(Rom) Am 7. Juli 2007 unterzeichnete Papst Benedikt XVI. das Motu proprio Summorum Pontificum, mit dem er dem überlieferten Ritus als “außerordentlicher Form“ des Römischen Ritus wieder Geltung in der Kirche verschaffte. Der Papst nahm zudem weitreichende Klarstellungen vor. Sieben Jahre sind seit diesem denkwürdigen Akt vergangen. Ein Grund, daran zu erinnern, mit welcher Genugtuung dieser Schritt von der Orthodoxie aufgenommen wurde.
Zur Bedeutung des Motu proprio gehört die Feststellung, daß der überlieferte Ritus nie abgeschafft worden war. Jedem Priester steht es seither ohne weitere Genehmigung frei, das Heilige Meßopfer im Alten Ritus zu zelebrieren. Die Widerstände gegen dieses für die Weltkirche geltende Gesetz sind nach wie vor groß. Hinzu kommt der Eindruck in traditionsverbundenen Kreisen, daß Papst Franziskus wenig liturgische Sensibilität besitzt und durch das Vorgehen gegen den zuvor blühenden Orden der Franziskaner der Immakulata sogar die offene Verletzung dieses geltenden Rechts duldet.
Liturgisches Wissen mangelhaft
Manche meinen, darin einen „Verrat“ am Zweiten Vatikanischen Konzil zu sehen. Immer wieder zeigt sich mangelndes Wissen und Verständnis der Liturgie. Dazu gehört die Frage nach dem Gebrauch der Kirchensprache Latein. Die Editio Typica des Missale Romanum war immer lateinisch und ist es auch heute. Die Sprache der kirchlichen Liturgie ist Latein. Die Volkssprachen sind hingegen lediglich eine Ausnahmeregelung in der Form eines Entgegenkommens der Heiligen Stuhls für die Zelebrationen mit Volksbeteiligung.
Mit dem Motu proprio erließ Papst Benedikt XVI. ein universell für die gesamte Kirche geltendes Kirchengesetz zum Gebrauch des Alten Ritus. Bis zum 7. Juli 2007 gab es nur durch Diözesanbischöfe und die päpstliche Kommission Ecclesia Dei erlassene Regelungen.
Motu proprio ein „Akt der Gerechtigkeit und der Wahrheit“
Papst Benedikt XVI. setzte einen „Akt der Gerechtigkeit“ gegenüber der Tradition und der Heiligen Liturgie, wie Messa in Latino bereits 2007 schrieb. Aus diesem Grund lassen sich, so Messa in Latino, drei zentrale Aspekte nennen:
„Erstens: Laut katholischer Lehre kann es im feierlichen Lehramt der Kirche keinen Widerspruch und keinen Irrtum geben. Das ist der Maßstab, dem sich jedes kirchliche Dokument zu unterwerfen hat. Entsprechend sind auch alle lehramtlichen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzil im Licht der Tradition und der Kontinuität zu lesen. Nur was nicht im Widerspruch dazu steht, kann Anspruch auf Gültigkeit erheben. Was den vergangenen Generationen heilig war, ist genauso heute heilig und groß und bleibt es auch in Zukunft.
Zweitens: Das Missale von 1962 wurde auch nach der Veröffentlichung des Missale von Papst Paul VI. nie abgeschafft und blieb damit, wenn auch versteckt und verdrängt, stets in Kraft.
Drittens: Ergeben sich aus dem Motu proprio wichtige Aspekte von pastoraler und kirchlicher Bedeutung für die Wiederentdeckung der Sakralität und der Bedeutung des Opfercharakters der Heiligen Messe, das Seelenheil der heute lebenden und künftigen Gläubigen und die Wiederaufrichtung der Kirche, die schwer angeschlagen ist.“
Das Motu proprio Summorum Pontificum ist daher eines der wichtigsten Dokumente, Zeuge und Ausdruck der Wahrheit in den vergangenen 50 Jahren.
Konstantinopel und Moskau sandten 2007 eigens Delegaten
Die Bedeutung der Rückkehr zum Alten Ritus und zur Kirchensprache Latein wurde mit großer Aufmerksamkeit und besonderer Sensibilität vor allem von den Orthodoxen beobachtete. Der damalige Patriarch von Moskau der russisch-orthodoxen Kirche, Alexji II. äußerte sich mit großer Genugtuung über die Rückkehr zur lateinischen Liturgiesprache. Für die Orthodoxie war der Schritt Benedikts XVI. von solcher Bedeutung, daß sowohl der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel als auch der Patriarch von Moskau offizielle Delegaten nach Rom sandten, um am 14. September 2007 am Pontifikalamt im Alten Ritus teilzunehmen, mit dem Kardinal Castrillon Hoyos in der Päpstlichen Basilika in Loreto feierlich das Inkrafttreten des Motu proprio beging.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Difendere la fede
Interview mit Hw Siegfried Lochner im Vaduzer Diözesanblatt „vobiscum“ aus dem Jahre 2008:
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„Das Begleitschreiben zum Motu Proprio erklärt, daß der Novus Ordo schon deshalb die gewöhnliche Liturgieform bleiben wird, weil es an liturgischer Bildung fehlt.“
Hw. Lochner.:
Entgegen der von Papst Johannes XXIII. erlassenen Apostolischen Konstitution ‘Veterum Sapientia’, der Bestimmungen des Vatikanischen Pastoralkonzils über die Priesterausbildung, der einschlägigen Normen des Kirchenrechts sowie der römischen Rahmenordnung über die Priesterausbildung ist ein Großteil der heutigen Priesteramtskandidaten bar beinahe jeglicher Kenntnis der alten Sprachen, insbesondere des Lateinischen.
„Und die liturgische Bildung?“
Der regelmäßige Gebrauch der neuen Riten hat bei vielen Laien und Priestern jegliches Gespür für Sakralität und liturgisches Handeln verschwinden lassen und sie geradezu liturgieunfähig gemacht.
„Können sie Beispiele nennen?“
Ich wurde vor kurzem bei einer Firmung Zeuge dieser Entwicklung. Der Firmspender wählte erfreulicherweise den römischen Kanon. Als einer der Konzelebranten das „Nobis quoque“ mit der Aufzählung der Heiligennamen beten sollte, begann er am Altar vor versammelter Gemeinde laut zu pöbeln. Er schimpfte, daß ihm dieser Text zu lang sei und er ihn deswegen auf einen Satz reduzieren werde.
„Hatte der Vorfall Konsequenzen?“
Ja. Der Betreffende wurde von seinem Vorgesetzten in der Sakristei zur Rede gestellt. Dabei meinte er nur, er werde den Meßkanon nie wieder beten. Er dächte im übrigen auch nicht daran, „die halbe Priscillakatakombe herunterzuratschen.“
„Welche Dimensionen hat die Katastrophe?“
Der heutige Zusammenbruch läßt durchaus Vergleiche mit der Situation am Vorabend der Reformation zu, als ein Großteil des Klerus ebenfalls weder philologisch, aszetisch oder liturgisch – geschweige den dogmatisch – den Anforderungen des katholischen Priesteramtes gewachsen war.
„Gibt es einen Ausweg?“
Es wird Zeit, daß unsere angehenden Priester wieder von Grund auf in das Mysterium tremendum et fascinosum des katholischen Gottesdienstes eingeführt werden und ihre kostbare Zeit nicht mehr mit den jeweiligen Tagesmeinungen gewisser Liturgiemacher verplempern müssen.
„Im Klartext?“
Gründliches Studium der Lateinischen Sprache, Erlernen der heiligen Geheimnisse als Lebensform des Priesters, die im gottgeweihten Zölibat ihren sichtbaren Ausdruck findet, akurates Studium der Rubriken, um die liturgischen Abläufe fehlerfrei zu beherrschen.
„So wie früher?“
Ja. Wie frühere Priestergenerationen müssen sich auch die angehenden Kleriker von heute während ihrer Ausbildung darum bemühen, sich die Reichtümer der überlieferten Liturgie anzueignen um sie besitzen und weitergeben zu können.
„Ist ‘Summorum Pontificum’ der Anfang des Endes des Novus Ordo?“
Der Anfang vom Ende der neuen Meßordnung begann ja eigentlich schon bei ihrer Promulgierung 1969.
„Wie meinen Sie?“
Ein willkürliches, ökumenisch protestanisierendes Konstrukt, das sogar den stark antirömischen schismatischen Ostkirchen die Haare zu Berge stehen ließ, und bedenkenlos mit einer 2000jährigen Tradition brach, relativierte sich doch von allem Anfang ganz von selber.
„Wie zeigt sich das?“
Die sofort einsetzende und bis heute fortdauernde liturgische Anarchie ist ja nachgerade systemimmanent. Der heutige Klerus ist weitgehend gar nicht mehr in der Lage, die Messe Paul VI. korrekt zu zelebrieren, weil er es nie gelernt und gesehen hat, außer vielleicht beim Opus Dei. Das von mir oben erwähnte Beispiel ist ja beileibe kein Einzelfall.
„Was wird das Motu Proprio in dieser Situation bewirken?“
Im Bewußtsein dieser katastrophalen Lage hat der Heilige Vater ‘Summorum Pontificum’ erlassen. Die teilweise hysterische Angst der Neuerer zeigt uns in der Tat, daß damit in der Kirche nach langer Nacht ein neuer Morgen anbricht.
Gegenwärtige Form ist protestantisches Konstrukt. Der gegenwärtige Klerus hat oft auch keinen wirklichen Sinn für die Liturgie.
Leider muss ich Ihnen da vollkommen Recht geben.
Gegenwärtige Form ist protestantisches Konstrukt
Unsinn.Es ist der Versuch die Form der römischen Liturgie herzustellen wie sie vor dem Mittelater war.Grundlage ist der Ordo Romanus der römischen Kurie.Der Ansatz „ad fontes“ wurde jedoch von Papst Pius XII als Archäologismus verurteilt und aus katholischer/orthodoxer Sicht zurecht.Kein Orthodoxer käme auf die Idee-trotz höchster Verehrung für Johannes Chrystomos-die Göttliche Liturgie wieder rückgängig zu reformieren.
Der gegenwärtige Klerus hat oft auch keinen wirklichen Sinn für die Liturgie.
Oft?Meistens!Aus traditioneller Sicht fast immer.Man schaue sich nur die Musikauswahl an ‑von Ordinarien bis Proprien-und die fehlende ars celebrandi.
Ganz richtig – das im Auftrag des 2. Vatikanischen Konzils von Paul VI. reformierte Messbuch ist weder ein Konstrukt noch protestantisch. Hält man das Messbuch von 1962 und von 1969 nebeneinander, wird man feststellen, dass der Eröffnungs- und Schlussteil der Messe entschlackt, die Leseordnung verbessert, die Predigt, die Fürbitten und die Volkskommunion nach 1600 Jahren wieder originärer Bestandteil des Messopfers geworden waren – aber die überwältigende Masse von Riten und Texten identisch geblieben ist.
Die Liturgiereformen von Urban VIII. (dessen „Verschlimmbesserungen“ der Hymnen im Brevier beispiellos sind), Pius X. und Pius XII. waren viel umfangreicher (nur dass das niemandem auffiel, weil das alles in unverstandenem Latein blieb).
Und was ist denn an der neuen Liturgie römisch, vielleicht die Vokssprache: Immerhin haben die neue Liturgie Refomierte als Perites mit ausgearbeitet. Aha die reformierte Liturgie ist die wahre. Natürlich haben reformierte Pfarrer, die sich katholisch nennen, keinen Sinn für die Tradition. Alles logisch klar.
Besten Dank für die Information
Das trifft den Nagel auf den Kopf! Leider hat das päpstliche Motu Proprio so gut wie keine Auswirkungen in der Gesamtheit der römischen Kirche. Die liturgische Verwilderung schreitet von Höhepunkt zu Höhepunkt!.
- Warum wurden sechs protestantische Pastoren an der Erschaffung der Neuen Liturgie beteiligt?
– Warum der Wegfall des Offertoriums (und dessen Ersatz durch Tischgebete), der Kreuzzeichen, der Kniebeugen, das Zusammenhalten der Finger? Um etwa den Opfercharakter und die Realpräsenz besser hervorzuheben?
– Warum beginnt das Neue Messbuch mit den Worten „Populo congregato“, das „alte“ hingegen mit „Sacerdos paratus“?
– Warum spricht der Priester im NOM das „Ecce, Agnus Dei“ bevor (!) er kommuniziert – und somit das Opfer vollendet – und sich so in eine Reihe mit den Gläubigen stellt?
– Warum heißt es im NOM bei den Friedensgebeten „Schau nicht auf ‚unsere‘ Sünden“, im 62er aber „Schau nicht auf ‚meine‘ Sünden“? Größere Hervorhebung des Weihepriestertums?
– Warum wird in manchen protestantischen „Klöstern“ die „Liturgie“ nach dem Neuen Messbuch gefeiert (mit Ausnahme der Erwähnung des Papstes und des Bischofs)?
Et cetera, et cetera.
Die Neue Messe sollte eine ökumenische Messe sein, die zwar noch irgendwie katholisch, aber dennoch für Protestanten akzeptabel sein sollte. Die Quadratur des Kreises!
@Sarah
Es gab kein „unverstandenes Latein“, lassen Sie doch bitte diese haltlosen Behauptungen. Katholiken hatten lange vor dem 2. Vatikanischen Konzil den zweispaltigen Schott, die Landessprache und das Latein.
Die Leseordnung ist nicht verbessert worden, sie ist vervielfacht worden. Dabei sind die Texte bewusst verstümmelt worden. Immer wenn von der ewigen Verdammnis die Rede ist, vom Gericht, werden diese Perikopen gestrichen.
Nehmen Sie doch bitte Ihren Schott, dann werden Sie leicht feststellen können, dass die Lesungen und das jeweilige Evangelium oft unterbrochen werden, das ganze Verse weggelassen werden, ehe es weitergeht im Text. Das geschieht immer dann, wenn das Wohlgefühl gestört wird, wenn wir daran erinnert werden, dass wir nicht alle einfach so in den Himmel kommen ohne Mühen, ohne Opfer, ohne Glauben.
Ganz entscheidend ist, dass es statt des Canon Missae des überlieferten römischen Ritus vier Hochgebete gibt. Vielleicht inzwischen mehr, ich besuche den NOM nicht mehr.
Nur das erste Hochgebet ist dem Canon Missae sehr ähnlich, es ist nur wenig geändert. Nur der Canon Missae und das 1. Hochgebet bringen den Opfercharakter der hl. Messe vollumfänglich zum Ausdruck. Das 1. Hochgebet wird jedoch kaum in der Eucharistiefeier gebetet.
Damit ist die Eucharistiefeier protestantisiert. Martin Luther wütete gegen das unblutig-sakramentale Opfer, das das Kreuzesopfer Jesu Christi gegenwärtig macht und vom Priester als Stellvertreter Jesu Christi in jeder heiligen Messe vollzogen wird.
Im Messopfer, im überlieferten römischen Ritus, nicht in der Eucharistiefeier.
Die Opferung ist zur „Gabenbereitung“ umfunktioniert worden, die meist gebeteten Hochgebete enthalten den Opfercharakter nur noch rudimentär.
Damit ist die Eucharistiefeier offen für gemeinsame ökumenische Sonntagsgottesdienste. Wenn Sie jung genug sind, werden Sie diese Gottesdienste sonntags fast mit Sicherheit noch erleben.