(Vatikan) Msgr. Georg Gänswein, der persönliche Sekretär von Papst Benedikt XVI. wird auch nach dem Rücktritt des Papstes an dessen Seite bleiben, aber das Amt des Präfekten des Päpstlichen Hauses beibehalten. Dadurch wird er ab 28. Februar 20 Uhr sowohl an der Seite des ehemaligen Papstes als auch gleichzeitig des neuen Papstes stehen. Die ungewöhnliche Konstellation wurde heute vormittag von Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi bekanntgegeben.
„Don Georg“, wie der Sekretär des Papstes seit Beginn des Pontifikats allgemein genannt wird, werde sich, so der Leiter des „Pressesaals“ am Nachmittag des 28. Februar nach dem Amtsverzicht mit Joseph Kardinal Ratzinger nach Castel Gandolfo zurückziehen. Dorthin werden ihnen auch die vier Memores, die vier Frauen folgen, die den päpstlichen Haushalt führten. Benedikt XVI, dann Kardinal Ratzinger, wird bis zum Ende des Konklaves in der päpstlichen Sommerresidenz bleiben und dann in das Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikan zurückkehren. Dort finden bereits seit November 2012 die nötigen Umbauarbeiten statt, um für den dann ehemaligen Papst eine Wohnung neben dem Klausurbereich des Klosters zu errichten. Gänswein wird dann auch im Kloster mit dem ehemaligen Papst leben. Eine Entscheidung, über die der Vatikanist Andrea Tornielli bereits am 12. Februar berichtete.
Der persönliche Sekretär des regierenden Papstes war von Benedikt XVI. erst am vergangenen 7. Dezember zum Erzbischof und zum Präfekten des Päpstlichen Hauses ernannt worden. Zu einem Zeitpunkt also, zu dem sich der Papst bereits zu seinem Rücktritt entschieden hatte. Laut Osservatore Romano sei die Rücktrittsabsicht in Benedikt XVI. bereits nach der Reise nach Mexiko und Kuba im März 2012 herangereift. Ein Entscheidungsfindungsprozeß, bei dem wohl auch ein nächtlicher Sturz im mexikanischen Leon eine Rolle gespielt haben dürfte, der heute von Pater Lombardi bestätigt wurde. Gänswein empfing am vergangenen Dreikönigsfest vom Papst persönlich die Bischofsweihe.
Der Präfekt des Päpstlichen Hauses hat die Aufgabe, das öffentliche Leben des Papstes zu organisieren, vor allem die Audienzen und Begegnungen des Heiligen Vaters. Von 1998 bis Herbst 2012 hatte sie der Amerikaner Msgr. James Michael Harvey inne, der im November 2012 von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal kreiert wurde und seither Erzpriester der Patriarchalbasilika Sankt Paul vor den Mauern ist. Mit der Ernennung Msgr. Gänsweins zum neuen Präfekten wird die rechte Hand des zurücktretenden Papstes, die an dessen Seite bleibt, auch künftig eine Schlüsselstellung an der Seite des neuen Papstes einnehmen. Eine Situation, die den vatikanischen Erklärungen zu widersprechen scheint, wonach Benedikt XVI. ab dem Augenblick, da er wieder Kardinal Ratzinger sein wird, keinen Einfluß auf das Konklave und den künftigen Papst ausüben werde.
Pater Federico Lombardi erklärte die künftige Doppelfunktion von Kurienerzbischof Gänswein an der Seite eines gewesenen und eines regierenden Papstes damit, daß die Stellung eines Präfekten des Päpstlichen Hauses „kein Regierungsamt“ sei und nicht mit „inhaltlichen Entscheidungen“ zu tun habe. Das Amt habe mit der Durchführung der Audienzen und den päpstlichen Begegnungen zu tun, nicht mit der Entscheidung, wer zum Papst vorgelassen werde und wer nicht. Daher werde es „keine Probleme wegen der engen Bindung“ des Präfekten zu dem Amtsvorgänger des künftigen Papstes geben.
Das Kloster Mater Ecclesiae an der Leoninischen Mauer in den Vatikanischen Gärten wurde von Papst Johannes Paul II. gegründet und 1994 am 13. Jahrestag des Schußattentats auf ihn eingeweiht. Es war der Wunsch des Papstes, ein Frauenkloster im Vatikan zu haben, deren besonderes Gebetsapostolat die Fürbitte für den regierenden Papst und die Römische Kurie ist. Im Fünf-Jahresrhythmus wechselt Orden und Konvent. Seit 2009 lebt ein Salesianerinnenkonvent im Kloster. Die Schwestern erledigen Hand- und Stickarbeiten für den päpstlichen Haushalt und beliefern diesen mit Obst und Gemüse aus dem Klostergarten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider
Inzwischen finde ich den Vorgang bedrückend. Vakanz, das heißt, der Stuhl Petri ist verwaist. Der Fischerring ist zerbrochen. Doch Kardinal Ratzinger zieht mit seinem Haushalt ganz selbstverständlich vorübergehend in die päpstliche Sommerresidenz. Hätte es bei einem länger geplanten Rücktritt keinen anderen angemessenen Wohnsitz gegeben, als die päpstliche Sommerresidenz? Es ist Vakanz, wir haben in der Zeit keinen Papst, auch keinen Alt-Papst. Das muss sichtbar zum Ausdruck kommen.
Es geht nicht darum, dem ehemaligen Papst Castel Gandolfo nicht zu gönnen. Doch die Sommerresidenz des Papstes steht ihm mit der Vakanz nicht mehr zur Verfügung. Hier geht es nicht darum, dass ein Bundespräsident zum Alt-Bundespräsidenten wird. Auf der Ebene lässt sich das so regeln.
Die katholische Kirche war einst weltweit bekannt für ihre Stilsicherheit, mit der sie ihren Glauben mit der entsprechenden Symbolik verbinden konnte. Doch die „Häresie der Formlosigkeit“ (Martin Mosebach) scheint über den Rahmen der Liturgie hinauszugehen.
Den ehemaligen engsten Papstmitarbeiter, der es weiterhin bleiben wird, so in die Nähe des Nachfolgers zu platzieren, ist ein unverständlicher Mangel an Respekt gegenüber dem Nachfolger.
Hinzu kommt: Der vor nicht langer Zeit ernannte Glaubenspräfekt ist ein enger Freund des dann ehemaligen Papstes.Erzbischof Müller bezeichnete den jetzigen Papst als seinen „väterlichen Freund.“ Die beiden sind Duzfreunde.
Es gab ältere, geeignete Italiener für den Posten des Glaubenspräfekten, die dem Papst vertraut waren. Sie hätten – einer von ihnen – mit dem Papst zurücktreten treten können aus Altersgründen. Und der Nachfolger hätte sich für diese überaus wichtige Position einen Mann seines Vertrauens wählen können.
Was ist bloß los in Rom?
Die Sedisvakanz beginnt am 28.2.2013, 20 Uhr. Solange ist und bleibt er Papst. Im Übrigen kann jeder (neue) Papst zuvor getroffene Personalentscheidungen – wozu natürlich nicht die Weihen gehören – bestätigen oder ändern.
Mit dem Ende der Sedisvakanz, nach der Wahl des neuen Papstes, kehrt der Vorgänger von der päpstlichen Sommerresidenz aus zeitgleich ebenfalls in den Vatikan zurück. Für eine der vielen Glaubensgemeinschaften auf der Welt wäre das kein Problem.
Sinn, Zweck, Ziel der zeitlosen Symbolsprache ist : Die katholische Kirche beruft sich auf ihre göttliche Stiftung. Sie erhebt von daher den Anspruch, die einzig wahre Religion zu sein. Gerade das Amt des Papstes ist lebediger Ausdruck von diesem Selbstverständnis, gerade deshalb ranken sich uralte, zeitlose Bräuche, Zeremonien um das Ende und den Beginn eines Pontifikats.
Die zeitgleiche Ankunft des neuen Papstes und die Rückkehr des Vorgängers in den Vatikan war nie und nimmer vorgesehen. Ein Stilbruch.
Über die Epoche der Konzilskirche wird die Kirchengeschichte ihr Urteil fällen. Zeitzeugin zu sein ist nicht gerade angenehm. Aber man kann es sich nicht aussuchen…
cuppa schreibt:
„Den ehemaligen engsten Papstmitarbeiter, der es weiterhin bleiben wird, so in die Nähe des Nachfolgers zu platzieren, ist ein unverständlicher Mangel an Respekt gegenüber dem Nachfolger.“
Das empfinde ich ebenso. Es ist mehr als befremdlich, dass S. E. Georg Gänswein, wenn auch nur vorübergehend, gleichzeitig sowohl dem alten als auch dem neuen Papst dienen soll. Wäre es nicht besser und angemessener, hier von vornherein einen klaren Schlussstrich zu ziehen, sowohl personell als auch räumlich?
Werden eigentlich auch die Klausurschwestern zeitnahe mit dem Papst und seinen Mitarbeitern wieder in das dann umgebaute Kloster „Mater Ecclesiae“ einziehen, das sie es ja wegen der im November 2012 begonnenen Renovierungsarbeiten vorübergehend verlassen mussten? Und werden die Konvente auch weiterhin alle fünf Jahre von einem anderen Orden entsandt werden, wie das bislang der Fall war? Der nächste Wechsel stünde dann turnusgemäß im Jahr 2014 an.
“ Dadurch wird er ab 28. Februar 20 Uhr sowohl an der Seite des ehemaligen Papstes als auch gleichzeitig des neuen Papstes stehen.“
Sehr merkwürdig. Also wissen sie jetzt schon das der neue Papst mindestens keine eigenen Personalvorstellungen hat.
Per Mariam ad Christum.