die hin­ter der schrift­li­chen Begrün­dung des Urteils des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft ver­bor­gen ist, von die­sem unse­li­gen Geist des 19. Jahr­hun­derts nicht frei.

c) Das Urteil des Kan­tons­ge­richts berührt auch das völ­ker­recht­li­che Kon­kor­dat, das die Diö­ze­san­kan­to­ne des Bis­tums Basel mit dem Apo­sto­li­schen Stuhl im Jahr 1828 geschlos­sen haben und dem sich der Kan­ton Basel-Land­schaft mit einer Zusatz­ver­ein­ba­rung im Jah­re 1978 ange­schlos­sen hat. Denn auf den Ein­wand mei­nes Anwal­tes wäh­rend der Gerichts­ver­hand­lung, daß Herr Sabo es unter­las­sen habe, zunächst das kirch­li­che Rechts­mit­tel der Beschwer­de zu ergrei­fen, hat das Gericht lapi­dar und ohne jede Begrün­dung geant­wor­tet, Herr Sabo hät­te den inner­kirch­li­chen Rechts­weg des­halb nicht beschrei­ten müs­sen, weil das kirch­li­che Ver­fah­ren „den rechts­staat­li­chen Anfor­de­run­gen nicht zu genü­gen“ ver­mö­ge. Die­ser Affront gegen die Rechts­ord­nung der Römisch-katho­li­schen Kir­che wird allein damit „begrün­det“, die kirch­li­chen Gerich­te wür­den die EMRK ver­let­zen und es sei „kei­ne welt­li­che Über­prü­fung“ mög­lich (4.2). Die­ser selbst­herr­li­che Anspruch auf staat­li­che Über­prü­fung des kirch­li­chen Rechts und die damit ein­her­ge­hen­de unge­heu­er­li­che Infra­ge­stel­lung der gan­zen Rechts­ord­nung der Römisch-katho­li­schen Kir­che, mit der der Kan­ton Basel-Land­schaft mit einem völ­ker­recht­li­chen Kon­kor­dat ver­bun­den ist, darf in kei­ner Wei­se hin­ge­nom­men, son­dern muß ent­schie­den zurück­ge­wie­sen wer­den. Kein sou­ve­rä­ner Staat wür­de es sich gefal­len las­sen, daß sich ein ande­rer Staat, mit dem diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen bestehen, der­art abfäl­lig über des­sen Rechts­ord­nung äußert, wie dies das Kan­tons­ge­richt über die Rechts­ord­nung der Römisch-katho­li­schen Kir­che getan hat. Zudem wäre zu veri­fi­zie­ren, ob die Schweiz nicht mit mehr Län­dern, die die EMRK nicht unter­zeich­net haben, diplo­ma­ti­sche und han­dels­recht­li­che Bezie­hun­gen zu unter­hal­ten pflegt, als mit sol­chen, die der EMRK unter­ste­hen; die Han­dels­bi­lanz mit Chi­na und Indi­en dürf­te jeden­falls für sich spre­chen. Ange­sichts die­ses tota­len Affronts des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft habe ich mich ver­pflich­tet gefühlt, den Apo­sto­li­schen Stuhl in Rom über die­se öffent­li­che Dis­qua­li­fi­zie­rung sei­ner Rechts­ord­nung und über die­se gra­vie­ren­de Miß­ach­tung des Kon­kor­da­tes durch das Kan­tons­ge­richt Basel-Land­schaft umge­hend zu informieren.

d) Das Urteil des Kan­tons­ge­richts stellt schließ­lich in öku­me­ni­scher Sicht eine gra­vie­ren­de Benach­tei­li­gung der Römisch-katho­li­schen Kir­che im Ver­hält­nis zu den Evan­ge­lisch-refor­mier­ten Kir­chen in der Schweiz dar. Denn es dürf­te selbst­ver­ständ­lich sein, daß eine Ver­fü­gung eines evan­ge­lisch-refor­mier­ten Kan­to­nal­kir­chen­rats­prä­si­den­ten gegen­über einer Kirch­ge­mein­de von einem staat­li­chen Gericht nicht der­art in Zwei­fel gezo­gen wür­de, wie dies bei der Römisch-katho­li­schen Kir­che offen­sicht­lich mög­lich ist, wie­wohl die kirch­li­che und die staats­kir­chen­recht­li­che Sei­te zu dem­sel­ben Ergeb­nis gekom­men sind. Hier ist offen­sicht­lich die Rechts­gleich­heit zwi­schen den christ­li­chen Kon­fes­sio­nen ver­letzt worden.

Das Urteil des Kan­tons­ge­richts anzu­er­ken­nen, käme einer Kapi­tu­la­ti­on der Kir­che vor dem Staat gleich. Ein sol­cher Knie­fall vor dem Staat darf einem Bischof aber nicht zuge­mu­tet wer­den. Des­halb weiß ich mich in mei­nem Gewis­sen ver­pflich­tet, das Urteil des Kan­tons­ge­richts zurück­zu­wei­sen. Aus den­sel­ben Grün­den ist es für mich unmög­lich, den Ent­scheid des Kan­tons­ge­richts an das Bun­des­ge­richt wei­ter­zu­zie­hen. Denn erstens habe ich stets betont, daß eine der­art kirch­li­che Ange­le­gen­heit wie die Ertei­lung oder der Ent­zug der mis­sio cano­ni­ca nicht vor ein staat­li­ches Gericht gehört, wie bereits Pau­lus in sei­nem ersten Brief an die Korin­ther (6,6) ein­schär­fen muß­te. Ein Wei­ter­zie­hen an das Bun­des­ge­richt käme zwei­tens einer Aner­ken­nung der Zustän­dig­keit des Kan­tons­ge­richts Basel-Land­schaft bei kirch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten gleich, was ich, wie gesagt, nicht ver­ant­wor­ten kann. Ich bin des­halb dank­bar, daß auch der Lan­des­kir­chen­rat nicht an das Bun­des­ge­richt appelliert.

9. Die auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen im Ver­hält­nis von Staat und Kir­che sind sehr dif­fe­ren­ziert und kom­plex. Sie müs­sen vor­dring­lich ange­gan­gen und auf­ge­ar­bei­tet wer­den. Sie kön­nen des­halb unmög­lich mit einem occa­sio­nel­len Ent­scheid eines kan­to­na­len Gerichts als bereits beant­wor­tet gel­ten. Dazu ist das Urteil des Kan­tons­ge­richts mit zu vie­len Unwäg­sam­kei­ten, unge­prüf­ten Vor­ent­schei­dun­gen und Falsch­be­ur­tei­lun­gen belastet.

10. Was die kon­kre­te Situa­ti­on in der Kirch­ge­mein­de Rös­chenz betrifft, liegt es nun in der Ver­ant­wor­tung des Lan­des­kir­chen­ra­tes, den in kirch­li­cher und staats­kir­chen­recht­li­cher Sicht nach wie vor bestehen­den Unrechts­zu­stand zu besei­ti­gen und wie­der geord­ne­te Rechts­ver­hält­nis­se her­zu­stel­len. Die recht­li­che Kom­pe­tenz dazu ist dem Lan­des­kir­chen­rat jeden­falls – erfreu­li­cher­wei­se – vom Kan­tons­ge­richt Basel-Land­schaft aner­kannt worden.

+Kurt Koch
Bischof von Basel

Solo­thurn, 12. Novem­ber 2007

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