Der Global Compact for Migration ist unterzeichnet. Er trägt vor allem die zahlreichen Unterschriften von Vertretern aus Herkunftsländern. Deutlich geringer sind die Unterschriften von Vertretern der Zielländer. In manchen Staatskanzleien ist man noch imstande, die einfache Frage nach dem Cui bono zu stellen. Der Heilige Stuhl war in Marrakesch mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vertreten und erteilte dem Pakt den Segen von Papst Franziskus.
Papst Franziskus erteilte im September 2015 als einziger Religionsvertreter und somit als anerkannte höchste, moralische Autorität im New Yorker Glaspalast der Vereinten Nationen den UNO-Zielen für nachhaltige Entwicklung (deutsch offiziell: Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung) seinen Segen. Abtreibung hin oder her. Am vergangenen Dienstag tat der Kardinalstaatssekretär in Marrakesch beim Globalen Migrationspakt das Gleiche.
Die Migrations-Kompaktaten stellen einen weiteren Schritt zur Globalisierung und damit zur Beschneidung der staatlichen Souveränität dar. Beschönigungen hin oder her. Was sie genau bedeuten, muß sich erst zeigen, und das nicht etwa nur deshalb, weil sie erst in die Tat umgesetzt werden müssen. Vielmehr deshalb, weil darin Begriffe unscharf formuliert und daher fließend sind. Das ist Absicht. Seit 2015 wurde dieses Vorgehen im großen Stil vorexerziert mit der fließenden Synonymisierung von Flüchtling und Migrant. Der Vertragstext scheint bewußt als work in progress konzipiert zu sein. Er ist schwammig, sodaß seine konkrete Umsetzung jenen einen weiten Spielraum läßt, ihn auszubauen, die ihn tonangebend gestalten können. Das sind jene, die den Pakt wollten. Sie haben sich selbst ein bemerkenswertes Instrument in die Hand gegeben.
Vatikan verkündet neue Gebote und neue Sünden
Auch der Vatikan erteilte Anfang der Woche dem Global Compact for Migration im Auftrag von Papst Franziskus grünes Licht. Konkret ist damit die Verabsolutierung der Migration als Recht gemeint. Anders ausgedrückt: Für den Heiligen Stuhl unter Franziskus ist Migration unter allen Umständen und immer etwas Gutes und die Aufnahme der Migranten durch die Zielländer unter allen Umständen und immer eine Pflicht.
Religionshistorisch und theologisch betrachtet wurde die 2015 über Nacht postulierte „Willkommenskultur“ vom Heiligen Stuhl in den Rang der Gebote und ein Verstoß dagegen in den Status einer Sünde gehoben.
Der nächste Schritt steht in wenigen Tagen, am 19. Dezember, bevor und wird sich wieder im Glaspalast in New York abspielen. Dort wird die UNO-Vollversammlung den Migrationspakt formal beschließen. Das Ergebnis der Abstimmung steht bereits fest.
Der Vatikan ist nicht Mitglied der UNO, weshalb der Kardinalstaatssekretär mit dem Status eines Ständigen Beobachters in der marokkanischen Millionenmetropole anwesend war. Als solcher kann er nicht nur an den UNO-Konferenzen teilnehmen, sondern auch das Wort ergreifen.
Was sagte Kardinal Parolin in Marrakesch?
Er kündigte an, bereits „den Prozeß eingeleitet“ zu haben, „um die effizientesten Formen zu finden, mit denen die Einrichtungen der katholischen Kirche und die katholischen Organisationen der ganzen Welt“, den globalen Pakt nützen können. Was das genau heißen soll, ist angesichts des in der Substanz wenig greifbaren Vertragstextes mehr als unklar. Entscheidender scheint also die Absichtserklärung, und die ist ein bedingungsloses Bekenntnis zur Migrationsagenda der UNO.
In der Tat gehört Papst Franziskus seit mehr als fünf Jahren zu den aktivsten unter den führenden Stichwortgebern der Migrationsagenda, wenngleich er nicht deren Erfinder ist.
Merkels Marrakesch-Botschaft
Neben ihm steht auf politischer Ebene gleich Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre Botschaft in Marrakesch bestand aus drei zentralen Punkten:
- Massenmigration ist ein „normales Phänomen“;
- wenn sie legal erfolgt, „ist sie eine positive Sache“;
- die Handhabung eines „globalen Phänomens“ kann „nicht den einzelnen Staaten anvertraut“ werden, sondern „nur der internationalen Gemeinschaft“.
Migration ist insofern ein globales Phänomen, als es in zahlreichen Ländern weltweit auftritt. Es handelt sich aber nicht im konkreten Fall um ein globales Phänomen, weil keine Migrationsbewegung global erfolgt. Jede Situation in den einzelnen Herkunftsländern ist anders, anders sind die Migrations‑, Schleuser- und Schlepperwege, anders sind die Zielländer und anders ist die Situation und sind die Motive eines jeden einzelnen Migranten.
Damit ist auch schon die Behauptung widerlegt, die einzelnen Länder könnten die Migration nicht handhaben. Wer sonst?
In Wirklichkeit redete Merkel der Entmachtung und Entrechtung der souveränen Staaten das Wort, die in einer zentralen Frage schlechthin, den Menschenbewegungen, eines nicht mehr wären, nämlich souverän. Der Migrationspakt stellt sich unter diesem Gesichtspunkt als ein gigantischer Versuch heraus, die globale Personenfreizügigkeit durchzusetzen, was der erste Schritt zum Ende der heutigen Staaten wäre.
Hat das jemand so gefordert? Hat das jemand so beschlossen, beispielsweise der Deutsche Bundestag? Nein. Durch die Hintertür sollen an den demokratisch legitimierten Gesetzgebungsorganen vorbei und vor allem entgegen den verfassungsmäßigen Pflichten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Souveränität und Demokratie war in den Köpfen mancher Regierenden offenbar gestern.
Der Pakt ist daher keineswegs irrelevant, wie manche Kommentatoren zu beschwichtigen versuchen, nur weil er keine konkreten Maßnahmen enthält und mehr einer Absichtserklärung ähnelt. Die Bedeutung liegt genau in dieser Absichtserklärung. Sie spiegelt wider, was die wirklich Mächtigen anstreben, und das ist alarmierend.
„Widrige Umstände“
Kardinalstaatssekretär Parolin begründete seine Anwesenheit in Marrakesch mit dem Hinweis, daß „immer mehr Menschen gezwungen sind, wegen widriger Faktoren, ihre Häuser zu verlassen“. Die Formulierung war erstaunlich allgemein gehalten. Der politische Arm von Papst Franziskus, Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo, bezeichnete bereits den „Klimawandel“ als anzuerkennenden Migrationsgrund. Nimmt man die Katastrophenmacherei der UNO-Unglückspropheten beim Weltklimagipfel in Kattowitz beim Wort, etwa den sozialistischen UNO-Generalsekretär Antonio Gutierres, dann seien „ganze Länder“ vom Klimawandel so bedroht, daß sie in naher Zukunft unbewohnbar würden. Vorsichtshalber nannte er allerdings kein konkretes Beispiel für seine gewagte Behauptung. Der Nachweis dafür dürfte ihm schwerfallen, erst recht, daß dafür laut UNO-Klimadoktrin der Mensch „schuld“ ist.
Der Hinweis kündigt aber bereits an, mit welchen Argumenten kommende Migrationswellen gerechtfertigt werden könnten – ganz ohne Nachweis.
Parolin sekundierte in Marrakesch den Verfechtern der Migrations-Agenda, indem er Migration kategorisch zur „unfreiwilligen Reise“ erklärte, die „Migranten und ihre Familien in verletzbare Situationen bringe“. Der häufigste Migrationsgrund, die Wirtschaftsmigration wird verschwiegen und fein säuberlich aus allen Erörterungen ausgeklammert.
Geht es also nach Papst Franziskus, habe jeder ein Recht hinzugehen, wohin er wolle. Die Zielländer aber haben keine Rechte, denn sie haben aufzunehmen und den Mund zu halten. Wer es nicht tut, macht sich schuldig. Das ist die neue Moral der neuen globalistischen Zeit.
Was in Marrakesch (ab)gesegnet wurde
Kardinalstaatssekretär Parolin hat der wirklichen Funktion der Marrakesch-Konferenz seinen Segen erteilt. Die Ziele, die mit dem Pakt erstmals in einem offiziellen Dokument faßbar werden, lassen sich knapp zusammenfassen:
- Reduzierung der Souveränität der Staaten;
- „Überzeugung“ der öffentlichen Meinung weltweit, daß Migration ein absolutes Recht und immer ein positives Phänomen ist;
- definitive Beseitigung jeder Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten und zwischen illegaler und regulärer Migration;
- Zwang zur Aufnahme von Migranten.
In diesem Sinne erklärte Kardinalstaatssekretär Parolin in Marrakesch Migration zu einem Mittel der „menschlichen Entwicklung“.
Wie sagte doch Sanchez Sorondo, der politische Berater von Papst Franziskus, bereits im Juli 2017:
„Die Menschheit erlebt einen magischen Moment: Erstmals stimmen das Lehramt des Papstes und das Lehramt der UNO überein.“
Text: Andreas Becker
Bild: Nuova Bussola Quotidiana