(Peking) Seit Anfang Oktober befinden sich zwei junger Priester der katholischen Untergrundkirche in der Volksrepublik China in Haft. Ihr „Verbrechen“ ist es, jungen Erwachsenen in der Stadt Qinyuan Katechismusunterricht erteilt zu haben. Bei den Verhafteten handelt es sich um Tian Dalong, während die Identität des zweiten Priesters nicht bekannt ist. Derzeit sollen sie sich in Polizeibaracken von Baoding befinden. Vier Laien, die beschuldigt werden, den beiden Priestern geholfen zu haben, wurden zu Geldstrafen von jeweils 4000 Yuan (umgerechnet etwa 400 Euro) verurteilt, was zwei Monatslöhnen entspricht. Aus der Gegend von Baoding, einem der wichtigsten Zentren der Untergrundkirche, befinden sich mindestens zehn weitere Priester in Haft, einige sogar im Laojiao, dem Arbeitslager zur „Umerziehung durch Arbeit“.
Die Verhaftungen erfolgten zeitgleich mit der Tagung des Dritten Plenums der Kommunistischen Partei Chinas. Die Führung des Regimes kündigte „noch nie dagewesene“ Reformen an. Die Weltmedien, die nur Zugang zu den gefilterten Nachrichten der offiziellen Presseagentur Xinhua haben, lobten die Reformbemühungen. Beachtung fanden fast ausschließlich wirtschaftliche Aspekte.
Reformen der KP Chinas – Auch Religionsfreiheit?
Die chinesischen Katholiken interessiert mehr, ob es Hoffnung auf mehr Religionsfreiheit gibt. Entscheidend dafür wird der Kurs des neuen Nationalen Sicherheitsrats sein, den das Plenum der KP als Teil des Reformpakets beschlossen hat.
Laut Xinhua sei es Aufgabe des Nationalen Sicherheitsrats, „das System und die Strategie für die nationale Sicherheit zur Perfektion zu bringen und die Sicherheit der Nation zu garantieren“. Beobachter gehen davon aus, daß der neue Sicherheitsrat das neue Machtzentrum bilden soll, das über der Armee, Polizei, Geheimdiensten und Justiz steht und innere und äußere Sicherheit sicherstellen soll.
Unter Chinas Katholiken herrscht Zurückhaltung vor. Einige gehen davon aus, daß die neue Machtkonzentration, möglicherweise in der Hand von Xi Jinping die Religionsfreiheit begünstigen könnte. Zahlreiche Schikanen, Verfolgungen, Enteignungen, Verhaftungen gehen auf örtliche Partei‑, Staats- und Polizeifunktionäre zurück. Die Umgruppierung der Macht könnte zudem das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und die regimehörige Patriotische Vereinigung schwächen, die als ein Hort des Stalinismus gelten.
Widersprüchliche Signale
In manchen Regionen sei eine gewisse Entspannung spürbar. Katholiken melden, daß Polizei und Religionsbehörde die Untergrundgemeinschaften „leben“ lassen. Man sorge sich neuerdings um die Gesundheit der Bischöfe, weil die Frage der Neubesetzung diplomatische Konflikte mit dem Vatikan bedeuten können und habe einen „Dialog“ mit Untergrundpriestern aufgenommen. Ein „Dialog“, der sicher auch der Überwachung dient.
Ein gewisser Optimismus unter Katholiken im Nordosten des Landes steht allerdings im Gegensatz zu Berichten aus anderen Gegenden des Riesenreiches, darunter auch Peking. „Nichts hat sich geändert“, die Lage sei immer die gleiche und sehr kritisch: verhaftete Untergrundpriester, Verbot von Glaubenstreffen, arrogantes Auftreten der Patriotischen Vereinigung, Beschlagnahmung von Gebäuden der Untergrundkirche. Dazu kommen Bischöfe, die von der Polizei verhaftet wurden und seit Jahren verschwunden sind.
Was bringt der neue Nationaler Sicherheitsrat für Chinas Christen?
Der Menschenrechtsaktivist Hu Jai sieht die neue Machtkonzentration kritisch. „Diese Machtfülle könnte konzentriert gegen die Verteidiger der Menschenrechte eingesetzt werden, jene, die sich für die Meinungsfreiheit und die Religionsfreiheit einsetzen. Die Partei will diese Menschen nicht dulden, da sie in ihnen eine Bedrohung für die Regierungsmacht sieht.“
In diese Richtung weist eine jüngste Xinhua-Meldung über das noch nicht offiziell veröffentlichte Schlußdokument des Plenums der KP. Demnach würden alle Reformen der Stärkung der Monopolstellung der Kommunistischen Partei Chinas dienen.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews