Correctio filialis de haeresibus propagatis – Kleriker und Laien weisen Papst Franziskus wegen Amoris laetitia zurecht


Namhafte Kleriker und Laien haben Papst Franziskus eine Correctio filialis zukommen lassen, mit der sie ihn wegen Verbreitung von Häresien
Namhafte Kleriker und Laien haben Papst Franziskus eine Correctio filialis zukommen lassen, mit der sie ihn wegen Verbreitung von Häresien

Von einem „epo­cha­len“ Ereig­nis spre­chen die Unter­zeich­ner und tat­säch­lich han­delt es sich um einen auf­se­hen­er­re­gen­den und histo­ri­schen Vor­gang. Erst­mals seit dem Mit­tel­al­ter wei­sen Kle­ri­ker und Lai­en öffent­lich einen Papst zurecht.

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Zahl­rei­che Prie­ster und ange­se­he­ne Lai­en aus den Rei­hen der Wis­sen­schaft und der Intel­li­genz haben gegen­über Papst Fran­zis­kus eine Cor­rec­tio filia­lis de hae­re­si­bus pro­pa­ga­tis aus­ge­spro­chen. In die­ser „Zurecht­wei­sung wegen der Ver­brei­tung von Häre­si­en“ wer­fen sie Fran­zis­kus vor, mit sei­nem umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia sie­ben Häre­si­en „ange­deu­tet oder ermu­tigt“ zu haben. Unter den Unter­zeich­ner fin­den sich bekann­te Namen wie Rober­to de Mat­tei, Mar­tin Mose­bach, Joseph Shaw, Pao­lo M. Sia­no, Robert Hick­son, Etto­re Got­ti-Tede­schi, Tho­mas Stark.

Die eigent­li­che Cor­rec­tio (Zurecht­wei­sung) ist von den Unter­zeich­nern latei­nisch for­mu­liert, der offi­zi­el­len Spra­che der Kir­che. Die Unter­zeich­ner bestehen „respekt­voll“ dar­auf, daß Papst Franziskus

„die­se Häre­si­en ver­ur­teilt, die er direkt oder indi­rekt ver­tre­ten hat“.

Eine ortho­do­xe, also recht­gläu­bi­ge Inter­pre­ta­ti­on der bean­stan­de­ten Stel­len sei nicht mög­lich, so die Unter­zeich­ner, weil Papst Fran­zis­kus bis­her zu ver­ste­hen gege­ben habe, eine sol­che gar nicht zu wol­len. Die Unter­zeich­ner der Zurecht­wei­sung listen zum Beweis „Aus­sa­gen, Hand­lun­gen und Unter­las­sun­gen“ des Pap­stes auf, aus denen „ohne jeden begrün­de­ten Zwei­fel“ her­vor­ge­he, daß Fran­zis­kus eine Aus­le­gung wol­le, „die fak­tisch häre­tisch ist“.

Drei Teile: Begründung, Correctio und vertiefende Erklärung

Die Cor­rec­tio filia­lis besteht aus drei Tei­len. Im erste Teil gilt dem Nach­weis, daß die Unter­zeich­ner als „gläu­bi­ge und prak­ti­zie­ren­de Katho­li­ken das Recht und sogar die Pflicht haben“, eine sol­che Zurecht­wei­sung an den Papst zu richten.

„Das Gesetz der Kir­che ver­langt, daß kom­pe­ten­te Per­so­nen nicht schwei­gen, wenn die Hir­ten der Kir­che die Her­de verwirren.“

Das bedeu­te „kei­nen Wider­spruch zum Dog­ma der päpst­li­chen Unfehl­bar­keit“, weil die Unfehl­bar­keit nur unter genau defi­nier­ten Bedin­gun­gen gel­te und von Papst Fran­zis­kus aus­drück­lich nicht in Anspruch genom­men wur­de. Die Unter­zeich­ner schrei­ben in einer Zusammenfassung:

„Er hat nicht erklärt, dass die­se häre­ti­schen Posi­tio­nen als end­gül­ti­ge Leh­re der Kir­che zu betrach­ten sei­en oder dass die Katho­li­ken sie mit Zustim­mung des Glau­bens zu glau­ben hät­ten. Die Kir­che lehrt, dass kein Papst behaup­ten kann, dass Gott ihm irgend­ei­ne neue Wahr­heit offen­bart habe, die von den Katho­li­ken ver­pflich­tend zu glau­ben sei.“

Papst Franziskus, Martin Luther und Amoris laetitia. Namhafte Kleriker und Laien haben Papst Franziskus eine Correctio filialis zukommen lassen, mit der sie ihn wegen Verbreitung von Häresien zurechtweisen.
Papst Fran­zis­kus, Mar­tin Luther und Amo­ris laetitia.

Der zwei­te Teil umfaßt die eigent­li­che „Zurecht­wei­sung“, die in der Kir­chen­spra­che Latein for­mu­liert ist. Dar­in wer­den die „sie­ben häre­ti­schen The­sen“ auf­ge­li­stet, deren Ver­brei­tung und För­de­rung Fran­zis­kus vor­ge­wor­fen werden.

Im drit­ten Teil, einer ver­tie­fen­den „Erklä­rung“ wer­den zwei „Grün­de“ für die „bei­spiel­lo­se Kri­se“ erör­tert, in die Papst Fran­zis­kus die Kir­che durch Amo­ris lae­ti­tia geführt habe: „der Moder­nis­mus“ und „der Ein­fluß der Ideen von Mar­tin Luther auf Papst Franziskus“.

Der Moder­nis­mus, so die Unter­zeich­ner, wur­de zwar Anfang des 20. Jahr­hun­derts von der Kir­che ver­ur­teilt, sei aber ab Mit­te des vori­gen Jahr­hun­derts wie­der auf­ge­taucht und habe seit­her in der Katho­li­sche Kir­che „gro­ße und anhal­ten­de Ver­wir­rung verursacht“.
Zudem skiz­zie­ren die Unter­zeich­ner eini­ge The­sen Luthers zu Ehe, Moral, Ver­ge­bung und gött­li­chem Gesetz, um auf­zu­zei­gen, daß Luthers Ideen „genau mit dem über­ein­stim­men, was von Papst Fran­zis­kus geför­dert wird“. Bestä­tigt wer­de dies auch durch das „aus­drück­lich und prä­ze­denz­lo­se Lob, das Papst Fran­zis­kus dem deut­schen Häre­si­ar­chen gezollt hat“.

Von ungehörten Appellen und unbeantworteten Fragen zur Zurechtweisung

Im Juni 2016, kurz nach­dem Fran­zis­kus Amo­ris lae­ti­tia ver­öf­fent­licht hat­te, wand­ten sich 45 Theo­lo­gen und Phi­lo­so­phen ver­trau­lich an das Kar­di­nals­kol­le­gi­um und warn­ten vor „häre­ti­schen The­sen, Irr­tü­mern und Zwei­deu­tig­kei­ten“. Ihrem Schrei­ben lie­ßen sie einen öffent­li­chen Appell folgen.

Es war der öster­rei­chi­sche Phi­lo­soph Josef Sei­fert, der in sei­ner umfas­sen­den und fun­dier­ten Auf­satz über Amo­ris lae­ti­tia im Som­mer 2016 an die „brü­der­li­che Zurecht­wei­sung“ des hei­li­gen Petrus durch den Apo­stel Pau­lus erin­ner­te. Das päpst­li­che Doku­ment unter­zog er einer ver­nich­ten­den Kritik.

Im Sep­tem­ber 2016 wand­ten sich vier Kar­di­nä­le, Wal­ter Brand­mül­ler, Ray­mond Bur­ke, Car­lo Caf­farra und Joa­chim Meis­ner, an Papst Fran­zis­kus, indem sie um Klä­rung zwei­deu­ti­ger For­mu­lie­run­gen baten. Dazu leg­ten sie dem Papst Dubia vor. In Form von fünf Fra­gen ersuch­ten sie das Kir­chen­ober­haupt um eine klar Aus­sa­ge, ob die dar­in for­mu­lier­ten Leh­ren der Kir­che noch Gül­tig­keit haben oder nicht, denn dazu gebe es wegen Amo­ris lae­ti­tia Zwei­fel. Eine Ant­wort dar­auf blieb Papst Fran­zis­kus bis heu­te schul­dig. Ein Ver­hal­ten, das erst recht Zwei­fel bestärk­te, ob er wil­lens sei, die Leh­re der Kir­che zur Unauf­lös­lich­keit der Ehe, der katho­li­schen Moral­leh­re und der Sakra­men­ten­ord­nung zu bewah­ren und zu verkünden.

Nach­dem sie kei­ne Ant­wort erhal­ten hat­ten, gin­gen die vier Kar­di­nä­le im Novem­ber 2016 an die Öffent­lich­keit und mach­ten ihre Dubia (Zwei­fel) bekannt. In der Fol­ge waren sie hef­ti­gen, teils unter­grif­fi­gen und belei­di­gen­den Attacken durch Expo­nen­ten aus dem näch­sten Umfeld des Pap­stes ausgesetzt.

Im April 2017, nach­dem sie noch immer kei­ne Reak­ti­on des Pap­stes erhal­ten hat­ten, baten die vier Kar­di­nä­le in Audi­enz emp­fan­gen zu wer­den, um ihre „Besorg­nis“ vor­brin­gen zu kön­nen. Den Brief dazu hat­te Kar­di­nal Car­lo Caf­farra auf­ge­setzt. Doch wie­der­um kam nicht das gering­ste Zei­chen aus dem Vati­kan. Inzwi­schen sind zwei der vier Unter­zeich­ner, Kar­di­nal Joa­chim Meis­ner und Kar­di­nal Car­lo Caf­farra, gestor­ben, der kurz vor sei­nem Tod äußer­te, sich über­wacht zu fühlen.

Seit dem ver­gan­ge­nen Herbst tauch­te in der Dis­kus­si­on immer wie­der das Stich­wort der brü­der­li­chen Zurecht­wei­sung nach dem neu­te­sta­ment­li­chen Vor­bild auf. In die­sem Sin­ne erklär­te der Kir­chen­recht­ler Edward Peters, Refe­ren­dar am Ober­sten Gerichts­hof der Apo­sto­li­schen Signa­tur, bereits im Dezem­ber 2016, daß eine brü­der­li­che Zurecht­wei­sung in einer Not­si­tua­ti­on durch das Kir­chen­recht gedeckt sei. Dies gilt dann, wenn es um „das Wohl der Kir­che und die Wah­rung der Unver­sehrt­heit des Glau­bens und der Sit­ten“ geht, wobei die Ermah­nung mit der nöti­gen „Ehr­furcht gegen­über den Hir­ten und unter Beach­tung des all­ge­mei­nen Nut­zens und der Wür­de der Per­so­nen“ vor­zu­tra­gen und den ande­ren Gläu­bi­gen kund­zu­tun ist (Canon 212,3 des Codex Iuris Canonici).

Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke bekräf­tig­te zum Jah­res­be­ginn, daß eine Zurecht­wei­sung unaus­weich­lich kom­men wer­de, wenn Papst Fran­zis­kus an sei­nen Posi­tio­nen fest­hal­ten soll­te, die im Wider­spruch zur Leh­re der Kir­che stehen.

Eine Grup­pe von Kle­ri­kern und Lai­en, die „ihrem Wis­sen, ihrer Zustän­dig­keit und ihrer her­vor­ra­gen­den Stel­lung“ die im Kir­chen­recht genann­ten Vor­aus­set­zun­gen erfül­len, sind zur Tat geschrit­ten und haben einen ersten Schritt zur „Zurecht­wei­sung“ gesetzt.

Was wird nun gesche­hen? Wie wird der Papst reagie­ren? Wie Bene­dikt XVI.?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: correctiofilialis/MiL/Vatican.va (Screen­shots)

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