
(Rom) Zu einem Erdbeben ist es am Päpstlichen Orientalischen Institut (Pontificium Institutum Orientalium Studiorum) in Rom gekommen, das vom Jesuitenorden geführt wird. Jesuitengeneral Adolfo Nicolas setzte den Rektor, den Vizerektor sowie die beiden Dekane ab und damit faktisch die gesamte Führungsspitze. Provisorischer neuer Rektor wurde der bekannte Islamwissenschaftler und Orientalist Samir Khalil Samir, der ebenfalls dem Jesuitenorden angehört.
Der Tod von Lanfranco Rossi
Vergangene Woche betrauerte das Päpstliche Orientalische Institut (P.I.O.) den Tod von Lanfranco Rossi, der als Gastprofessor Orientalische Spiritualität lehrte. Der 60jährige Priester, der auch an der Päpstlichen Universität Gregoriana lehrte, war in einem Feld unweit von Rom nahe der Niederlassung einer geistlichen Gemeinschaft tot aufgefunden worden, deren geistlicher Assistent er war. Laut Medienberichte sind sich die Ermittler nach der Autopsie sicher, daß der Priester ermordet wurde. Die Leiche weise Stichwunden am Kopf und Würgemale am Hals auf. Rossi sei erwürgt und von seinem Täter sterbend liegengelassen worden. Der Obere der geistlichen Gemeinschaft „I ricostruttori nella preghiera“ betont hingegen in den offiziellen Presseerklärungen, daß Rossi eines natürlichen Todes gestorben sei. Mit den Ermittlungen wurde ein Sonderkommando der Carabinieri betraut.
Im Zimmer des Toten wurden drei Totenköpfe gefunden. Die Ermittler schließen eine satanische Fährte aus. Bei den Totenköpfen habe es sich laut Angaben der Gemeinschaft um „Reliquien“ gehandelt. Kritiker sprechen von umstrittenen Gebetspraktiken nicht-christlicher Tradition. Ausgeschlossen wird vor allem Raubmord. Die Gemeinschaft, der Rossi angehörte, lebt in völliger Armut.
Die Gemeinschaft der „Wiedererrichter im Gebet“
Rossi, Priester der Diözese La Spezia, gehörte der Gemeinschaft der „Ricostruttori nella preghiera“ (Wiedererrichter im Gebet) an. Die Gemeinschaft wurde Anfang der 80er Jahre vom Jesuiten Gian Vittorio Cappelletto (1928–2009) gegründet, der sich in den 70er Jahren durch die Begegnung mit indischen Gurus von östlichen Lebensformen anregen ließ. Cappelletto wollte Menschen, die sich vom Glauben abgewandt hatten, wieder zum Gebet zurückführen. Die Mitglieder der Gemeinschaft schlafen auf dem Boden, essen nur Vegetarisches, schneiden sich weder Bart noch Haare und beten nachts auf Friedhöfen.
Die Mischung aus fernöstlichen Lebensformen fremdreligiöser „Meister“ und christlicher Spiritualität ist nicht unumstritten. Der Gemeinschaft werden „synkretistische“ und „neognostische“ Elemente vorgeworfen. In den Meditationskursen mit einer fünfstufigen „Erkenntniserweiterung“ seien Yoga-Elemente und der Ananda Marga-Lehre enthalten. Pater Cappelletto wurde vom Jesuitenorden gefördert und ihm die ordenseigenen Einrichtungen für seine neuen Meditationsformen, der sogenannten „Tiefenmeditation“ zur Verfügung gestellt.
Die Gemeinschaft, die gemeinschaftlich aus Frauen und Männern besteht, wurde vom Bischof von La Spezia kanonisch anerkannt. 1989 wurden die ersten beiden Priester geweiht. Heute zählt sie 27 Priester, zwölf Seminaristen und Postulanten, rund 100 Gottgeweihte und einen erweiterten Kreis von mehreren hundert Laien.
Jesuitengeneral setzt gesamte Leitungsebene des Orientalischen Instituts ab
Völlig unabhängig von dem Mordfall erschütterte ein noch weit größeres Erdbeben das Päpstliche Orientalische Institut. Faktisch wurde vom Generaloberen des Jesuitenordens die gesamte Leitungsebene des Instituts abgesetzt.
Das Absetzungsdekret, unterzeichnet von Generalpropst Adolfo Nicolás Pachón, stellvertretender Großkanzler des Instituts, blieb nur einen Tag am Schwarzen Brett des Instituts ausgehängt.
Seit Dienstag, dem 14. April sind Rektor James McCann, Vizerektor Massimo Pampaloni und die Dekane der beiden Fakultäten für Orientalische Kirchenwissenschaften und Orientalisches Kirchenrecht, Philippe Luisier und Michael Kuchera, alle Angehörige des Jesuitenordens, ihres Amtes enthoben.
Samir Khalil Samir interim neuer Rektor des Instituts
Vorläufig wird der 77 Jahre alte Orientalist und Islamwissenschaftler Pater Sami Khalil Samir interimistisch mit dem Rang eines Pro-Rektors das Institut leiten. Der aus Ägypten stammende Jesuit genießt Weltruf. Er lehrte bereits an der Université Saint-Joseph von Beirut und zahlreichen Universitäten in Europa und den USA.
Die beiden Fakultäten werden vorläufig im Rang von Pro-Dekanen von Pater Edward Farrugia und Pater Sunny Thomas Kokkaravalayil geleitet. Farrugia ist ordentlicher Professor für Orientalische Dogmatik und Patrologie. Kokkaravalayil ist außerordentlicher Professor für Rechtsdogmatik und Rechtsmethodik, Rechtstheologie, Malabarisches Recht und Chaldäisches Recht.
Das Absetzungsdekret trat mit sofortiger Wirkung in Kraft ohne den Beginn des neuen Akademischen Jahres im Herbst abzuwarten. In einem Begleitschreiben zum Dekret tadelte der Ordensgeneral den „lieblosen“ Geist, der den Lehrkörper zersetzt habe mit schwerwiegenden Folgen für den Auftrag des Instituts.
„Liebloses“ Klima oder Unfähigkeit?
Das Päpstliche Orientalische Institut wurde 1917 von Papst Benedikt XV. zusammen mit der Kongregation für die orientalischen Kirchen errichtet. Der Kardinalpräfekt der Kongregation, derzeit der Argentinier Leonardo Kardinal Sandri, ist Großkanzler des Instituts.
1922 übertrug Papst Pius XI. das Institut dem Jesuitenorden. Die Ernennung des Rektors ist dem Papst auf Vorschlag des Jesuitengenerals nach Anhörung der Jesuiten des Lehrkörpers vorbehalten.
In den vergangenen Monaten hatten die Dekane und einige Professoren die Absetzung des Rektors gefordert. Dem aus den USA stammenden Jesuiten McCann wurde Unfähigkeit vorgeworfen, einen akademischen Betrieb zu leiten. Jesuitengeneral Nicolas entsandte mit Pater Gianfranco Ghirlanda einen Inspektor. Pater Ghirlanda ist ehemaliger Rektor der Päpstlichen Universität Gregoriana und Kirchenrechtsexperte. Die Folge dieser Inspektion ist die Absetzung der gesamten Leitungsebene des Instituts.
„Daß Pater McCann auch im Vatikan keine besondere Wertschätzung genoß, konnte man bereits am 19. Februar 2014 erahnen, als Papst Franziskus Vize-Rektor Pampaloni und die Dekane Luisier und Kuchera zu Consultoren der Kongregation für die Ostkirchen ernannte, nicht aber ihn, den amtierenden Rektor: eine um so brennendere Demütigung da der Sekretär der Kongregation sein Mitbruder im Jesuitenorden, der slowakische Erzbischof des griechischen Ritus, Msgr. Cyril Vasil war und ist.“
Niedergang des Instituts?
Daß am Institut einiges im argen lag war spätestens seit der feierlichen Emeritierung von Pater Robert Taft, US-Amerikaner und bekannter Liturgiker am 15. Dezember 2011 öffentlich bekannt. Die Laudatio für Pater Taft hielt Stefano Parenti, Professor für orientalische Liturgien am Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo und Schüler von Taft. Parenti arbeitet derzeit mit Taft an der Herausgabe einer monumentalen Geschichte der byzantinischen Liturgie in mehreren Bänden.
Die Laudatio wurde in der Fachzeitschrift Studi sull’Oriente Cristiano veröffentlicht. Parenti sagte damals: „Im Unterschied zu heute war das Päpstliche Orientalische Institut bis zum Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts ein Exzellenzort für das Studium der orientalischen Liturgien, besonders der byzantinischen Liturgie. Wer in Zukunft die Last auf sich nimmt, die Geschichte des Instituts zu schreiben, wird die Verantwortlichkeiten festzustellen wissen, die zu einem so aufsehenerregende Debakel führte in einem Massakerspiel, das aus der Distanz und von Unbeteiligten beobachtet, eine verödete Arena ohne Sieger und Besiegte zeigt.“
Und weiter:
„Wir befinden uns vor dem, was man in der Politik einen ‚Systemfehler‘ nennt, der seit langem bekannt, aber ignoriert wurde von jenen, die eigentlich wachsam sein sollten. Hinzukommt die Unsicherheit vieler Verträge und die singuläre Rekrutierungs- und Beförderungsmodalitäten der Dozenten, weshalb es ordentliche Professoren gibt, die an einer guten staatlichen europäischen oder amerikanischen Universität im Besten aller Fälle bis zu ihrer Pensionierung Assistenten geblieben wären.“
Bedrängte Ostchristen – Schweigendes Institut
Tatsächlich „genügt ein Blick auf die Liste des Lehrkörpers“, so Sandro Magister, um die prekäre Situation befristeter Verträge zu Lehraufträgen zu sehen. Zahlreiche Dozenten lehren an anderen Universitäten und werden lediglich kurzzeitig vom Institut verpflichtet, um mit den Studenten innerhalb weniger Wochen ein Programm zu absolvieren, für das an anderen Hochschulen ein ganzes Semester eingeplant wird.
„Vor allem jedoch fällt auf, daß das Institut gerade in einer Zeit, in der sich die orientalische Christenheit im Nahen Osten, in Nordafrika, aber auch in der Ukraine in einer tiefen Krise befindet und schwer bedrängt wird, kaum etwas zu sagen weiß. Dabei wären gerade jetzt seine fachmännische Beratung, profunde Fachstudien und Gutachten von besonderer Bedeutung“ für die christlichen Gemeinschaften vor Ort, aber auch für den Heiligen Stuhl, so Magister.
Vizerektor konvertiert zur russisch-orthodoxen Kirche
Bereits im vergangenen Jahr wurde das Institut durch einen aufsehenerregenden Abgang erschüttert. Der ehemalige Vizerektor (bis 2013), der amerikanische Jesuit ukrainisch-ungarischer Abstammung, Pater Constantin Simon, Fachmann für russisches Christentum kehrte dem Jesuitenorden und der Katholischen Kirche den Rücken. Am 7. Juni 2014 wurde er feierlich als Priester in die russisch-orthodoxe Kirche aufgenommen. Die Aufnahmeliturgie leitete Archimandrit Amwrosi von Peterhof, der russisch-orthodoxe Weihbischof von Sankt Petersburg ist und Rektor der Geistlichen Akademie Sankt Petersburg des Moskauer Patriarchats.
„Manche sehen im Erdbeben dieser Tage nur das Vorspiel zu einer zeitweiligen Schließung des Instituts zum Zweck einer radikalen Neuordnung“, so Sandro Magister.
Text: Settimo Cielo/Giuseppe Nardi
Bild: P.I.O.
„Die Gemeinschaft wurde Anfang der 80er Jahre vom Jesuiten Gian Vittorio Cappelletto (1928–2009) gegründet, der sich in den 70er Jahren durch die Begegnung mit indischen Gurus von östlichen Lebensformen anregen ließ.“
Er hat bestimmt zu viel aus dem Becher „Nostra aetate“ getrunken. Man verliert bei diesem Getränk sehr schnell den Durchblick vor Christus. Es ging in den 70er Jahren vielen so. Die vielen Gurus von damals lachen heute noch.
Per Mariam ad Christum.
Sehr richtig. Auch diese „Leistung“ des 2.Vatikanums führte zu Verirrungen und Verwirrungen. Dass diese seltsamen Kulte uns bereichern könnten, konnte doch niemand ernsthaft meinen.
Die Verblendung durch die wie Pilze aus dem Boden schiessenden Angebote von „fernöstlichen Meditationspraktiken“ – insbesondere z.B. die
„Zen-Meditationen“ – als vorgegaukelte „Ergänzung“ / Bereicherung“ „(?!) zur christlichen Kontemplation zieht gerade heutzutage weite Kreise.
Traurig genug, dass sich diesem Treiben auch immer wieder Ordensgemeinschaften anschliessen und von einer angeblichen „Erfahrungserweiterung“ fabulieren.
In diesen Gemeinschaften ist Einiges in Schieflage geraten.
Auf einer Ordensgemeinschaft-Homepage war folgender Satz zu lesen:
-
„Wir Christen lernen am anderen d.h., die Wahrheit,
die sich im Glauben des anderen findet,
kann die Wahrheit unseres eigenen Glaubens bestätigen, bereichern
und womöglich auch korrigieren bzw. modifizieren,
was bei einem echten dialogischen Lernprozess möglich ein sollte.“
-
„Interreligiös dialogischer Lernprozess“ in Richtung Apostasie !?
Danke für dieses mutige und richtige Wort. Ordensgemeinschaften, welche diesen Weg gehen, werden dessen Konsequenzen nicht entgehen: sie werden aufhören zu sein. Für uns alle gilt: Jesus ist die Wahrheit, der Weg und das Leben. Das kann kein Oberguru von sich sagen.
Es mag vielleicht das eine oder andere Spekulation sein, aber hier handelt es sich eindeutig um einen Fall für einen Exorzisten. Jeder, der sich auch nur im entferntesten mit östlichen Meditationspraktiken beschäftigt, wird erkennen, daß es sich zwar um eine ars moriendi handelt, aber es auch damit verbunden, daß die Seele stirbt, der vollkommene Tod, der Eingang ins Nirvana. Dieses strebt der christlichen Lehre der Erlösung diametral entgegen. Die Methoden der Praxis sind selbstverständlich nach dem Prinzip des desideratum annihilationis (Chalcidicus) ausgerichtet und stellen eine psychologische Selbstzerstörung dar. Ohne einen Bezug zu sich selbst, fehlt es eben dem Menschen an einem Bezug zum Nächsten, dieses ist eine anthropologische Binsenweisheit und in der Psychologie der gesamten christlichen Schrifttums beinhaltet.
Wenn ich mit orientalischen Formen des Christentums befasse, so gehe ich denn von der Göttlichkeit Jesu Christi aus. Ebenso gehe ich von der Realität der Hl. Schrift aus. Jenseits des Indus „Elemente des Heils“ zu suchen, ist daher vollkommen (im wahrsten Wortsinne!“) abwegig. Die Erforschung des Orientalischen Christentums kann von Hinduismus, vom Buddhismus, vom Konfuzianismus etc. eben nichts erfahren. Eine solche Forschung ist schlichtweg unwissenschaftlich!
Es war also etwas anderes im Spiel, nämlich persönliche Eitelkeit, und der Geist des Irrtums! Wie oft soll man noch sagen, wo das Christentum entstanden ist – im Abendmahlssaal, auf Golgotha, auf dem Areopag und dem Palatin und nicht im Taj Mahal, nicht auf dem Elburs, nicht auf dem Kailash und nicht auf dem shou-Zu-Lian.
Das einzige, was hier helfen kann, ist (nach dem Exorzismus!!) eine gründliche kriminaltechnische Untersuchung und die Veröffentlichung der Ergebnisse. Wenn man dort schon vor Mord/Totschlag nicht zurückschreckt – in einer akademischen Umgebung – , wie sicher ist dann der Heilige Vater? Nocheinmal, die Katholische Kirche ist in der schlimmsten Krise seit Gethsemane!
ROMA, ROMA, CONVERTERE AD DOMINUM DEUM TUUM!
Auch hier hat die zweitvatikanische Nostra-aetate-Erklärung Mitschuld. Darin wird das Streben der fernöstlichen Religionen nach „Erleuchtung“ positiv gewürdigt. Kann es dann verkehrt sein, Anleihen an Methoden zu machen, die zu diesem Ziel führen, zumal „Erleuchtung“ in der katholischen Aszese und Mystik der zweite der drei klassischen Wege ist (via purgativa – illuminativa – unitiva). Nur dumm, dass Yoga und Buddhismus etwas ganz anderes unter Erleuchtung verstehen als das Christentum. Wieder so eine künstliche Konstruktion angeblicher Gemeinsamkeit, ähnlich wie bei dem Konstrukt eines gemeinsamen christlich-islamischen Gottes aufgrund einiger abstrahierter gemeinsamer (in Wirklichkeit nur äquivoker) Merkmale. Die Glaubenskongregation unter Kardinal Ratzinger hat hier zwar durch ein kritisches Dokument über fernöstliche Gebets- und Meditationsmethoden korrigierend eingegriffen, aber wer kennt das schon und wer hält sich daran. Und was nützt es, wenn in der Kirche Falsches neben Wahrem friedlich koexistieren darf. Das scheint mir leider ein katholisches Markenzeichen geworden zu sein. Bei einer Predigt sagt Franziskus sehr lobenswert, dass der Mann für die Frau und die Frau für den Mann geschaffen ist und die beiden sich entsprechen, morgen zeigt er wieder Verständnis für andere „Modelle“. Je nachdem, mit wem und vor wem er gerade spricht. Und das tut beileibe nicht nur Franziskus. Das ist typisch katholisch geworden. Jeder kann sich raussuchen, was zu ihm passt — der Traditionalist darf seine vorkonziliaren Dogmatiken pflegen, solange er nicht zu aufdringlich damit wird, der Konservative wird lieber aus dem KKK-Katechismus zitieren; und der Progressive bezieht seine christliche Weisheit von Küng et aliis. Mephistopheles hat leider recht: „Die Kirche hat einen guten Magen, Hat ganze Länder aufgefressen Und doch noch nie sich übergessen.“ Um meinen Kommentar nicht destruktiv, sondern aufbauend abzuschließen: Die Kirche bietet in der Tat auch heute noch alle Gnadenmittel, um den schmalen Weg zu finden und durch die enge Pforte einzugehen. Aber sie macht es einem sehr schwer dabei. Man muss sehr vieles von der Kirche heute ablehnen und sich auf das Wahre konzentrieren, sonst geht man verloren.