(Wien) Prof. Dr. Johannes Bonnelli, Direktor des Krankenhauses St. Elisabeth und Leiter des Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE), hat auf drei problematische Aspekte der so genannten Patientenverfügung hingewiesen, durch die der Arzt aufgefordert wird, bestimmte medizinische Behandlungen vorzunehmen oder zu unterlassen.
Bonelli räumte am Mittwoch während des Informationstages der Erzdiözese Wien zum Thema Bioethik-Lebensschutz. Mensch – Leben – Heute: gezeugt, geprüft, bewertet & verlassen? im Churhaus am Stephansplatz zunächst ein, daß die Patientenverfügung eine gewissen Hilfe für den Arzt darstellt: Der werde nämlich davon abgehalten, sich dem Druck der Angehörigen des betroffenen Patienten zu beugen und „sinnlose Aktivitäten zu starten“. Er könne auf das Schriftstück verweisen und betonen: „Das hat er gesagt. Das will er nicht.“
Allerdings ist die verhältnismäßig neue Regelung in den Augen des Primars eher problematisch: „Das, was damit eigentlich angestrebt wird, kann nicht erreicht werden“, so sein Urteil. Seine Kritik machte Bonelli an drei Aspekten fest.
Erstens: Niemand könne sagen, in welcher Situation er sich einmal befinden wird. Somit lasse sich die Krankheitssituation niemals genau beschreiben, und der Arzt sehe sich gezwungen, die wirkliche Absicht des Patienten herauszulesen. Bonelli plädierte deshalb dafür, daß Patienten auf eine Person verweisen, der sie ihr volles Vertrauen schenken.
Zweitens: Die Patientenverfügung werde in der Regel von gesunden Menschen verfaßt. Das ist nach Worten des Mediziners problematisch, weil kranke und leidende Menschen oft viel mehr zu ertragen bereit seien, als man das vermuten würde. Er kenne Menschen, die heute überaus glücklich sind, weil sie nach einer schmerzhaften Behandlung noch fünf oder zehn Jahre leben können. Ein Gesunder hätte sie sich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die erforderlichen Behandlungsmethoden ausgesprochen.
Und drittens: Bei der Patientenverfügung könne eine gewisse Tendenz zur Euthanasie nicht geleugnet werden. Bonelli verwies diesbezüglich auf eine mögliche Beeinflußung seitens der Verwandten, die auf das Erbe aus sind, und ganz allgemein auf den gesellschaftlichen Druck.
Der Leiter des IMABE-Instituts, Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben, äußerte sich im Rahmen der ersten „Woche des Lebens“, die am Samstag mit einem Pontifikalhochamt im Wiener Stephansdom zu Ende gehen wird.
Die Initiative möchte nach Worten von Initiatorin Dr. Stephanie Merckens, der Diözesanbeauftragten für Lebensschutz, dazu ermutigen, sich mit den Themen der Bioethik auseinanderzusetzen und durchaus auch im politischen Kontext für die Würde des Menschen von seiner Empfängnis bis zu seinem natürlichen Tod einzutreten.
(Zenit)