Kardinal Martino zu Amoris laetitia: „Dubia sind legitim, antworten ist richtig“

Kardinal Raffaele Martino: "Dubia sind legitim". Es wäre "richtig", wenn Papst Franzsikus darauf antworten würde.
Kardinal Raffaele Martino: "Dubia sind legitim". Es wäre "richtig", wenn Papst Franziskus darauf antworten würde.

(Rom) Mit dem eme­ri­tier­ten Kuri­en­kar­di­nal Rena­to Raf­fae­le Mar­ti­no stell­te sich ein wei­te­rer Kar­di­nal hin­ter die vier Kar­di­nä­le Brand­mül­ler, Bur­ke, Caf­farra und Meis­ner, die mit Dubia (Zwei­feln) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia Papst Fran­zis­kus um eine Klä­rung ersucht haben.

Kar­di­nal Mar­ti­no, ein ehe­ma­li­ger Vati­kan­di­plo­mat, war von Papst Johan­nes Paul II. 2002 zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates Ius­ti­tia et Pax und von Papst Bene­dikt XVI. 2006 zusätz­lich zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates der Seel­sor­ge für die Migran­ten und Men­schen unter­wegs ernannt wor­den. Seit 2014 ist er dienst­äl­te­ster Kar­di­nal­dia­kon der katho­li­schen Kir­che und beklei­det damit das Amt des Kar­di­nal­pro­to­dia­kons. Wür­de der­zeit ein Kon­kla­ve statt­fin­den, wäre es die Auf­ga­be von Kar­di­nal Mar­ti­no, der Welt von der Mit­tel­log­gia des Peters­doms den neu­en Papst zu verkünden.

In einem am 16. Dezem­ber ver­öf­fent­lich­ten Inter­view von La Fede Quo­ti­dia­na nahm der Kar­di­nal auch zu den Dubia und der eigent­li­chen Fra­ge, der Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on, Stellung.

FQ: Die Dubia der vier Kar­di­nä­le: Was den­ken Sie darüber?

Kar­di­nal Mar­ti­no: Daß ich nichts Schlech­tes dar­an erken­nen kann. Es ist legi­tim in Sachen Glau­bens­leh­re an den Papst eine Mei­nung zu rich­ten und es ist auch rich­tig zu antworten.

FQ: Kann man Geschie­de­nen, die stan­des­amt­lich wie­der­ver­hei­ra­tet sind, die Kom­mu­ni­on spenden?

Kar­di­nal Mar­ti­no: Nein, die Leh­re hat sich nicht geän­dert und wird sich auch nicht ändern. Die sakra­men­ta­le Ehe ist unauf­lös­bar. Natür­lich kann sich die­ses von Fall zu Fall, von dem in Amo­ris lae­ti­tia die Rede ist, für zwei­fel­haf­te Inter­pre­ta­tio­nen eig­nen, auch wenn ich den damit ver­folg­ten pasto­ra­len Blick­win­kel verstehe.

Im sel­ben Inter­view bezeich­ne­te es Kar­di­nal Mar­ti­no als „häß­li­che Rea­li­tät“, daß die Zahl der stan­des­amt­li­chen Ehe­schlie­ßun­gen im Ver­gleich zu den kirch­li­chen immer mehr zunimmt. Den Grund dafür sieht der Kar­di­nal, weil sich die Men­schen „vom Glau­ben ent­fer­nen. Es ist hart, das zu sagen, aber es ist so. Man muß erken­nen, daß wir in Euro­pa Schritt für Schritt ins Hei­den­tum abglei­ten. Vor­herr­schend ist ein säku­la­ri­sier­tes Kli­ma, das die Suche nach dem Hei­li­gen nicht begünstigt.

FQ: Beob­ach­ter haben gesagt, daß die stan­des­amt­li­che Ehe bes­ser sei als das Zusam­men­le­ben. Tei­len Sie die­se Ansicht?

Kar­di­nal Mar­ti­no: Aus der Sicht des Glau­bens für die bei­den Din­ge einer­lei. Sowohl die stan­des­amt­li­che Ehe als auch das Zusam­men­le­ben sind irre­gu­lär. Die ein­zi­ge Ehe für den Gläu­bi­gen ist die sakra­men­ta­le, die vor Gott geschlos­sen wird. Ande­re gibt es nicht, wenn wir als Gläu­bi­ge dar­über nachdenken.

FQ: Abtrei­bung: Jüngst hat der Papst mit einem apo­sto­li­schen Schrei­ben allen Prie­stern die Voll­macht ver­lie­hen, direkt von der Sün­de der Abtrei­bung los­spre­chen zu kön­nen. Was sagen Sie dazu?

Kar­di­nal Mar­ti­no: In erster Linie will ich ein ent­schie­de­nes Nein zu jeder Form der Abtrei­bung bekräf­ti­gen. Die Abtrei­bung ist immer inak­zep­ta­bel, das gilt auch mit Blick auf die Poli­tik der Gebur­ten­be­schrän­kung. Sie kann nicht akzep­tiert wer­den, sie ist ein Tötungsdelikt.

FQ: Von man­chen wur­de gesagt: Den Prie­stern direkt die Voll­macht zur Los­spre­chung von der Sün­de der Abtrei­bung zu geben, kann den Ein­druck einer Ent­span­nung vermitteln …

Kar­di­nal Mar­ti­no: Die Gefahr, eine sol­che Bot­schaft zu signa­li­sie­ren, exi­stiert. Die Leu­te, vor allem in die­sem so stark säku­la­ri­sier­ten Kon­text, kön­nen es so ver­ste­hen, wie Sie es gesagt haben. Es genügt, sich die Reak­tio­nen der Medi­en anzu­schau­en. Ich bin mir sicher, daß das nicht die Absicht des Pap­stes war und ist. Im Doku­ment wird die Abtrei­bung wei­ter­hin als schwer­wie­gen­de Sün­de bezeich­net. Die Gefahr ist aller­dings nicht von der Hand zu weisen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: SMM/​FQ (Screen­shots)

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