„Dieser Papst beleidigt mich jeden Tag“

Das neue Gesprächsbuch mit Gabriel Ariza


Das neue Gesprächsbuch von Francisco Fernandez de la Cigona über Papst Franziskus.
Das neue Gesprächsbuch von Francisco Fernandez de la Cigona über Papst Franziskus.

(Madrid) Der Ver­lag Homo Legens ver­öf­fent­lich­te das Buch „Gesprä­che mit Paco Pepe“, die Gabri­el Ari­za, der Chef­re­dak­teur von Info­Va­ti­ca­na mit Fran­cis­co José Fer­nan­dez de la Cigo­ña führ­te. Fer­nan­dez de la Cigo­ña ist zu Kir­chen­fra­gen der meist­ge­le­se­ne Kolum­nist in Spa­ni­en und einer der meist­ge­le­se­nen Kolum­ni­sten in ganz Latein­ame­ri­ka. Auch den Lesern von Katho​li​sches​.info ist er kein Unbekannter.

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Cha­rak­te­ri­stisch für den Stil von Paco Pepe, wie Fer­nan­dez de la Cigo­ña von Freun­den genannt wird, sind kur­ze Sät­ze und eine deut­li­che Spra­che. Wenn er einen Bischof oder auch einen Kar­di­nal für bekla­gens­wert hält, sagt er das auch. Im ver­gan­ge­nen Mai nann­te er eini­ge, der von Papst Fran­zis­kus neu­ernann­ten Kar­di­nä­le „eine Schande“.

Als im Früh­jahr sie­ben deut­sche Bischö­fe sich an Rom wand­ten und eine Klä­rung erba­ten, ob die Zulas­sung von pro­te­stan­ti­schen Ehe­gat­ten zur Kom­mu­ni­on erlaubt sei, wie es die Mehr­heit der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz beschlos­sen hat­te, wur­de das auch außer­halb Deutsch­lands auf­merk­sam regi­striert. Fer­nan­dez de la Cigo­ña kom­men­tier­te in Spa­ni­en nüchtern:

„Deutsch­land hat noch sie­ben katho­li­sche Bischöfe“.

Am 20. Dezem­ber 2017 schrieb er auf sei­nem Blog La Cigüeña de la Tor­re zur Selig­spre­chung von Mär­ty­rern, die im Rah­men des Spa­ni­schen Bür­ger­krie­ges in odi­um fidei ermor­det wor­den waren:

„Mit den 16 Mär­ty­rern, deren Selig­spre­chung unmit­tel­bar bevor­steht, steigt 2018 die Zahl der Seli­gen, die 1935–1937 von der roten Bar­ba­rei ermor­det wur­den, auf über 2.000. Ein Gedächt­nis von histo­ri­scher Dimension.“

Mit der „roten Bar­ba­rei“ mein­te er die Ange­hö­ri­gen der Volks­front aus Kom­mu­ni­sten, Sozia­li­sten, Anar­chi­sten und Radi­kal­li­be­ra­len, die aus Haß gegen den Glau­ben Bischö­fe, Prie­ster, Ordens­frau­en und katho­li­sche Lai­en töte­ten und Spa­ni­en in eine Sowjet­re­pu­blik ver­wan­deln woll­ten. An bei­de „Taten“ wol­len sie seit Kriegs­en­de nicht mehr erin­nert wer­den. Seit­her stricken sie sich ihr eige­nes Geschichts­bild, das auf zwei histo­ri­schen Unwahr­hei­ten beruht: die poli­ti­sche Lin­ke sei das Opfer eines rech­ten Angriffs gewor­den, und sie habe für die Demo­kra­tie gekämpft. Das tat sie nach­weis­lich nicht, und auch nicht die Inter­na­tio­na­len Bri­ga­den, die von Mos­kau mobi­li­siert, an der Sei­te und als Teil der Volks­front kämpf­ten. Der Groß­va­ter von Fer­nan­dez de la Cigo­ña gehört zu den Opfern der Rotfront.

Fran­cis­co José Fer­nan­dez de la Cigo­ña ent­stammt gali­cis­chem Adel. Der ermor­de­te Groß­va­ter war Indu­stri­el­ler. Vater und Enkel wur­den Jour­na­li­sten. Zuvor stu­dier­te Fer­nan­dez de la Cigo­ña Rechts- und Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten. Der Vater von fünf Kin­dern ver­öf­fent­lich­te meh­re­re Bücher zur Ideen- und Kirchengeschichte.

Ari­za und Fer­nan­dez de la Cigo­ña gehö­ren in der spa­nisch­spra­chi­gen Welt zu den Jour­na­li­sten, die am besten über die katho­li­sche Kir­che infor­miert sind. Zudem sind sie seit Jah­ren befreun­det. Bei­de ver­bin­det eine gro­ße Lie­be zur Kir­che, die sie als Mut­ter betrach­ten. Dar­aus ent­stand die Idee, sie zu die­sem Gespräch zusammenzuführen.

Schwer­punkt des neu­en Gesprächs­bu­ches sind die The­men über die katho­li­sche Kir­che, über die bei­de in ihren Publi­ka­tio­nen schrei­ben. Ari­za und Fer­nan­dez de la Cigo­ña behan­deln „tau­send Schla­mas­sel“ des Vati­kans, aber auch die Situa­ti­on der Kir­che in Spa­ni­en. Dabei geht es um die Nach­kon­zils­zeit, um den Spa­ni­schen Bür­ger­krieg, die Regie­rung von Gene­ral Fran­co und der Über­gang zur heu­ti­gen Demokratie.

Fer­nan­dez de la Cigo­ña betont, daß er mit sei­ner publi­zi­sti­schen Arbeit einen „Dienst an der hei­li­gen Mut­ter Kir­che“ lei­sten wol­le. Es gehe ihm dar­um, „Din­ge her­vor­zu­he­ben, die Katho­li­ken wis­sen soll­ten, die ihnen aber nicht gesagt werden“.

Und was hat er mit sei­nen Kom­men­ta­ren erreicht?

„Klei­nig­kei­ten“, aber immerhin.

„Daß eini­ge Prie­ster, die kein Kol­la­re mehr getra­gen haben, es wie­der tra­gen; daß das uner­träg­li­che Wumm­ta­ta wäh­rend vie­ler Mes­sen eher abnimmt als zunimmt; daß immer mehr Bischö­fe beim Ein­zug in die Kir­che wie­der die Gläu­bi­gen seg­nen; vor allem aber, daß sie heu­te mehr nach­den­ken, bevor sie irgend­ei­ne Dumm­heit sagen, um nicht auf La Cigüeña de la Tor­re zu kommen“.

Das Nach­rich­ten­por­tal Info­Va­ti­ca­na ist heu­te die Platt­form für bei­de Gesprächs­part­ner. Gabri­el Ari­za ist der Chef­re­dak­teur der Nach­rich­ten­sei­te, Fer­nan­dez de la Cigo­ña betreibt dort sei­nen Blog. Info­Va­ti­ca­na hat es mit den Rechts­an­wäl­ten des Vati­kans zu tun. Der Hei­li­ge Stuhl beauf­trag­te mit Bak­er & Mcken­zie eine der zehn bekann­te­sten, inter­na­tio­nal täti­gen Kanz­lei­en, um von Info­Va­ti­ca­na eine Umbe­nen­nung zu ver­lan­gen. Begrün­det wird das unge­wöhn­li­che Vor­ge­hen mit der „Gefahr von Verwechslungen“.

„Nur des­halb?“, fragt daher Gon­za­lo Alto­za­no in sei­nem Vor­wort zum Buch. „Machen wir uns nichts vor.“

Die Sor­ge plagt den Vati­kan näm­lich nur bei die­sem Medi­um, wäh­rend eine gan­ze Rei­he ande­rer Medi­en, die eben­falls den Vati­kan im Namen füh­ren, unbe­an­stan­det bleiben.

Gabri­el Ari­za und Fran­cis­co José Fer­nan­dez de la Cigo­ña führ­te unter ande­rem der kri­ti­sche Blick auf das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat zusam­men. Info­Va­ti­ca­na gehört zu den Medi­en­stim­men, die Kri­tik an der Amts­füh­rung von Papst Fran­zis­kus üben. Ein „Luxus“, den sich das Por­tal nur wegen sei­ner Unab­hän­gig­keit lei­sten kann. Es ist das Gewicht, das Info­Va­ti­ca­na in Spa­ni­en und His­pano­ame­ri­ka hat, das die Inter­net­plat­torm ins Visier des päpst­li­chen Hof­staa­tes gera­ten ließ.

Fer­nan­dez de la Cigo­ña kom­men­tiert die Akti­vi­tä­ten von Papst Fran­zis­kus weit zurück­hal­ten­der als die aller ande­ren Kir­chen­ver­tre­ter. Er erklärt auch war­um: Der Papst ist der Papst. Den­noch ließ er zwi­schen den Zei­len und zuletzt auch direkt immer deut­li­cher sei­ne Kri­tik am der­zeit regie­ren­den, spa­nisch­spra­chi­gen Papst durch­klin­gen. Vor Fran­zis­kus hat­ten nur drei Päp­ste aus Spa­ni­en (Dama­sus I., Calix­tus III. und Alex­an­der VI.)  den Stuhl des Petrus bestie­gen. Doch son­der­lich glück­lich wird weder Ari­za noch Fer­nan­dez de la Cigo­ña mit dem vier­ten Papst aus der spa­nisch­spra­chi­gen Welt.

Im Gesprächs­buch wird Fer­nan­dez de la Cigo­ña dann auch deut­li­cher als auf sei­nem Blog. Auf die anfäng­li­che Irri­ta­ti­on folg­te eine abwar­ten­de Zurück­hal­tung, die aber mit zuneh­men­der Dau­er die­ses Pon­ti­fi­kats zu immer grö­ße­rer Distanz führte.

Im Janu­ar 2017 schrieb der bekann­te Kolum­nist zur Kri­tik von Papst Fran­zis­kus an „Pro­se­ly­ten­ma­che­rei“:

„Ich den­ke daher, daß es bes­ser ist, wenn man nicht alles liest, was der Papst sagt, im Klar­text eigent­lich fast nichts. Ich wer­de mich dar­auf beschrän­ken, die Titel der Medi­en zu lesen. Und natür­lich bin ich jeder­zeit bereit, alles zurück­zu­neh­men, falls ich mich in ihm getäuscht haben soll­te. Nichts ist für mich schö­ner, als gut über den Papst zu spre­chen, mei­nen Papst. Aller­dings strengt er sich sehr an, daß dem nicht so ist.“

Am 1. Juli 2018 schrieb Fer­nan­dez de la Cigoña:

„Das ist ein Papst, von dem man nicht weiß, was er denkt und will“.

Der Ver­lag Homo Legens wirbt mit einer Aus­sa­ge des bekann­ten Blog­gers für das Buch, die sich dar­in fin­det, und die es an Deut­lich­keit nicht mis­sen läßt:

„Die­ser Papst belei­digt mich jeden Tag.“

Das ist Fer­nan­dez de la Cigo­ña, wie ihn sei­ne Leser kennen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: InfoVaticana

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